Übergabe einer Kündigung an Ehegatten?

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Zugang einer Kündigung durch Übergabe an den Ehemann außerhalb der ehelichen Wohnung 

 

 

 

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen: 6 AZR 687/09) gilt eine Kündigung mit Übergabe an den Ehemann auch außerhalb der ehelichen Wohnung als zugegangen.

 

 

Der Fall

Der Arbeitgeber kündigte der Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 31.01.2008 ordentlich zum 29.02.2008. Das Kündigungsschreiben ließ er dem Ehemann der Arbeitnehmerin durch einen Mitarbeiter überbringen. Dieser suchte am 31.01.2008 dazu den mit ihm befreundeten Ehemann der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsplatz auf und übergab ihm die Kündigung für seine Ehefrau. Der Ehemann vergaß die Kündigung jedoch im Betrieb und übergab sie seiner Frau erst am Folgetag (jedenfalls behauptete er dies im Prozess).

Daher stellte sich die Arbeitnehmerin im Prozess auf den Standpunkt, Ihr Arbeitsverhältnis habe aufgrund der einmonatigen Kündigungsfrist erst zum 31.03.2008 geendet. Dementsprechend müsse der Arbeitgeber noch den Lohn für den Monat März 2008 leisten. Der Arbeitgeber hingegen meinte, das Arbeitsverhältnis habe bereits zum 29.02.2008 geendet.

 

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass das für die Arbeitnehmerin bestimmte Kündigungsschreiben mit Übergabe an den Ehemann am 31.01.2008 zugegangen sei. Daher sei die Kündigung bereits zum 29.02.2008 wirksam geworden. Mithin habe der Arbeitgeber keinen Lohn für März 2008 zu zahlen.

 

Erläuterung

Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer zugehen. Das bedeutet, dass sie ihn so erreichen muss, dass er Kenntnis von ihr nehmen kann. Die Kündigung ist zweifelsfrei immer dann zugegangen, wenn sie der Arbeitnehmer direkt ausgehändigt bekommt. Sie gilt jedoch in besonderen Fällen auch dann als zugegangen, wenn sie einem Dritten ausgehändigt wird. Steht der Dritte zu dem Arbeitnehmer in einem besonderen persönlichen Verhältnis (rechtlich spricht man insoweit von einem Empfangsboten), gilt der Tag als Zugang, an dem die Kündigung dem Dritten übergeben wurde. Als Empfangsboten gelten z.B.

 

·      Ehemann/Ehefrau bzw.

·      Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft,

 

die mit dem Arbeitnehmer in einer gemeinsamen Wohnung leben und denen an diesem Ort die Kündigung übergeben wird.

 

Steht der Dritte zu dem Arbeitnehmer in keinem besonderen persönlichen Verhältnis (rechtlich sprich man insoweit von einem Erklärungsboten) gilt der Tag als Zugang, an dem der Dritte das Kündigungsschreiben an den Arbeitnehmer weitergibt. Als Erklärungsboten gelten z.B.

 

·      Nachbar

·      Handwerker

 

In vorliegendem Fall wurde der Ehemann als Empfangsbote angesehen, obwohl die Übergabe nicht in der gemeinsamen Wohnung erfolgte. Dies bedeutet, dass am 31.01.2008 - der Tag, an welchem dem Ehemann das Kündigungsschreiben an dessen Arbeitsplatz übergeben wurde - das Kündigungsschreiben der Arbeitnehmerin zugegangen ist. Einer Weitergabe bedurfte es nicht.

 

 

Tipps für Arbeitnehmer

 

·      Sie sollten beachten, dass die Kündigung nicht nur dann als zugegangen gilt, wenn sie Ihnen direkt übergeben wird. Wird die für Sie bestimmte Kündigung beispielsweise Ihrem Ehemann/Ihrer Ehefrau am 05.09.2011 übergeben, so gilt, dass sie Ihnen am 05.09.2011 zugegangen ist. Es kommt nicht darauf an, ob Ihr Ehemann/Ihre Ehefrau Ihnen die Kündigung noch am 05.09.2011 weitergeleitet hat.

