Wirksamer Widerruf eines Kfz-Kaufvertrages nach 1 Jahr

  • 2 Minuten Lesezeit

Worum geht es bei diesem Fall?

Der Kläger hat einen gebrauchten Pkw bei einem Händler gekauft. Die Verhandlungen über den Kaufvertrag erfolgten ausschließlich telefonisch. Das Auto wurde zu dem Kläger nach Hause geliefert.Dort unterschrieb er den Kaufvertrag und einen Darlehensvertrag für die Finanzierung des Fahrzeugs.
Dem Darlehensvertrag war eine Belehrung über das Widerrufsrecht beigefügt, dem Kaufvertrag war eine solche Belehrung nicht beigefügt.
3 Darlehensraten hat der Kläger bezahlt. Nach einem knappen Jahr - noch innerhalb der Frist von 12 Monaten und 14 Tagen - hat der Kläger den Kaufvertrag widerrufen.


In seinem Urteil vom 22.09.2020, 5 O 2947/19 hat das Landgericht Braunschweig den wirksamen Widerruf bestätigt.

Warum ist der Widerruf möglich? 

Der Kläger handelte als Verbraucher. Der Abschluss des Kaufvertrages erfolgte an seinem Wohnsitz, also außerhalb der Geschäftsräume des Autohauses.
Somit sind die Vorschriften des § 356 BGB anzuwenden und ein Verbraucher muss vom Unternehmer zwingend über die Möglichkeiten des Widerruf belehrt werden.

Erfolgt eine solche Belehrung nicht, beginnt die Widerrufsfrist zunächst auch nicht zu laufen.

§ 356 BGB regelt, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt, solange der Unternehmer den Verbraucher nicht entsprechend belehrt.

Erst 12 Monate und 14 Tage nach Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger erlischt das Widerrufsrecht.Solange kann der Kläger den Kaufvertrag widerrufen.

Der Widerruf ist deshalb möglich, weil der Kaufvertrag 

  • am Wohnsitz des Klägers, also außerhalb von Geschäftsräume geschlossen wurde, und
  • der Kläger über sein Recht zum Widerruf des Kaufvertrages vom Autohaus nicht ordentlich belehrt wurde.


Welche Folgen hat der Widerruf 

1. für den Käufer

Der Käufer kann sich durch den Widerruf ohne finanzielle Folgen vom Kaufvertrag und vom Darlehensvertrag lösen.Die Darlehensraten muss er nicht mehr bezahlen. Außerdem kann er bereits gezahlte Darlehensraten zurückverlangen.Das Auto inklusive Schlüssel und Papiere muss er zurückgeben.

2. für den Verkäufer? 

Das Autohaus muss das Fahrzeug zurücknehmen und bereits erhaltene Darlehensbeträge an den Käufer zurückzahlen. Der Verkäufer hat keine Ansprüche auf Wertersatz gegen den Käufer, da der Vertrag vom 1. Tag an als nicht zustande gekommen anzusehen.

3. für die Bank? 

Die Bank hat keinen Zahlungsanspruch gegen Käufer auf die Darlehensraten oder die Zinsen.


Wie hätte das Autohaus diese Folgen vermeiden können? 

Das Autohaus hätte diese gravierenden Folgen dadurch abwenden können, dass es den Käufer ordentlich über dessen Widerrufsrecht belehrt hätte.

Vertragsabschlüsse mit einem Verbraucher außerhalb von den eigenen Geschäftsräumen unterliegen anderen Regeln, als Vertragsabschlüsse im Autohaus.

Der Käufer muss in solchen Fällen sorgfältig belehrt werden, dass ihm- für den Kaufvertrag und - für den Darlehensvertragein Widerrufsrecht zusteht.

Hätte das Autohaus dies beachtet, wäre der Käufer an die beiden Verträge gebunden gewesen, ihm hätte dann nur das 14-tägige Widerrufsrecht zugestanden.


LG Braunschweig, Urteil vom 22.09.2020, 5 O 2947/19


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Stefanie Helzel

Beiträge zum Thema