Urlaub und Urlaubsentgelt bei Wechsel von Vollzeit – Teilzeittätigkeit nach Elternzeit

  • 5 Minuten Lesezeit

Wechselt ein Arbeitnehmer – zum Beispiel nach der Elternzeit – von Vollzeit in Teilzeittätigkeit, so ist zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern oftmals streitig, wie viele Arbeitstage Resturlaub (Alturlaub) aus der Zeit vor Inanspruchnahme der Elternzeit / bevor von Vollzeit in die Teilzeittätigkeit gewechselt wurde, bestehen. Gleiches gilt für die Frage, wie der in Vollzeit erworbene Urlaub zu vergüten ist, wenn er erst während der Teilzeittätigkeit und/oder nach der Elternzeit in Anspruch genommen wird. 

Endet das Arbeitsverhältnis, so kommt oftmals ebenfalls Streit hinsichtlich der Vergütung/Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs hinzu. Ich habe daher nachstehend ein paar Basistipps rund um das Thema zusammengestellt:

Kein Verfall des Urlaubsanspruchs während der Elternzeit ohne Kürzung seitens des Arbeitgebers

Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht arbeiten muss, d. h. keine Arbeitsleistung schuldet und im Gegenzuge vom Arbeitgeber keinen Lohn erhält. Was den Urlaub anbetrifft, so gilt grundsätzlich, dass ein Arbeitnehmer, der Elternzeit in Anspruch nimmt, dennoch Urlaubsansprüche generiert. 

Beispiel: Wenn der Arbeitnehmer von Januar bis Dezember eines Kalenderjahres in Elternzeit ist, hat er für dieses Kalenderjahr Anspruch auf den Urlaub, der ihm während des Kalenderjahres zusteht. Bei einer 5-Tage-Arbeitswoche sind diese gemäß § 3 des Bundesurlaubsgesetzes jährlich 20 Arbeitstage gesetzlicher Urlaub (hinzukommen kann tariflicher oder vertraglicher Mehrurlaub). 

Der Arbeitnehmer kann diesen während der Elternzeit generierten Urlaub in Anspruch nehmen, sobald er aus der Elternzeit zurückgekehrt ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schriftlich mitteilt, dass er den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzt. Diese sogenannte Kürzungserklärung kann dem Arbeitnehmer nur vor oder während der Elternzeit, nicht jedoch nach Ende der Elternzeit mitgeteilt werden. 

Macht der Arbeitgeber von seinem sog. Kürzungsrecht nach § 17 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) Gebrauch, so besteht – um beim obigen Beispiel zu bleiben – für den Kürzungszeitraum (hier Januar bis Dezember) kein Urlaubsanspruch.

Urlaubsberechnung des „Alturlaubs“ aus einem früheren Urlaubsjahr bei Wechsel in Teilzeit

Oftmals haben Arbeitnehmer noch Resturlaubsansprüche aus der Zeit, bevor Elternzeit in Anspruch genommen wurde. Hat der Arbeitgeber keine sogenannte Kürzungserklärung erteilt, bestehen zudem Urlaubsansprüche aus dem Zeitraum der Elternzeit. 

Kompliziert wird es dann, wenn der Arbeitnehmer vor der Elternzeit in Vollzeit und z. B. an fünf Arbeitstagen in der Woche gearbeitet hat und nach der Elternzeit nur noch zum Beispiel an drei Arbeitstagen in der Woche in Teilzeit arbeitet; denn arbeitet der Arbeitnehmer nur an drei Arbeitstagen in der Woche, verringert sich der Anspruch auf die Anzahl der Urlaubstage entsprechend.

Hat der Arbeitnehmer infolgedessen aus früheren Urlaubsjahren „Alturlaub“ und arbeitet er nach der Rückkehr aus der Elternzeit nur noch zum Beispiel an drei Arbeitstagen in der Woche, so ist ihm der Alturlaub aus den früheren „Vollzeiturlaubsjahren“ dennoch in der damals generierten Anzahl zu gewähren. D. h., sowohl die Arbeitszeit als auch das Urlaubsentgelt sind in der Höhe zugrunde zu legen, wie sie innerhalb des Urlaubsjahres, in dem der Urlaubsanspruch erworben wurde (also in Vollzeit) bestanden haben. 

