Ungereimtheiten mit der Abnahme im Baurecht

  • 4 Minuten Lesezeit


Die Abnahme im Baurecht markiert einen entscheidenden Moment für die Abwicklung des rechtlichen Verhältnisses zwischen Besteller und Bauunternehmer. Sie ist nicht nur Fälligkeitsvoraussetzung für die zu entrichtende Vergütung (vgl. § 641 BGB), sondern auch für den Beginn der Verjährungsfrist für Mängelansprüche (vgl. § 634 lit. a Abs. 2 BGB)  und den Gefahrübergang (vgl. § 644 BGB) von größter Bedeutung. Mit Blick auf die an die Abnahmehandlung geknüpften Rechtsfolgen wiegen hierbei auftretende Fehler besonders im Baurechtsverhältnis schwer. 

Abnahme als Hauptleistungspflicht des Bestellers

Die Abnahme ist als Hauptpflicht des Bestellers ausgestaltet und gem. § 640 Abs. 1 BGB definiert als die Pflicht, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen. Der Besteller muss ein erkennbares Erklärungszeichen setzen, aus dem der Bauunternehmer nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte schließen kann, der Besteller billige die Leistung als in vollem Umfang oder zumindest im Wesentlichen vertragsgerecht. Der Besteller bestätigt somit die Vertragserfüllung durch den Bauunternehmer. 

Probleme können dann entstehen, wenn der Besteller nicht dazu in der Lage ist, ein Urteil darüber zu fällen, ob die geschuldete Werkleistung ordnungsgemäß hergestellt wurde. Die Erfüllung und Durchführung des Werkvertrags hängt somit von einer finalen Mitwirkungshandlung des oftmals laienhaften Bestellers ab, die mit der Herstellung des geschuldeten Werkes jedoch selbst nichts zu tun hat. 

Zweigliedrige Abnahme 

Ausgehend von der ganz herrschenden Meinung setzt die Abnahme nicht nur den tatsächlichen bzw. realen Akt der Hinnahme der Leistung voraus, sondern auch eine dahingehende rechtsgeschäftliche Erklärung des Bestellers. Gleichzeitig verlangen das BGB und die VOB/B keine Prüfung der Werkleistung, sodass der Besteller das Werk auch abnehmen kann, ohne überhaupt dazu in der Lage gewesen zu sein, dieses zu überprüfen. Nicht selten wird dem Besteller in gerichtlichen Verfahren mit Baurechtsbezug ein tatsächlich nicht bestehendes Erklärungsbewusstsein unterstellt. 

Die Abnahme ist oftmals Streitpunkt in gerichtlichen Verfahren, in denen sich die Frage, ob ein Werk abnahmetauglich war, erst nach einem langwierigen Rechtsstreit und dem Urteil einer Vielzahl von eingeschalteten Sachverständigen beantworten lässt. Werden in diesem Zusammenhang Mängel festgestellt, die zur Verweigerung der Abnahme berechtigen, wird eine etwaige Klage des Bauunternehmers auf Leistung der Vergütung mangels eingetretener Fälligkeit nach § 641 BGB (als derzeit unbegründet) abgewiesen. 

Hinzuziehung Sachverständige

Für die Beurteilung insbesondere komplexer Werkleistungen kann der Besteller Sachverständige hinzuziehen, die über die hierfür erforderlichen fachspezifischen Kenntnisse verfügen. Doch auch Sachverständige streiten sich häufig über die Frage der ordnungsgemäßen Ausführung. Werden Sachverständige wie gewohnt erst am Ende des Herstellungsprozesses zur Beurteilung der ordnungsgemäßen Ausführung der Bauleistungen hinzugezogen, können die erbrachte Werkleistung nur noch oberflächlich geprüft werden. Dies gilt insbesondere für die Überprüfung verdeckter Teile der Werkleistung, deren Überprüfung die teilweise Zerstörung des Werkes erforderte. Somit ist klar, dass die Abnahme des Werkes durch den Besteller auch bei Hinzuziehung eines Sachverständigen über dessen tatsächliche Ordnungsgemäßheit nicht viel auszusagen vermag. Es verwundert, dass die an die Abnahme geknüpften Wirkungen und insbesondere die für den Bauunternehmer so essentielle Fälligkeit der Vergütung davon abhängen, dass der Besteller „ins Blaue hinein“ eine hierauf gerichtete Erklärung abgibt. 

 ausgewählte Einzelprobleme bei der Abnahme

Vertragliche Versuche des Bauunternehmers, die Abnahme auf Dritte (Bevollmächtigte, Sachverständige) zu verlagern, weichen nicht nur von der gesetzlichen Ausgestaltung der Abnahme als Hauptleistungspflicht des Bestellers ab, sondern benachteiligen überdies den Besteller, dem somit eine wichtige Einflussgröße entzogen wird. 


Auch gibt es Fälle, in denen Bauträger den Erwerber auffordern, zunächst die komplette Vergütung zu zahlen, ehe die Schlüsselübergabe stattfinden könne. Es soll also ein Abnahmetermin stattfinden, indem der Besteller bereits die Abnahme erklärt und alle damit verbundenen Rechtsfolgen eintreten, aber erst dann, wenn der Besteller die komplette Vergütung (also ohne Einbehalte für Mängel oder Restleistungen), soll die Schlüsselübergabe erfolgen. Mit solchen Vertragsgestaltungen soll also die Zweigliedrigkeit der Abnahme rechtswidrig getrennt werden (rechtsgeschäftliche Erklärung im Abnahmetermin, reale Übergabe des Werks erst später nach vollständiger Zahlung. Die "Erpressung mit dem Schlüssel" ist rechtswidrig, da damit das Leistungsverweigerungsrecht bzw, das Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers eingeschränkt wird.

Werden im Abnahmeprotokoll einvernehmlich Mängel eingetragen (ohne dass Anmerkungen, wie strittig o.ä. erfolgen) und vom entsandten Bevollmächtigen des Auftragnehmers/Bauunternehmers unterzeichnet, so kann dies ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellen, sodass es dem Bauunternehmer im Nachgang nicht mehr möglich ist, die Verantwortlichkeit und das Vorliegen eines Mangels zu bestreiten.

Fazit

Es gibt eine Vielzahl an Problemen, die im Vorfeld der Abnahme bzw. im Rahmen der Abnahme entstehen. Hier sollte man sich besser anwaltlich beraten lassen, um die Fallstricke zu überspringen und keine falschen Entscheidungen zu treffen.


Ich berate Sie gern.

Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Baurecht Markus Erler





Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Markus Erler

Beiträge zum Thema