Wenn die Currywurst zum Verhängnis wird – Strafe wegen Korruption durch Einladung zum Currywurst Essen?

  • 7 Minuten Lesezeit

Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen 17 Polizisten sowie gegen den Referenten eines Landesbetriebs eingeleitet. Hintergrund hierzu ist, dass sich diese 17 Mitarbeiter der Zentralen Polizeidirektion (ZPD) – so die Vorwürfe – mehrfach über Monate hinweg auf Kosten ihres Referenten zum Currywurst-Essen haben einladen lassen. Dies geschah regelmäßig im Anschluss an eine vom Referenten gehaltene Schulung. Grund für die Essenseinladungen dürften positive Bewertungen der Polizisten für die Schulungen des Referenten sein. Auf diese Weise wollte er sich wohl Folge-Aufträge von der ZPD sichern. 

Doch was für strafrechtliche Konsequenzen ziehen diese vermeintlich harmlosen Currywurst-Essen für alle Beteiligten mit sich?

In Betracht kommt eine Strafbarkeit wegen Bestechung (durch die Einladung zum Essen) sowie wegen Bestechlichkeit (durch die Annahme der Einladung). Nur bestimmte Personen können sich wegen Bestechung und Bestechlichkeit nach dem Strafgesetzbuch strafbar machen. Zu den möglichen Beschuldigten wegen Bestechung und Bestechlichkeit gehören beispielsweise Amtsträger.


Wer kann sich wegen Bestechlichkeit im Amt strafbar machen?

Das Gesetz normiert, wer sich wegen Bestechlichkeit im Amt strafbar machen kann. 

Wegen Bestechung bzw. Vorteilsgewährung kann sich jeder strafbar machen, solange die Bestechung bzw. Vorteilsgewährung gegenüber einer Person erfolgt, die einer der genannten Personenkreise zugehört.

Zu dem maßgeblichen Personenkreis gehören … 

  • Amtsträger

= „wer nach deutschem Recht

  1. Beamter oder Richter ist,
  2. in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
  3. sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen.“

(§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB)


  • Europäischer Amtsträger 

= „wer

  1. Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eins Gerichts der Europäischen Union ist,
  2. Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
  3. mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist“.

(§ 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB)


  • ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter 

= „wer, ohne Amtsträger zu sein

  1. bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgabe der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt oder
  2. bei einem Verband oder sonstigem Zusammenschluss, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgabe der öffentlichen Verwaltung ausführen,

beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf rund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist“.

(§ 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB)

Jeweils nach den Absätzen 2 der §§ 331 bis 334 StGB können darüber hinaus auch folgende Personengruppen Täter bzw. Adressat der Zuwendung sein:

  • Richter
  • Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union
  • Schiedsrichter


Beispiele für Amtsträger

Amtsträger im Sinne dieser Vorschriften können dabei zum Beispiel sein:

  • Gemeinderäte und andere Mitglieder kommunaler Volksvertretungen
  • Vorstand einer Landesbank
  • Projektleiter bei der GEZ
  • Oberbürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender einer Stadtwerke-AG

Wer ist kein Amtsträger im Sinne der Korruptionsdelikte?

Keine Amtsträger im Sinne dieser Vorschriften sind hingegen beispielsweise:

  • Vertragsärzte
  • Geschäftsführer einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft
  • Landesgeschäftsführer des Roten Kreuzes
  • Mitarbeiter einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Begutachtungsstelle


Wann macht man sich wegen Vorteilsannahme strafbar?

Nach § 331 Abs. 1 StGB macht sich ein Amtsträger o.ä. wegen Vorteilsannahme dann strafbar, wenn dieser für eine Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten

  • fordert,
  • sich versprechen lässt oder
  • annimmt.

Vorteil ist jede Zuwendung materieller oder immaterieller Art, die den Amtsträger objektiv besserstellt und auf die er ansonsten keinen Anspruch gehabt hätte. 

Solche Vorteile sind beispielsweise:

  • Geldzuwendungen, Sachwerte und Rabatte
  • Einladungen zu Veranstaltungen, Urlaubsreisen und Kongressen
  • Freikarten und sonstige geldwerte Einladungen für Sportereignisse oder kulturelle Veranstaltungen
  • Ehrungen
  • Ehrenämter, Unterstützung bei Wahlen
  • Sexuelle Zuwendungen
  • Erwerbsaussichten, Beförderungs- und Karrierechancen

Kern des Straftatbestands von § 331 StGB ist die inhaltliche Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilszuwendung – es muss eine Übereinkunft zwischen Amtsträger und Vorteilsgeber geschlossen worden sein (Unrechtsvereinbarung). Der Vorteil muss also konkret für die Diensthandlung des Amtsträgers gefordert, versprochen oder angenommen werden.


Wie hoch ist die Strafe für Vorteilsannahme?

Ein Amtsträger, Europäischer Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter wird wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 

Wird die Tat durch einen Richter oder ähnlichem nach § 331 Abs. 2 StGB begangen, so wird dieser mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Wann macht man sich wegen Bestechlichkeit im Amt strafbar?

Wegen Bestechlichkeit macht sich ein Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1 StGB dann strafbar, wenn er einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür 

  • fordert,
  • sich versprechen lässt oder
  • annimmt,

dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat. 