Dies folgt aus der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Beschluss vom 13. Juni 2013, Az C 415/12, Brandes). Der EuGH hat in diesem Urteil ausgeführt, dass Urlaubsansprüche, die der Arbeitnehmer während eines Vollzeitarbeitsverhältnisses erworben hat durch den Wechsel in Teilzeit nicht geschmälert werden dürfen, weil dies gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten verstoßen würde. 

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsprechung – allerdings ein wenig in einem anderen Zusammenhang, nämlich ausschließlich im Zusammenhang mit der Anzahl der zu gewähren Urlaubstage – in einem Urteil vom 10. Februar 2015, AZ 9 AZR 53/14 bestätigt.

Kurz und salopp ausgedrückt bedeutet dies Folgendes: Wenn man im Urlaubsjahr vor Inanspruchnahme der Elternzeit und während der Elternzeit zum Beispiel insgesamt 30 Arbeitstage Urlaub erworben hat, hat man einen Anspruch darauf, diese 30 Arbeitstage Urlaub auch so in Anspruch zu nehmen, selbst wenn man nach der Rückkehr aus der Elternzeit in Teilzeit arbeitet.

Verfällt der während oder vor der Elternzeit erworbene Urlaub?

Lediglich hinsichtlich des Verfalls des Urlaubs muss man aufpassen: In § 17 Abs. II BEEG ist geregelt, dass der Urlaub, den der Arbeitnehmer vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig in Anspruch nehmen konnte, nicht verfällt. Er ist vom Arbeitnehmer jedoch nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr in Anspruch zu nehmen.

Wie ist der „Alturlaub“ zu vergüten?

Wenn man im Urlaub ist, hat man gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Urlaubsentgelt, d. h. salopp gesprochen erhält man vom Arbeitgeber eine „Lohnfortzahlung während des Urlaubs“. Die Höhe der Lohnfortzahlung orientiert sich grundsätzlich am Bruttomonatslohn. Arbeitet man in Vollzeit ist der Lohn in der Regel höher als bei einer Teilzeittätigkeit. 

Die Frage ist daher, wie das Urlaubsentgelt zu berechnen ist, wenn der Arbeitnehmer nach der Rückkehr aus der Elternzeit in Teilzeit arbeitet und den aus der Vollzeittätigkeit generierten Urlaub in Anspruch nimmt. D. h.: Er bekommt dann Urlaubsentgelt auf der Basis der damaligen Vollzeittätigkeit oder auf der Basis der aktuellen Teilzeittätigkeit. Auch hier gilt, dass dieser Alturlaub auf der Basis des Lohnes während der Vollzeittätigkeit zu vergüten ist. Salopp ausgedrückt: Arbeitet man nach der Elternzeit in Teilzeit und nimmt man Alturlaub aus den Jahren vor der Elternzeit in Anspruch, so bestimmt sich das Urlaubsentgelt/die Lohnfortzahlung während dieses Urlaubs der Höhe nach dem Vollzeitgehalt.

Was passiert mit meinem Resturlaub, wenn mein Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit endet?

Gleiches gilt übrigens auch, wenn das Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit endet und noch Resturlaub aus der Zeit vor der Elternzeit offen ist. Dieser Resturlaub ist dann gemäß § 17 III BEEG abzugelten/an den Arbeitnehmer auszubezahlen. Dies auf der Basis des während der Vollzeittätigkeit gezahlten Lohnes.

Sie haben Beratungsbedarf zu diesen oder anderen Themen? Rechtsanwältin Dr. Reichert-Hafemeister ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und ausschließlich auf die Bearbeitung von Arbeitsrechtsangelegenheiten spezialisiert. Sie können gerne via Kontaktformular oder auch via Anruf mit ihr einen Beratungstermin in ihrem Büro in Berlin-Lichterfelde-West (nahe S-Bahnhof Lichterfelde West und Schweizer Viertel) vereinbaren.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Sabine Reichert-Hafemeister LL.M.

Beiträge zum Thema