Strafverfahren: Weitere Möglichkeiten nach einer erfolglosen Revision

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„Meine Revision wurde zurückgewiesen – was kann man machen?“

„Revision abgelehnt – was nun?“

„Das Gericht hat die Revision verworfen. Wie geht es weiter?“

Derartige Anfragen bekomme ich häufig. Denn im Strafrecht ist die Revision meist das letzte Rechtsmittel des Fachrechtswegs, das einem zur Verfügung steht. Und im Gegensatz zum Zivilrecht, zum Familienrecht oder zum Verwaltungsrecht steht die Revision fast immer zur Verfügung und bedarf keiner besonderen Zulassung.

Wenn aber die Revision erfolglos war, ist der Rechtsweg beendet und das Urteil rechtskräftig. Der Richterspruch ist dann vollstreckbar, eine Geldstrafe muss bezahlt werden, die Bewährungszeit beginnt, eine Freiheitsstrafe muss zeitnah angetreten werden oder man wird von der Untersuchungshaft in die Strafhaft verlegt.

Das hört sich sehr endgültig an und ist es in gewisser Hinsicht auch. Völlig rechtlos ist man aber auch dann nicht. Daher stellt sich die Frage, was man nach der Revisionsinstanz noch machen kann. Dieser Artikel soll einen Überblick über die Möglichkeiten geben.


Erneute Revision

Gelegentlich hört man die Frage: „Wie oft kann man Revision einlegen?“ Hier muss man leider sagen, dass die Revision nur ein einziges Mal zur Verfügung steht.

Man kann die Revision also nicht noch einmal einlegen, auch dann nicht, wenn man eine andere Begründung mit neuen Argumenten verfasst. Es gibt auch keine Revision gegen die Revisionsentscheidung. Bei kleineren und mittleren Delikten, die in erster Instanz beim Amtsgericht verhandelt wurden, führt der Rechtsweg nur bis zum Oberlandesgericht, man kommt also nicht zum Bundesgerichtshof.

Eine erneute Revision ist somit nicht zulässig.


Anhörungsrüge

Die Anhörungsrüge ist ein relativ neues Rechtsmittel, das Verletzungen des rechtlichen Gehörs beseitigen soll. Hat das letzte in der Sache tätige Gericht dem Angeklagten nicht richtig „zugehört“, also seine Argumente nicht beachtet, kann es im Rahmen der Anhörungsrüge das Verfahren fortsetzen, um nun alles vollständig zu erfassen.

Da im Strafrecht, siehe oben, die letzte Instanz fast immer das Revisionsgericht ist, ist die Anhörungsrüge kaum erfolgversprechend. Denn in der Revision erfolgt nur eine rechtliche Überprüfung, die von den Parteien durch Schriftsätze begründet wird. Es gibt keinen mündlichen Vortrag, keine Beweisanträge werden abgelehnt o.ä. Hier kann kaum etwas übersehen werden – und wenn man der Meinung ist, dass sich das Gericht nicht für einzelne Aspekte interessiert hat, kann man es wenigstens nicht nachweisen.

Anhörungsrügen sind im Strafrecht so gut wie nie erfolgreich.


Gegenvorstellung

Die Gegenvorstellung ist eine außerordentliche Stellungnahme nach Abschluss des Verfahrens, die gesetzlich nicht geregelt ist. Dabei wird das Gericht aufgefordert, seine Entscheidung nochmal zu überdenken. Als es noch keine Anhörungsrüge gab, diente die Gegenvorstellung meist zur Behebung von Gehörsverletzungen.

Mittlerweile wird überwiegend davon ausgegangen, dass Gegenvorstellungen nicht mehr zulässig sind, sondern stattdessen der formelle Weg der Anhörungsrüge genommen werden muss.

Dass man dem Gericht nach der Revisionsentscheidung noch einmal mitteilt, was man von seinem Urteil hält und dass es doch nun bitte „richtig“ entscheiden solle, ist praktisch niemals erfolgversprechend.


Verfassungsbeschwerde

Ein häufigeres Rechtsmittel ist die Verfassungsbeschwerde. Dabei handelt es sich, streng juristisch gesehen, um kein Rechtsmittel des normalen Rechtswegs, sondern um ein außerordentliches Mittel, um Grundrechtsverletzungen zu beheben. Die Verfassungsbeschwerde kann nach Durchschreiten des vollständigen Fachrechtswegs, im Strafverfahren also nach Abschluss des Revisionsverfahrens eingereicht werden.

