Urlaub und Mindestlohn auch für Crowdworker?

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1. Das BAG schützt digitale Soloselbständige

Lieferservice, Privattaxianbieter, Programmierer nutzen im Alltag oft Internetplattformen um kurzfristig Soloselbstständige für Aufträge zu gewinnen. Nach Schätzungen hat sich die Zahl der Crowdworker binnen weniger Jahre stark erhöht. Die digitalen Arbeiter, Crowdworker, haben durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt (9 AZR 102/20) jetzt mehr Schutz erhalten, was die Rechte wie Mindestlohn, Kündigungsschutz, Urlaub Lohnfortzahlung, Rente und Sozialversicherung betrifft.

 

2. Der Fall

Ein Kläger, der für einen Plattformbetreiber im Einsatz war und die Präsentation von Markenware im Einzelhandel kontrollierte, hatte geklagt. Seine Beauftragung erfolgte jeweils über eine App. Ob und wie viele Aufträge er annahm konnte der Kläger frei entscheiden. Dabei gewährte ihm der Auftraggeber ein Anreizsystem, um ihn zu möglichst vielen Aufträgen zu motivieren. Der Kläger konnte Punkte sammeln und erhielt bei Erreichen von bestimmten Grenzen mehr und bessere Aufträge. Damit waren auch bessere Verdienstmöglichkeiten verbunden.

 

3. Der Begriff des Arbeitnehmers

Nach der arbeitsrechtlichen Definition ist Arbeitnehmer, wer fremdbestimmt, nach Weisung, in persönlicher Abhängigkeit von Zeit, Ort und Inhalt für einen anderen tätig ist. Bei dem vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelten Fall urteilten die Richter, dass der Kläger Arbeitnehmer und nicht Selbständiger ist, da er seine Tätigkeit aufgrund vorgegebener Kleinstaufträge nicht mehr frei gestalten kann.

 

3. Ausblicke

Für die Betreiber entsprechender Plattformen ergibt sich aus dem Urteil eine erhebliche Gefahr. Ihre beschäftigten digitalen Arbeiter könnten als Arbeitnehmer gelten, wodurch Mindestlohn, Kündigungsschutz und Sozialversicherungsrecht gelten. Damit drohen Nachzahlungsansprüche und strafrechtliche Konsequenzen. Crowdworker könnten ihre Arbeitnehmerrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub, Mindestlohn etc. einklagen. Plattformbetreiber werden sich umstellen müssen und auf einheitliche Kleidung, das Schaffen von Anreizsystemen etc. verzichten. Entscheidend wird bei der Beurteilung der Frage der Selbstständigkeit oder Arbeitnehmereigenschaft sein, ob eine freie Entscheidung der Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt tatsächlich stattfindet.


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