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Wiedergutmachung: Alle Konsequenzen für Opfer und Täter

  • 6 Minuten Lesezeit
Wiedergutmachung: Alle Konsequenzen für Opfer und Täter

Die Anerkennung begangenen Unrechts ist ein wesentlicher Schritt in Richtung Heilung und Versöhnung zwischen Täter und Opfer. Die Wiedergutmachung birgt im Schadensersatzrecht und Schmerzensgeldrecht sowohl Chancen als auch Risiken für die Beteiligten.  

Materielle und immaterielle Schadenswiedergutmachung sowie der Täter-Opfer-Ausgleich werden hier beleuchtet. Dieser Ratgeber bietet Ihnen einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen zum Täter-Opfer-Ausgleich im Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung. Das Gesetz enthält eine Vielzahl von Regelungen zur Wiedergutmachung. Für Opfer kann der Täter-Opfer-Ausgleich eine schnelle und unproblematische Wiedergutmachung ermöglichen, während er sich auch zugunsten des Täters auswirken kann. 

Die Bedeutung von Wiedergutmachung

Die strafprozessuale Wiedergutmachung im Strafverfahren soll nach dem strafbaren Verhalten eines Täters einen Schadensausgleich für das Opfer erzielen. Die Rechte von Verletzten werden durch opferfreundliche Gesetze gestärkt, die innerhalb der vergangenen zwanzig Jahre erlassen wurden. Ziel des Gesetzgebers ist es nicht nur, den Rechtsfrieden wiederherzustellen. Es soll außerdem der Opferschutz weiter ausgebaut werden, damit eine zeitgemäße Konfliktbewältigung möglich ist. Aus verschiedenen Gründen, wie z. B. mangelnder Akzeptanz und mangelnder Praktikabilität, kommen die Regeln jedoch nur eingeschränkt zum Einsatz. 

Die Wiedergutmachung wird im Strafrecht oft als Restitution bezeichnet und tritt häufig neben die staatliche Sanktion, also in der Regel eine Geld- oder Freiheitsstrafe gegen den Täter. Sie richtet ihren Blick speziell auf das Opfer und den durch die Straftat verursachten Schaden. 

Die grobe Struktur der Wiedergutmachung im Straf- und Strafverfahrensrecht

Ein hoffnungsvoller Aspekt der Wiedergutmachung liegt in den Chancen, die sie den Beteiligten bietet. Durch die Anerkennung von Unrecht und Leid können Brücken der Verständigung und Heilung entstehen. Die Bereitschaft zur Entschuldigung und zur Übernahme von Verantwortung stärkt das gegenseitige Vertrauen und fördert den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Für die Betroffenen bedeutet Wiedergutmachung oft auch eine Chance zur persönlichen Weiterentwicklung und zum inneren Frieden.*  

Mit der Wiedergutmachung im Strafrecht können unterschiedliche Ziele verfolgt werden.** Hier einige Beispiele: 

* vgl. Schöch, Heinz: Das Opfer im Strafprozess, in: Egg, R./Minthe, E. (Hrsg.): Opfer von Straftaten. Kriminologische, rechtliche und praktische Aspekte. Kriminologie und Praxis. Band 40, 2003.

** Riemann-Uwer, Anja: Der Tatausgleich nach § 155a StPO im Straf- und Strafverfahrensrecht, 2023.

Wiedergutmachung des erlittenen materiellen und immateriellen Schadens  

Das Opfer soll, soweit möglich, so gestellt werden, als wäre die Straftat nicht geschehen. Dieses Ziel kann zum Beispiel durch Schadensersatzleistungen oder Schmerzensgeld erreicht werden. 

Täter-Opfer-Ausgleich 

Hierbei handelt es sich um einen strafrechtlichen Vergleich, bei dem das Opfer eine Wiedergutmachung erhält und im Gegenzug auf weitere strafrechtliche Verfolgung nach § 153a Abs. 1 Nr. 5 Strafprozessordnung (StPO) verzichtet werden kann. Zugunsten des Täters kommt auch eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a Nr. 1 StGB infrage. Der Täter-Opfer-Ausgleich kann eine Möglichkeit sein, den Frieden zwischen Täter und Opfer wiederherzustellen. 

