Störer und Haftung: Wer trägt die Verantwortung für Störungen?
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Die Störerhaftung ist vor allem im Zivilrecht, teilweise aber auch im öffentlichen Recht von Bedeutung. Sie regelt die Verantwortlichkeit für die Beeinträchtigung von Eigentum oder anderen geschützten Rechtsgütern, wenn jemand zwar nicht der direkte Verursacher (Täter) der Störung ist, jedoch durch sein Verhalten oder seinen Besitz maßgeblich dazu beiträgt, dass eine Rechtsverletzung entsteht.
Im Bereich der Störerhaftung gibt es verschiedene Störerbegriffe. Neben den allgemeinen Kategorien wie dem Handlungsstörer und dem Zustandsstörer gibt es auch spezielle Begriffe wie den Zweckveranlasser oder den latenten Störer. Diese Grundlagen werden in diesem Ratgeber verständlich erklärt.
Welche Arten von Störern gibt es?
Es gibt zwei Hauptarten von Störern: den Handlungsstörer und den Zustandsstörer:
Handlungsstörer
Ein Handlungsstörer ist jemand, der durch aktives Tun oder durch das Unterlassen einer Pflicht zur Beeinträchtigung eines Rechtsgutes beiträgt. Hier wird unterschieden zwischen:
unmittelbarem Handlungsstörer: Verursacht die Störung durch eine direkte Handlung. Beispiel: Eine Person stellt unerlaubt einen Zaun auf einem fremden Grundstück auf und beeinträchtigt damit das Eigentum des Grundstückseigentümers.
mittelbarem Handlungsstörer: Diese Person führt die Beeinträchtigung nicht selbst herbei, sondern löst sie durch Handlungen anderer oder durch Zustände aus, die von anderen verursacht wurden. Beispiel: Ein Vermieter, dessen Mieter durch Lärm die Nachbarn stört und der dagegen nicht einschreitet.
Zustandsstörer
Ein Zustandsstörer ist eine Person, von deren Besitz ein beeinträchtigender Zustand ausgeht. Hier geht es nicht um aktives Tun, sondern um einen störenden Zustand, der auf das Eigentum des Zustandsstörers zurückzuführen ist. Beispiel: Ein ungesicherter Baum auf einem Grundstück, der droht, auf das Nachbargrundstück zu fallen.
Die Abgrenzung zwischen Handlungs- und Zustandsstörer ist in der Praxis oft umstritten, insbesondere in komplexen Fällen, und wird in der Rechtsprechung regelmäßig neu bewertet.
Wann liegt eine Störerhaftung vor?
In der Praxis findet die Störerhaftung Anwendung in vielfältigen Kontexten:
Internet und WLAN: Der Inhaber eines WLAN-Anschlusses kann haften, wenn Dritte (z. B. Freunde oder Familienmitglieder) über das WLAN illegale Aktivitäten durchführen – etwa das Herunterladen urheberrechtlich geschützten Materials. Eine Haftung ist insbesondere möglich, wenn der Anschluss nicht ausreichend gesichert ist.
Mieter und Vermieter: Wenn ein Mieter durch Lärm die Nachbarn stört, könnte der Vermieter als mittelbarer Handlungsstörer haftbar gemacht werden, sofern er nichts unternimmt, um diese Störung zu beenden.
Umweltschäden: Der Eigentümer eines Grundstücks, von dem eine Verunreinigung (z. B. durch Chemikalien) auf ein Nachbargrundstück übergeht, kann als Zustandsstörer haften.
Illegale Müllentsorgung: Wenn ein Grundstück regelmäßig als Müllablageplatz genutzt wird und der Eigentümer nichts dagegen unternimmt, kann er als Zustandsstörer zur Verantwortung gezogen werden.
Beeinträchtigungen durch Bäume oder Pflanzen: Ein Grundstückseigentümer haftet unter Umständen als Zustandsstörer, wenn z. B. ein Baum über die Grenze wächst und auf dem Nachbargrundstück Schäden verursacht.
Lärmbelästigung durch Bauarbeiten: Bauunternehmer oder Grundstückseigentümer können haftbar sein, wenn Bauarbeiten zu erheblichen Lärmstörungen für Anwohner führen.
Gefährliche Baumaschinen auf Baustellen: Ein Bauunternehmer, der gefährliche Baumaschinen auf einer Baustelle unzureichend sichert oder falsch positioniert, sodass sie eine Gefahr für Passanten darstellen, kann als Handlungsstörer haftbar gemacht werden.
Tierhaltung: Ein Tierhalter kann als Handlungsstörer für von seinen Tieren verursachte Beeinträchtigungen haften, etwa bei Lärm, Geruchsbelästigung oder körperlichen Angriffen auf Dritte.
Wasserrohrbruch und Überschwemmung: Der Eigentümer eines Hauses, dessen Rohrleitungen undicht sind oder nicht ausreichend gewartet wurden, sodass es zu Überschwemmungen und Schäden im Nachbarhaus kommt, kann als Handlungsstörer für den entstandenen Schaden verantwortlich sein.
Rauch- und Geruchsbelästigung: Ein Restaurantbesitzer, dessen Abzugshaube defekt ist, wodurch Gerüche und Rauch auf das Nachbargrundstück ziehen, könnte als Handlungsstörer zur Verantwortung gezogen werden, wenn er keine Maßnahmen ergreift, um die Belästigung zu verhindern.
Lärm von Veranstaltungen: Ein Veranstalter eines Konzerts oder Festivals kann als Handlungsstörer haftbar gemacht werden, wenn die Lärmemissionen aus der Veranstaltung zu erheblichen Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft führen und keine ausreichenden Maßnahmen zur Lärmbegrenzung ergriffen wurden.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie vielfältig die Anwendung der Störerhaftung ist und wie sie in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens zur Anwendung kommen kann.
Wer haftet, wenn mehrere Störer beteiligt sind?
Wenn mehrere Personen als mögliche Störer in Betracht kommen, wird die Zurechnung der Haftung besonders komplex. Wenn keine eindeutige Verantwortlichkeit festzustellen ist, kann § 830 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) herangezogen werden, wonach in solchen Fällen eine Mitverantwortung aller Beteiligten möglich ist.
Im Kern soll die Störerhaftung sicherstellen, dass die Beendigung einer Störung derjenigen Person übertragen wird, die die Beeinträchtigung entweder verursacht hat oder die Möglichkeit zur Beendigung der Störung hat.
Besondere Störertypen: Zweckveranlasser und latenter Störer
Zweckveranlasser
Ein Zweckveranlasser ist jemand, der nicht unmittelbar stört, aber durch sein Verhalten gezielt eine Situation schafft, die eine Störung durch Dritte ermöglicht oder begünstigt. Anders als der mittelbare Handlungsstörer, der eine Störung oft eher passiv hinnimmt, zielt der Zweckveranlasser aktiv auf eine Störung ab, die Dritte verursachen.
Beispiel: Ein Unternehmen könnte als Zweckveranlasser haften, wenn es durch eine Werbekampagne eine Menschenansammlung erzeugt, die den Verkehr oder die Ruhe stört.
Latenter Störer
Ein latenter Störer ist eine Person oder Situation, bei der eine Störung zwar potenziell droht, aber noch nicht eingetreten ist. Ein Beispiel hierfür ist ein baufälliger Grenzzaun, der bei starkem Wind einstürzen und das Nachbargrundstück beschädigen könnte. Der Eigentümer bleibt zunächst ein latenter Störer, bis die Gefahr konkret wird oder tatsächlich Schäden entstehen.
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