Dies gilt auch für den Fall, dass er eine Diensthandlung noch künftig vornehmen wird und dadurch seine Diensthandlung erst noch verletzten würde. Der Unterschied zur Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB ist der, dass der Amtsträger nicht nur eine bestimmte Diensthandlung vornimmt, sondern durch diese zusätzlich noch eine Dienstpflicht verletzt. Für die anderen Voraussetzungen, also die des Täterkreises, des Vorteils etc., gelten die Ausführungen zur Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme.


Wann verletzt ein Amtsträger eine Dienstpflicht?

Die vom Amtsträger vorgenommene Diensthandlung muss pflichtwidrig sein. Das bedeutet, dass der Amtsträger mit der Diensthandlung gegen einen Rechtssatz, eine Dienstvorschrift oder eine Anordnung verstößt. 

Das kann beispielsweise die Entscheidung eines Staatsanwalts sein, das Strafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen, obwohl ein hinreichender Tatverdacht gegen diesen besteht und der Staatsanwalt verpflichtet gewesen wäre, stattdessen Anklage gegen den Beschuldigten zu erheben. 


Wie hoch ist die Strafe für Bestechlichkeit?

Ein Amtsträger wird wegen Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Wird die Tat durch einen Richter nach § 332 Abs. 2 StGB begangen, so wird dieser mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.


Wann macht man sich wegen Vorteilsgewährung strafbar?

Nach § 333 Abs. 1 StGB macht sich eine Person wegen Vorteilsgewährung dann strafbar, wenn er einem Amtsträger etc. für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt. Diese Vorschrift ist spiegelbildlich zur Vorteilsannahme nach § 331 StGB zu verstehen. Der Unterschied ist lediglich, dass bei der Vorteilsannahme der Amtsträger für die Annahme bestraft wird und bei der Vorteilsgewährung der Vorteilsgeber der Beschuldigte ist.

Dementsprechend kann sich zwar nicht jeder wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme strafbar machen; wohl jeder kann sich aber wegen Bestechung und Vorteilsgewährung strafbar machen.


Wie hoch ist die Strafe für Vorteilsgewährung an Amtsträger oder Richter?

Ein Vorteilsgeber wird wegen Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wird die Tat durch einen Richter nach § 333 Abs. 2 StGB begangen, so wird der Vorteilsgeber mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Wann macht man sich wegen Bestechung von Amtsträgern und Richtern strafbar?

Wegen Bestechung eines Amtsträgers macht sich eine Person gemäß § 334 Abs. 1 StGB dann strafbar, wenn er dem Amtsträger etc. einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass dieser eine Diensthandlung vorgenommen hat und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat. Das gilt auch für den Fall, dass der Amtsträger seine Diensthandlung noch in Zukunft vornehmen will und dadurch seine Dienstpflicht verletzen würde. Diese Vorschrift ist spiegelbildlich zur Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB mit dem einzigen Unterschied, dass hier der Vorteilsgeber und nicht der Amtsträger der Täter ist. 


Wie hoch ist die Strafe für Bestechung?

Ein Vorteilsgeber wird wegen Bestechung gemäß § 334 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Wird die Tat durch einen Richter nach § 334 Abs. 2 StGB begangen, so wird der Vorteilsgeber mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.


Was könnte die Polizisten und den Referenten nun erwarten?

Nach Angabe der Staatsanwaltschaft hat diese das Ermittlungsverfahren gegen die 17 Polizisten sowie den Referenten eingeleitet. Dabei werden nun Beweise gegen diese gesammelt. Je nach Ausgang des Ermittlungsverfahrens könnte dem Referenten eine Anklage wegen Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB für die mehrfachen Essenseinladungen der Polizisten im Gegenzug für die positiven Bewertung bevorstehen. Im Übrigen könnte auch den 17 Polizisten ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB bevorstehen, da sie sich mehrfach vom Referenten zu den Currywurst-Essen haben einladen lassen. Ob sie diesem dafür positive Bewertungen geschrieben haben, wird sich wohl im Laufe des Ermittlungsverfahrens klären. Ob letztlich angeklagt wird, hängt davon ab, ob am Ende des Ermittlungsverfahrens genügend Beweise gesammelt wurden, dass ein hinreichender Tatverdacht gegen die Beschuldigten vorliegt. Dies bleibt also abzuwarten. Jedenfalls dürften zumindest die Polizisten mit internen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen haben.


Was oft als eine nette Geste oder Aufmerksamkeit gedacht ist, kann sehr schnell sehr schwerwiegende Konsequenzen mit sich ziehen. Ehe man sich versieht, sieht man sich mit dem Strafverfolgungsapparat konfrontiert – auch wenn die finanzielle Zuwendung noch so klein ist. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, als Amtsträger im Zweifel gar keine finanziellen Zuwendungen oder ähnliche Vorteile anzunehmen, wenn sie einem in einem noch so unverfänglichen Kontext angeboten werden. Auf der anderen Seite sollte man sich im Umgang mit Amtsträgern immer vergegenwärtigen, dass selbst eine nett gemeinte Essenseinladung unter Umständen unter Strafe gestellt werden kann. Die Moral aus der verhängnisvollen Currywurst-Einladung ist also, dass man im Zweifel immer lieber für sich selbst zahlen sollte.

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