Gemeinnützige Arbeit 

Die Wiedergutmachung kann auch in Form von gemeinnütziger Arbeit nach § 153a Abs. 1 Nr. 3 StPO erfolgen, insbesondere bei geringfügigeren Straftaten. So kann der Täter seinen Schaden an dem Geschädigten und der Gesellschaft wiedergutmachen. 

Therapeutische Maßnahmen 

In bestimmten Fällen kann die Wiedergutmachung auch durch therapeutische Maßnahmen erreicht werden (§ 153a Abs. 1 Nr. 8 StPO), zum Beispiel durch Anti-Aggressions-Trainings für gewalttätige Täter. 

Vor- und Nachteile der Wiedergutmachung für den Täter

Durch Wiedergutmachungsmaßnahmen wird vorrangig das Opfer in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.* Ziel ist es, einen Ausgleich für das Unrecht zu schaffen, das dem Opfer zugefügt wurde, und gleichzeitig den Täter zur Verantwortung zu ziehen. Dies kann zur sozialen Reintegration des Täters und zur Wiederherstellung des sozialen Friedens beitragen. Aber nicht nur für das Opfer kann sich die Wiedergutmachung positiv auswirken. Auch für den Täter bietet der Täter-Opfer-Ausgleich Vor- und Nachteile.  

* Schroth/Schroth: Die Rechte des Verletzten im Strafprozess, 2018.

Vorteile für den Täter 

Zugunsten des Täters kann sich die Wiedergutmachung beispielsweise wie folgt auswirken: 

  • Einstellung des Strafverfahrens: Bereits nach § 153a Abs. 1 Nr. 5 StPO kann das Bemühen des Täters, mit dem Verletzten einen Ausgleich (Täter-Opfer-Ausgleich) zu erreichen, für die Einstellung des Strafverfahrens ausreichen, wenn er den Schaden wiedergutgemacht hat oder eine Wiedergutmachung anstrebt.

  • Beschleunigung des Verfahrens: Durch die Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a Abs. Nr. 5 StPO kann eine schnellere Verfahrensbeendigung erreicht werden. 

  • Möglichkeit der Vermeidung eines Hauptverfahrens: Wenn die Voraussetzungen für die Einstellung nach § 153a Abs. Nr. 5 StPO gegeben sind, kann ein aufwendiges Hauptverfahren vermieden werden (Wiedergutmachung statt Strafe). 
  • Verantwortungsbewusstsein: Durch den Wiedergutmachungsprozess wird das Verantwortungsgefühl des Täters zugunsten des Opfers gestärkt, da er die Folgen seiner Tat unmittelbar erlebt und für deren Behebung sorgen muss.

Nachteile für den Täter 

Die Wiedergutmachung kann sich für den Täter allerdings auch negativ auswirken: 

  • Verzicht auf eine gerichtliche Prüfung: Bei einer Einstellung nach § 153a Abs. Nr. 5 StPO kommt es nicht zu einer gerichtlichen Überprüfung der Schuldfrage. Dies kann zu Unzufriedenheit bei den Betroffenen führen. 
  • Mangelnde Transparenz: Da über die Einstellung nach dieser Vorschrift im Rahmen eines nicht öffentlichen Verfahrens entschieden wird, fehlt es an Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Öffentlichkeit und den Täter. Eine Schuldfeststellung beziehungsweise die Nichtfeststellung der Schuld zugunsten des Täters durch Urteil erfolgt nicht. 
  • Risiko unzureichender Aufklärung: Es besteht das Risiko, dass bei einer Einstellung gemäß § 153a Abs. Nr. 5 StPO relevante Aspekte nicht ausreichend aufgeklärt werden, was zu einer unvollständigen Wahrheitsfindung führen kann. 

