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Unerwünschte Abkühlung: Angriff mit dem Gummispritztier

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Ganz schön heiß her ging es wohl bei einer beruflichen Umschulung in Hessen. Dabei stürzte ein 27-Jähriger aus dem Fenster, als er dem Wasserstrahl eines Gummispritztiers entgehen wollte. Die Berufsgenossenschaft erkannte darin keinen Arbeitsunfall und verweigerte die Leistungen.

Verletzung nach Sprung aus dem Fenster

In dem Unterrichtsraum im ersten Stock hätten insgesamt sieben Umschüler an Computern und ohne besondere Aufsicht ihre Lernmodule bearbeiten sollen. Mindestens einer Teilnehmerin war das offenbar zu langweilig – sie versuchte zum Spaß, den späteren Kläger mit einem wassergefüllten Gummispritztier nass zu spritzen.

Der gab im gerichtlichen Verfahren an, nur das Opfer gewesen zu sein und sich an derartigen Spielchen und Neckereien nicht aktiv beteiligt zu haben. Er habe sich lediglich bei einem Ausweichversuch vor dem Wasserstrahl des Gummispritztiers so unglücklich bewegt, dass er aus dem Fenster gefallen sei, an dem er in diesem Moment gestanden hatte.

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) ging aufgrund der Zeugenvernehmungen und medizinischen Unterlagen von einem etwas anderen Sachverhalt aus: Danach war der junge Mann bewusst aus dem Fenster auf das davor befindliche Plexiglasdach gesprungen. Das allerdings war nicht stabil genug, sodass der Mann letztlich hindurchbrach und sich dabei Frakturen an Fersenbein und Wirbelsäule zuzog.

Berufsgenossenschaft lehnt Arbeitsunfall ab

Der Unfall wurde an die Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung gemeldet, die jedoch jegliche Leistungen ablehnte. Laut ihr lag zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit der Beteiligten vor – folglich sei auch kein Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Hessische LSG kam bei seiner Überprüfung letztlich zum gleichen Ergebnis.

Arbeitsunfälle müssen grundsätzlich infolge einer versicherten Tätigkeit passieren – also in der Regel während der Arbeit oder einer Ausbildung. Auch Dienstreisen, Arbeitswege, Weihnachtsfeiern oder Betriebsausflüge sind oft noch versichert. Private Betätigungen sind dagegen nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt, wobei die Abgrenzung in der Praxis oft Schwierigkeiten bereitet.

Das Unfallgeschehen im Fall des Gummispritztiers war nicht mehr der versicherten Tätigkeit zuzuordnen, entschieden die Richter. Bei Kindern oder pubertierenden Jugendlichen wären sie unter Umständen zu einem anderen Ergebnis gekommen, da beispielsweise auf dem Schulhof der Einsatz von Wasserpistolen und ähnlich neckischen Spielzeugen nichts Außergewöhnliches sein muss. Von einem derartigen Schulunfall konnte man in der vorliegenden Situation und aufgrund des Alters der Beteiligten allerdings nicht mehr ausgehen.

Kein jugendlicher Leichtsinn mit 27 Jahren

Die berufliche Umschulungsmaßnahme war laut Urteilsbegründung eher mit der Tätigkeit in einem Großraumbüro vergleichbar. Auch hier scheint es für die Richter nicht ausgeschlossen zu sein, dass sich Kollegen mit Wasserpistolen, Gummispritztieren oder Ähnlichem um die Schreibtische jagen. Den Chefs gefällt so etwas in der Regel aber weniger – sie haben schließlich mehr Interesse an einem geordneten Arbeitsablauf und vor allem an unverletzten Mitarbeitern.

Soweit das Verhalten der Beteiligten damit den Interessen eines Betriebs – oder wie hier einer Bildungseinrichtung – zuwiderlief, ist es nicht mehr der Arbeit oder Ausbildung, sondern dem Privatbereich zuzuordnen. Demnach lag hier kein Arbeitsunfall vor und die Berufsgenossenschaft war nicht einstandspflichtig.

Der Verletzte muss sich also wie bei jedem anderen Privatunfall auch an seine Krankenversicherung halten. Ob er vielleicht auch Schadenersatz oder Schmerzensgeld von der Gummitierspritzerin verlangen könnte, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

(LSG Hessen, Urteil v. 24.03.2015, Az.: L 3 U 47/13)

(ADS)

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