Die Verfassungsbeschwerde im Strafrecht dient nicht der Feststellung von Schuld und Unschuld oder der Herstellung eines gerechten Urteils. Das ist allein Aufgabe der Fachgerichte. Wurde die Revision abgelehnt, ist die Sache aus strafrechtlicher Sicht geklärt. Nur, wenn diese in ihren Entscheidungen ein Grundrecht in spezieller Weise verletzt haben, kann das Verfassungsgericht das Urteil aufheben.

Daher muss man sehr genau darauf schauen, warum die Revision verworfen wurde und wie das Revisionsgericht mit den Entscheidungen der vorherigen Gerichte (normalerweise des Landgerichts in erster Instanz oder in der Berufung) hätte umgehen müssen, um die Rechte des Angeklagten zu wahren. Hat bspw. die Strafkammer eine gesetzliche Bestimmung in unvertretbarer Weise angewandt, ist es die Pflicht der nächsten Instanz, das Urteil aufzuheben. Unterlässt es dies, begeht es selbst eine Verfassungsverletzung.

Die Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich ein geeigneter und vernünftiger Weg, das Urteil und dessen Folgen zu beseitigen. Gleichzeitig muss einem aber auch klar sein, dass die statistischen Chancen nicht allzu hoch sind und mit erheblichen Kosten zu rechnen ist.


Gnadengesuch

Eine Möglichkeit, die man stets bedenken sollte, ist das Gnadengesuch. Dabei wird formal gesehen die Landesregierung gebeten, ganz oder teilweise auf die Vollstreckung des Urteils zu verzichten. In der Praxis wird die Zuständigkeit aber meist auf andere Behörden übertragen, die den Fall prüfen und entscheiden sollen.

Allerdings müssen besondere Gründe vorliegen, die die Gnadenbehörde dazu bewegen können, das eigentlich feststehende Urteil, gegen das sogar die Revision zurückgewiesen wurde, quasi aufzuheben. Die zuständigen Beamten werden sich regelmäßig fragen, welchen Anlass sie denn haben sollten, den Fall vom Schreibtisch aus besser beurteilen zu können als die Richter von zwei oder drei Instanzen, die alles umfassend und persönlich geprüft haben.

Darum wird es stets Argumente brauchen, die entweder im gerichtlichen Verfahren nicht relevant waren oder die erst nach dem Urteil entstanden sind. Alles, was schon durch die Gerichte berücksichtigt werden konnte, ist in das Urteil eingeflossen und wird normalerweise nicht zu einer Aufhebung im Gnadenweg führen. Erfolgversprechend sind daher vor allem erhebliche Änderungen in den Lebensumständen des Verurteilten wie eine schwere Erkrankung oder familiäre Entwicklungen.

Das Gnadengesuch ist grundsätzlich flexibler als die Verfassungsbeschwerde, hier können auch viele „weiche Faktoren“ angebracht werden, die eine Grundrechtsverletzung überhaupt nicht begründen können. Auch die Kosten sind meist geringer. Dafür gibt es aber auch keinen Anspruch auf Gnade, vielmehr gibt es ein ganz weites Ermessen der zuständigen Behörde.

Ein Vorteil des Gnadengesuchs ist, dass es auch durchaus mehrfach gestellt werden kann. Wenn das Gesuch unmittelbar im Anschluss an das Urteil keinen Erfolg hatte, ist dies möglicherweise anders, wenn es bspw. nach dem Vollzug eines Teils der Freiheitsstrafe wiederholt wird und der Betroffene dann auf seine gute Führung verweisen kann.


Rechtsanwalt Thomas Hummel kann Sie unterstützen

Bei der Frage, wie gegen die Ablehnung einer strafrechtlichen Revision vorgegangen werden soll, müssen vielerlei Aspekte beachtet werden. Rechtsanwalt Thomas Hummel ist auf Verfassungsbeschwerden spezialisiert und übernimmt auch Anhörungsrügen sowie Gnadengesuche. Er kann Sie bei der Einlegung der erfolgversprechendsten Rechtsbehelfe beraten und unterstützen.

Dies gilt selbstverständlich auch, wenn Sie einem betroffenen Freund oder Angehörigen helfen wollen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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