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Weniger Trennungsunterhalt wegen „Kuckuckskind“?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Für einen Mann bricht eine Welt zusammen, wenn er nach Jahren erfährt, dass der Nachwuchs, den er mit großgezogen hat, gar nicht von ihm stammt. Folge ist zumeist die Scheidung von der Kindsmutter. Die hat bis zur rechtskräftigen Scheidung eigentlich einen Anspruch auf Trennungsunterhalt. Doch kann sie den wegen ihres erheblichen Fehlverhaltens gegenüber ihrem Ehemann überhaupt verlangen?

Ehefrau bestreitet Affäre

Ein Ehepaar trennte sich nach über 30 Jahren Ehe. Als die Ehefrau monatlich 940 Euro Trennungsunterhalt verlangte, zahlte der Ehemann lediglich 394 Euro. Das deswegen angerufene Amtsgericht (AG) verpflichtete den Mann sogar zu einer monatlichen Zahlung von nur 362 Euro. Während der Verhandlung war nämlich rechtskräftig festgestellt worden, dass der Ehemann gar nicht der Vater des gemeinsam großgezogenen Sohnes ist. Der stammte vielmehr aus einer Affäre der Mutter mit einem früheren Arbeitskollegen.

Die Frau hielt die Gerichtsentscheidung für falsch – sie versicherte eidesstattlich, ihren Mann niemals betrogen zu haben. Es müsse ein Fehler bei einer künstlichen Befruchtung passiert sein, die damals bei ihr durchgeführt worden sei. Anders könne sie sich das Ergebnis des Vaterschaftstests, bei dem sich der frühere Kollege als Erzeuger herausstellte, nicht erklären. Der jedoch versicherte, mit der Frau eine kurze sexuelle Beziehung geführt zu haben – es sei denn, sie habe einen eineiigen Zwilling, was die Kindsmutter jedoch verneinte.

Verwirkung des Trennungsunterhalts?

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm lehnte einen weitergehenden Anspruch der Frau auf Trennungsunterhalt nach § 1361 I 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ab. Sie durfte daher nur 362 Euro/Monat von ihrem Noch-Ehemann verlangen.

Unterhaltskürzung nach § 1579 Nr. 7 BGB

Für einen Mann spielt es natürlich eine erhebliche Rolle, ob er der leibliche Vater des Kindes ist oder nicht. Davon abhängig ist letztlich seine Haltung zur Ehe, die Art und Weise, wie er sein Leben weiter gestaltet, oder ob er eine Beziehung zu dem Kind aufbaut.

Dass die Frau den Ehemann unter Umständen tatsächlich all die Jahre für den Erzeuger gehalten hat, war irrelevant: Sie wusste von der Affäre und damit auch von der Möglichkeit, dass ihr Sohn nicht von ihrem Ehemann abstammen könnte.

Einen Fehler bei einer künstlichen Befruchtungsmaßnahme schloss das Gericht im Übrigen aus. So blieb ohnehin bis zuletzt unklar, ob während der Empfängniszeit überhaupt derartige Maßnahmen durchgeführt worden sind. Außerdem gab es für den Arbeitskollegen keinen Grund, sein Sperma hierfür zur Verfügung zu stellen. Der leibliche Kindsvater hat vielmehr klargestellt, dass der Sohn auf natürliche Weise gezeugt worden sei. An dieser Aussage zweifelte das Gericht nicht – riskierte der Mann damit schließlich unter anderem Regressforderungen vom Scheinvater, der all die Jahre für den Unterhalt eines fremden Kindes aufgekommen ist.

Unterhaltskürzung nach § 1579 Nr. 3 BGB

Obwohl die Frau wusste, dass ein weiterer Mann als Kindsvater in Betracht kam, hat sie sogar eidesstattlich versichert, keine Affäre gehabt zu haben. Sie hat daher eine sog. „Falsche Versicherung an Eides Statt“ nach § 156 Strafgesetzbuch (StGB) abgegeben und zumindest einen versuchten Betrugs zum Nachteil ihres Noch-Ehemannes begangen. Ihr musste klar sein, dass die Vaterschaft eines anderen Mannes Einfluss auf die Höhe des Trennungsunterhalts sowie später auch auf den Versorgungsausgleich haben wird.

Damit hat sie sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens bzw. eines Verbrechens gegen ihren Noch-Ehemann schuldig gemacht.

Unterhalt entfällt nicht vollständig

Es wäre grob unbillig, den Mann zu einer höheren Unterhaltszahlung zu verpflichten. Schließlich hat die Frau gegen die eheliche Solidarität verstoßen, als sie ihrem Gatten verschwieg, dass sie während der Ehe eine Affäre hatte und das Kind dabei entstanden sein könnte. Im Übrigen hat der Mann über Jahre hinweg mit eigenen Mitteln das „Kuckuckskind“ großgezogen.

Der Unterhaltsanspruch war aber auch nicht vollständig verwirkt. Immerhin hat die Ehe über 30 Jahre gehalten und der Ehemann verfügte im Gegensatz zur Frau stets über ein gutes Einkommen. Auch ist die Frau mit 57 Jahren auf dem Arbeitsmarkt nur noch eingeschränkt vermittelbar. Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Frau den Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit von 56 Stunden/Monat deutlich ausweiten bzw. eine Nebentätigkeit aufnehmen muss.

Fazit: Schiebt eine Frau ihrem Gatten das Kind eines anderen Mannes unter, kann der ihr eigentlich zustehende Trennungsunterhalt beschränkt oder sogar versagt werden.

(OLG Hamm, Beschluss v. 09.03.2015, Az.: 8 UF 41/14)

(VOI)

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