Vorsicht vor einmaligen Steuervergünstigungen: Ein teures Lehrgeld - Steuerberaterhaftung

  • 2 Minuten Lesezeit

Steuervergünstigungen sind oft ein Segen für die Steuerpflichtigen, doch manchmal kann eine scheinbar willkommene Ermäßigung durch das Finanzamt unerwartete Folgen haben. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Lübeck wirft ein Schlaglicht auf die Risiken, die entstehen können, wenn Steuerberater ihre Mandanten nicht ausreichend über die Einmaligkeit bestimmter Steuervergünstigungen aufklären.
In dem verhandelten Fall (Urteil vom 11.01.2024 - 15 O 72/23) ging es um einen Steuerzahler, dem das Finanzamt eine Steuerermäßigung gewährte, ohne dass er diese beantragt hatte. Der spezielle Steuersatz, der unter bestimmten Bedingungen bei außerordentlichen Einkünften angewendet werden kann, bietet die Möglichkeit, die Steuerlast erheblich zu senken. Allerdings kann dieser Steuersatz gemäß § 34 Abs. 3 S. 4 EStG nur einmal im Leben eines Steuerpflichtigen beansprucht werden.
Zehn Jahre nachdem der Steuerzahler von dieser Vergünstigung "profitiert" hatte, ohne sie aktiv zu beantragen, wollte er sie erneut in Anspruch nehmen. Das Finanzamt lehnte jedoch ab, mit der Begründung, die Vergünstigung sei bereits verbraucht. Sämtliche Rechtsmittel gegen diese Entscheidung blieben erfolglos, selbst der Bundesfinanzhof bestätigte die Sichtweise des Finanzamts.
Der Steuerzahler sah sich daraufhin gezwungen, seinen damaligen Steuerberater auf Schadensersatz zu verklagen. Er argumentierte, der Berater hätte ihm empfehlen müssen, gegen den ursprünglichen Steuerbescheid vorzugehen, um die Vergünstigung für die Zukunft zu bewahren. Der Steuerberater verteidigte sich mit dem Argument, zum Zeitpunkt der Beratung habe es keine Rechtsprechung gegeben, die klarstellte, dass der ermäßigte Steuersatz auch dann als verbraucht gilt, wenn er nicht aktiv beantragt wurde.
Das Landgericht Lübeck gab dem Steuerzahler recht. Es urteilte, dass der Steuerberater seinen Mandanten über die Einmaligkeit der Steuervergünstigung und das Risiko, diese später nicht mehr in Anspruch nehmen zu können, hätte aufklären müssen. Die gesetzliche Regelung sei eindeutig und lasse keinen Spielraum für eine andere Interpretation. Durch das Versäumnis des Steuerberaters entstand dem Mandanten ein Schaden von rund 220.000 Euro, den der Berater nun ersetzen muss.
Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden und vorausschauenden Beratung durch Steuerexperten. Bei fehlerhafter oder nicht ausreichender Beratung droht die Steuerberaterhaftung. Steuerpflichtige sollten sich bewusst sein, dass manche Steuervergünstigungen nur einmal im Leben genutzt werden können und dass eine unerwartete Inanspruchnahme dieser Vergünstigungen langfristige finanzielle Nachteile nach sich ziehen kann.

Ihr Rechtsanwalt

Christian Keßler

Besuchen Sie meine Webseite.

(Diese Informationen erfolgen nicht im Rahmen eines konkreten Vertragsverhältnisses. Der Verfasser übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Verfasser, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich im weitest zulässigen Rahmen ausgeschlossen.)



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Keßler

Beiträge zum Thema