Was tun bei Vertragsstrafenforderung durch den IDO Verband aus Leverkusen?

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Der IDO Verband aus Leverkusen dürfte aktuell Deutschlands fleißigster Abmahnverband sein. Das geht jedenfalls aus einer Studie der Firma Trusted Shops hervor. Auf Seite 13 dieser Studie kommt die Firma Trusted Shops zu dem Ergebnis, dass von sämtlichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen gegen Onlinehändler ganze 22 % auf den IDO Verband aus Leverkusen gehen. Unter den von Wettbewerbsverbänden ausgesprochenen Abmahnungen soll der Anteil der Abmahnungen des IDO Verbandes sogar bei 59 % liegen.

Was mahnt der IDO Verband ab bzw. was ist Gegenstand von Vertragsstrafenforderungen des IDO Verbandes?

Die häufigsten Abmahnungen des IDO Verbandes aus Leverkusen betreffen

  • das Fehlen einer Widerrufsbelehrung oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung
  • das Fehlen eines Links auf die Online-Streitbeilegungsplattform der EU
  • die unterbliebene Belehrung über die Vertragstextspeicherung
  • das Fehlen eines Hinweises auf das dem Verbraucher zustehende gesetzliche Mängelhaftungsrecht
  • irreführende Angaben zum Versand und den Versandkosten
  • Verstöße gegen die Textilkennzeichnungsverordnung

Wer ist betroffen?

Betroffen sind vorwiegend Unternehmer, die Ihre Waren auf Portalen wie DaWanda, eBay oder Amazon einstellen. In seltenen Fällen werden finanzstarke Unternehmen in Anspruch genommen.

Was fordert der IDO Verband in den Abmahnungen?

Der Verband fordert in seinen Abmahnungen regelmäßig binnen einer äußerst kurz bemessenen Frist die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, sowie Zahlung einer Abmahnpauschale in Höhe von 232,05 Euro. Den Abmahnungen ist stets eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, in welcher sich der Abgemahnte auch verpflichten soll, die Abmahnpauschale zu bezahlen.

Wie verhalten sich die meisten Abgemahnten nach einer Abmahnung des IDO Verbandes?

Die meisten Abgemahnten, die uns Ihre Abmahnungen vorlegen, sind Kleingewerbetreibende, die das Prozesskostenrisiko scheuen. Wer nämlich nicht unterzeichnet, setzt sich der Gefahr aus, dass gegen ihn im Wege eines vorläufigen Eilverfahrens ohne Anhörung eine einstweilige Verfügung erlassen wird. Allein die Kosten dieses vorläufigen Verfahrens sprengen das Budget der meisten Abgemahnten; doch wer sich weiter wehrt und auch diese einstweilige Verfügung endgültig nicht anerkennt, wird in einem Hauptsacheverfahren vom IDO Verband auf Unterlassung verklagt. 

Die in diesem Verfahren entstehenden Kosten sind noch weitaus höher als diejenigen des Eilverfahrens, sodass allein in einer Instanz nicht selten Gerichts- und Anwaltskosten von weit mehr als 10.000,- Euro drohen.

Demgemäß bevorzugen es die meisten Abgemahnten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, d. h. dem IDO Verband zu versprechen, das beanstandete Verhalten zukünftig nicht zu wiederholen und ihm im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe zu zahlen.

Zeitdruck – so entstehen Fehler – und wie man sie vermeiden kann

Innerhalb der nun dem Abgemahnten äußerst kurz gesetzten Frist zur Unterzeichnung der Unterlassungserklärung sieht dieser sich gezwungen, die beanstandeten Verstöße zu beseitigen. Wenige wissen, dass, was der IDO Verband in seinen Abmahnungen verschweigt, es auch möglich ist, eine je nach Fallkonstellation längere oder kürzere sog. Aufbrauchsfrist zu vereinbaren, innerhalb welcher der IDO Verband von seinem in der Unterlassungserklärung geforderten Recht, eine Vertragsstrafe geltend zu machen, keinen Gebrauch macht. 

Unter Zeitdruck werden oft panisch sämtliche Artikel daraufhin überprüft, ob diese den Anforderungen der Unterlassungserklärung genügen. Dabei passieren oft Flüchtigkeitsfehler, sodass z. B. das Kleingedruckte bei einer Artikelbeschreibung überlesen wird, in welchem die beanstandeten Verstöße noch enthalten sind; besonders häufig werden übrigens Angaben zur Textilkennzeichnungsverordnung übersehen. Insofern sollte ggf. von der Möglichkeit der Vereinbarung einer Aufbrauchsfrist Gebrauch gemacht werden.

Wie weit reicht die Unterlassungserklärung und verjährt sie?

Viele Abgemahnte wissen nicht, dass sich das Unterlassungsversprechen nicht nur auf den abgemahnten Internetauftritt bezieht, sondern auf sämtliche Internetauftritte des Abgemahnten, ja sogar ggf. auf Werbung in Druck- und Printmedien. Man spricht hier von sog. Kerngleichheit. 