·      Der genaue Zugangszeitpunkt ist wichtig. Denn es kann nur innerhalb drei Wochen gegen die Kündigung gerichtlich vorgegangen werden, sonst gilt diese als wirksam. Gehen Sie also von einem unzutreffenden Zugangszeitpunkt aus, können Sie im schlimmsten Fall diese 3-Wochen-Frist verpassen.

·      Arbeitnehmer sollten den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung genau dokumentieren, um eventuellen Beweisschwierigkeiten im Prozess vorzubeugen.

·      Unter Umständen kann der Arbeitgeber Sie auffordern, bei persönlicher Übergabe den Empfang zu bestätigen. Dies können Sie problemlos tun, sollten allerdings darauf achten, dass Sie die Kündigung damit nicht akzeptieren. Achten Sie hierbei besonders auf den Wortlaut einer vorformulierten Empfangsbestätigung! Sollte Ihnen der Wortlaut nicht eindeutig genug sein, setzen Sie „Erhalten am XX.XX.2011. [Unterschrift Arbeitnehmer].“ ein.

 

 

Tipps für Arbeitgeber:

 

·      Zwar eröffnet Ihnen das Bundesarbeitsgericht hier weitreichende Möglichkeiten für den Zugang einer Kündigung. Dennoch ist es ratsam, dass Sie, wenn möglich, die Kündigung gegen Empfangsvermerk direkt an den Arbeitnehmer übergeben. Ein solcher Empfangsvermerk kann in etwa lauten:

 

„Kündigung im Original erhalten am XX.XX.2011. [Unterschrift Arbeitnehmer].“

 

·      Übergeben Sie die Kündigung nicht an einen Empfangsboten, sondern an einen Erklärungsboten (z.B. Nachbarn), kann sich der Zugang beim Arbeitnehmer verzögern. Unter Umständen riskieren Sie die Zahlung eines oder weiterer Bruttomonatsgehälter, wenn sich durch die verspätete Übergabe der Kündigung durch den Dritten an den Arbeitnehmer die Kündigungsfrist verlängert bzw. das Enddatum verschiebt. Besonders ärgerlich ist es, wenn der Erklärungsbote vollständig „vergisst“, die Kündigung weiterzugeben. In diesem Fall wird die Kündigung nämlich überhaupt nicht wirksam und das Arbeitsverhältnis besteht fort.

·      Besteht die Möglichkeit einer persönlichen Übergabe der Kündigung an den Arbeitnehmer nicht, so sollten Sie einen Kurierdienst beauftragen. Dieser kann nämlich im Zweifel auch vor Gericht bestätigen, dass er das Kündigungsschreiben persönlich in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen hat. Hierdurch lässt sich der Zugang stets zweifelsfrei beweisen.


Wir haben für Sie das A-Z der Kündigung im Arbeitsverhältnis aufbereitet, zu finden unter: https://www.ra-croset.de/wissenswertes/a-z-der-kuendigung-im-arbeitsverhaeltnis/



RA Pascal Croset

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Südwestkorso 1

12161 Berlin

Pascal Croset ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Kanzleisitz in Berlin. Er ist ideologisch nicht festgelegt und vertritt daher Arbeitgeber (kleine, mittelständische und große Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern) und Arbeitnehmer (Angestellte aller Einkommensklassen, Führungskräfte, leitende Angestellte und Geschäftsführer) - deutschlandweit. Anwalt Arbeitsrecht Berlin? Willkommen bei Croset - Fachanwälte für Arbeitsrecht!

Pascal Croset ist Experte für arbeitsrechtliche Abmahnungen und hat das Werk „Die rechtssichere Abmahnung: Ein Leitfaden für Personalabteilung und Geschäftsführung" im Gabler-Verlag veröffentlicht.

 

Foto(s): RA Croset

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