Bitte beachten Sie, dass die konkreten Vor- und Nachteile von § 153a Abs. Nr. 5 StPO auch von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängen und an dieser Stelle nur ein kurzer Überblick gewährt werden kann. 

Vor- und Nachteile der Wiedergutmachung zugunsten des Opfers

Der Täter-Opfer-Ausgleich spielt für das Opfer eine bedeutende Rolle im Bereich des Strafrechts, insbesondere bei der Wiedergutmachung des erlittenen Schadens. Entsprechend hat der Gesetzgeber reagiert und in § 155a StPO geregelt, dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit prüfen sollen, ob ein Ausgleich zwischen dem Verletzten und dem Beschuldigten möglich ist. In geeigneten Fällen sollen sie sogar auf einen Ausgleich zwischen den Beteiligten hinwirken.  

Vorteile für das Opfer 

Im Folgenden werden einige Vorteile der Schadenswiedergutmachung zugunsten der Gewaltopfer aufgeführt: 

  • Wiedergutmachung: Der Täter-Opfer-Ausgleich ermöglicht die direkte Wiedergutmachung des erlittenen Schadens durch den Täter zugunsten des Opfers, was oft wirkungsvoller ist als eine herkömmliche Bestrafung. Diese sieht nur Geld- oder Freiheitsstrafe vor. Häufig kommt die Verurteilung des Täters dann meistens der Staatskasse und nicht dem Geschädigten zugute.*  
  • Versöhnung: In vielen Fällen kann dieser Ansatz zu einer Versöhnung zwischen Täter und Opfer führen und somit auch zum gesellschaftlichen Frieden beitragen. Das gilt insbesondere dann, wenn sich Täter und Opfer bereits vor der Tat kannten und zwischen den Beteiligten eine persönliche Beziehung besteht. 
  • Progressives Justizsystem: Die Implementierung des Täter-Opfer-Ausgleichs zeigt ein fortschrittliches Justizsystem, das auf Versöhnung und Wiedergutmachung statt auf Vergeltung setzt. So bleibt dem Opfer häufig auch eine Retraumatisierung erspart, weil es nicht mehr in einer öffentlichen Hauptverhandlung als Zeuge aussagen muss.**

** Graf, BeckOK-StPO, § 153a, Rn. 35.

Nachteile für das Opfer 

Auch für das Opfer kann eine Wiedergutmachung negative Konsequenzen haben: 

  • Abhängigkeit von der Täter-Kooperation: Der Erfolg des Täter-Opfer-Ausgleichs hängt stark von der Bereitschaft des Täters ab, mitzuarbeiten. 
  • Mangelnde Gerechtigkeitsempfindung beim Opfer: In einigen Fällen kann das Opfer das Gefühl haben, dass das durch einen Täter-Opfer-Ausgleich erreichte Ergebnis unzureichend oder ungerecht ist. 
  • Nicht für alle Arten von Kriminalität geeignet: Obwohl der Täter-Opfer-Ausgleich bei vielen Arten von Kriminalität wirksam sein kann, ist er nicht für alle geeignet, insbesondere nicht für schwerwiegende Verbrechen wie Gewalttaten. 
  • Risiko der Manipulation: Es gibt das Risiko, dass der Täter dieses System manipulieren könnte, um einer härteren Bestrafung zu entgehen. 

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Abschließend möchte ich Sie daran erinnern, dass die konkreten Vor- und Nachteile einer Wiedergutmachung stark von den individuellen Umständen des jeweiligen Falls abhängen. Daher ist es unerlässlich, sich an einen qualifizierten Rechtsberater zu wenden, um alle Aspekte sorgfältig zu prüfen.  

Denken Sie daran, dass es immer ratsam ist, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, um herauszufinden, ob eine Wiedergutmachung im konkreten Fall möglich und sinnvoll ist. Lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern bleiben Sie informiert und lassen Sie sich professionell beraten.

Foto(s): ©Adobe Stock/Cultura Creative

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