Das Unterlassungsversprechen kann, sofern entsprechende Gründe vorliegen, zwar gekündigt werden oder aufgrund einer Gesetzesänderung oder einer Änderung der Rechtsprechung seine Wirksamkeit verlieren. Ansonsten gilt es aber lebenslänglich! Insbesondere verjährt es nicht, wie viele annehmen, in spätestens 30 Jahren, da es sich bei dem Unterlassungsvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt.

Umfangreiche Nachkontrolle der Unterlassungserklärungen durch den IDO Verband und entsprechend häufige Forderungen einer Vertragsstrafe

Aufgrund der vielen Fehlerquellen sind Zuwiderhandlungen gegen Unterlassungserklärungen recht häufig. Der IDO Verband ist dafür bekannt, akribisch nachzukontrollieren, ob die Abgemahnten gegen die Unterlassungserklärung verstoßen haben. Demgemäß hagelt es förmlich Vertragsstrafenforderungen des IDO Verbandes. 

Je nach Anzahl der Verstöße fordert der IDO Verband dann mehrere tausend Euro vom Abgemahnten. In durchschnittlichen Fällen verlangt der IDO Verband 3.000,- Euro.

Kann ein Fehlen der Anspruchsbefugnis zur Verteidigung gegen die Vertragsstrafenforderung eingewendet werden?

Spätestens nach Erhalt einer Vertragsstrafenforderung befassen sich die meisten Betroffenen ganz genau mit dem IDO Verband und werden sich fragen, ob dieser überhaupt aktiv legitimiert, d. h. anspruchsbefugt im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist. Hierzu findet man viele Fundstellen im Internet und unterschiedliche Rechtsprechung. Ob der IDO Verband überhaupt abmahnen darf, ist in § 8 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt, d. h. alle dort genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. 

Allerdings ist die Frage, ob der IDO Verband befugt ist, eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung gegen den Betroffenen auszusprechen, im Vertragsstrafenprozess in der Regel irrelevant (Ausnahmen dürften z. B. dann bestehen, wenn der IDO Verband gar nicht zur Abmahnung befugt war und in Kenntnis dieses Umstandes eine Abmahnung erschlichen hat). Denn die Befugnis, die Vertragsstrafe zu fordern, folgt jetzt nicht mehr aus dem Gesetz, sondern aus dem Vertragsstrafenversprechen. 

Für das Zustandekommen des Vertragsstrafenversprechens ist allerdings Voraussetzung, dass der IDO Verband die Unterlassungserklärung angenommen hat. Der IDO Verband muss den Zugang einer Annahmeerklärung nachweisen können, weswegen er diese regelmäßig per Einschreiben an den Abgemahnten versendet.

Welche Handlungsmöglichkeiten bleiben dem Betroffenen?

Dem Betroffenen bleiben daher, wenn eine Zuwiderhandlung wirklich vorliegt, und die Annahme der Unterlassungserklärung durch den IDO Verband erklärt worden ist, in der Regel nur folgende Möglichkeiten:

  • die geforderte Vertragsstrafe zahlen
  • in Verhandlungen mit dem Verband treten und eine geringere Vertragsstrafe zahlen
  • es auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen

Regelmäßig empfiehlt sich die 2. Variante, wobei man die Verhandlungen zwar alleine führen und „auf die Tränendrüse drücken“ kann. Dabei sollte jedoch bedacht werden, dass die Mitarbeiter des IDO Verbandes sehr geschult darin sind, dem IDO Verband möglichst hohe Einnahmen zu bescheren. 

Was ist bei Verhandlungen mit dem IDO Verband zu beachten?

Manche Betroffene könnten auf die Idee kommen, dem IDO Verband eine Mitgliedschaft anzubieten um im Gegenzug den Erlass oder die Reduzierung der Vertragsstrafe zu erwirken. Aber tut man damit der Gesellschaft einen Dienst? Wir meinen: Nein! Denn wer Mitglied des IDO Verbandes wird, erweitert gegebenenfalls den Radius von Branchen, innerhalb derer der Verband abmahnen darf. Denn abmahnen darf der IDO Verband nur in den Branchen, in denen er über eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern verfügt. 

Demgemäß sollte versucht werden, unter Berücksichtigung der aufgestellten Kriterien der Rechtsprechung auf eine für den Abgemahnten angemessene Vertragsstrafe hinzuwirken.

Worauf kommt es nach der Rechtsprechung bei der Angemessenheit der Vertragsstrafe an?

Die Vertragsstrafe hat Sanktionscharakter. Die Sanktion soll bewirken, dass der Betroffene die Sache ernst nimmt und künftige Zuwiderhandlungen vermeidet. Daher sind insbesondere zu berücksichtigen:

  • die Art und Schwere des Verstoßes
  • der Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden
  • das Verhalten des Betroffenen nach Entdeckung der Zuwiderhandlung sowie
  • Größe, Bekanntheit und Umsatz des Unternehmens des Zuwiderhandelnden.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien konnten wir in den meisten Fällen eine erhebliche Herabsetzung der geforderten Vertragsstrafen für unsere Mandanten erwirken.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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