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Steuerliche Geltendmachung von Anwaltskosten

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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In der Rechtsprechung ist seit Jahren umstritten, wann Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuererklärung berücksichtigt werden müssen. Der Bundesfinanzhof (BFH) musste sich in einem aktuellen Fall erneut mit diesem Thema beschäftigen.

Zivilprozesskosten bei der Steuer angegeben

Im November 2006 verfolgte ein Mann einen Skateboard-Fahrer, nachdem dieser die Haustüre des Mannes beschädigt hatte. Während der Verfolgung stürzte der Mann, verletzte sich dabei lebensgefährlich und musste sich ungefähr ein halbes Jahr in stationäre Behandlung begeben. Um seine Schäden ersetzt zu bekommen, führte er gegen den Skateboarder einen Zivilprozess. Dieser wurde mit einem Vergleich beendet: Der Skateboard-Fahrer verpflichtete sich, an den Kläger 275.000 Euro Schadensersatz zu zahlen.

Die Anwälte des Mannes behielten von der auf ihr Konto überwiesenen Summe 15.885,67 Euro für ihre Tätigkeit ein. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2009 gab der Mann diese Ausgabe als außergewöhnliche Belastung an. Diese Aufwendungen erkannte das zuständige Finanzamt (FA) aber nicht als außergewöhnliche Belastung an und begründete dies damit, dass dem Mann die Anwaltskosten nicht zwangsläufig entstanden sind. 

Außergewöhnliche Belastung durch Anwaltsgebühren?

Nachdem der Mann mit der Nichtberücksichtigung dieser Kosten nicht einverstanden war, reichte er Klage beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf ein – mit Erfolg.
Mit Hinweis auf ein Urteil des BFH aus dem Jahr 2011, wonach die Kosten eines Zivilprozesses sehr wohl zwangläufig entstehen können und daher auch steuerlich berücksichtigt werden müssen, sofern sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat und der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt hat, stellten die Richter im vorliegenden Fall fest, dass diese Kosten i. H. v. knapp 16.000 Euro als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden müssen. Da das FA mit diesem Urteil nicht einverstanden war, legte es schließlich Revision zum BFH ein.

Zivilprozesskosten können berücksichtigt werden 

In ihrem Urteil stellten die Richter des BFH fest, dass Kosten eines Zivilprozesses immer dann als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Sie führten dabei weiter aus, dass die Kosten nicht nur bei einem gerichtlichen Urteil berücksichtigt werden müssen, sondern auch dann, wenn ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wird. Eine steuerliche Berücksichtigung entfällt, wenn von der gezahlten Vergleichssumme die Prozesskosten umfasst sind und diese im Endeffekt von der Person bezahlt worden sind, die die Vergleichssumme zahlen muss.

Erneute Prüfung durch das FG

Wegen einer großen Anzahl offener Fragen hat der BFH die Sache zur Klärung an das FG zurückverwiesen.
In diesem konkreten Fall muss vom FG geklärt werden, ob die Prozesskosten einschließlich der Anwaltskosten bereits in der Vergleichssumme enthalten waren, die der Mann erhalten hat, und ob wirklich die Angst um seine Existenz das Motiv für den Zivilprozess war.
Außerdem muss das FG in seinem neuen Urteil beachten, dass Leistungen aus einem Vergleich bereits als Werbungskosten abzugsfähig sein können, wenn durch dieses Geld ein entgangener oder entgehender Verdienstausfall ersetzt werden soll. Weiterhin dürfen Ansprüche auf Schmerzensgeld bei der Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden, da diese Zahlung keine existenziell wichtigen Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.

Fazit: Welche Prozesskosten steuerlich geltend gemacht werden können ist – wie so oft – vom Einzelfall abhängig, jedoch kann es sich lohnen diese Kosten anzugeben.

(BFH, Urteil v. 20.01.2016, Az.: VI R 14/13)

(WEI)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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