Zielprämisse 11: Mitarbeiterbindung und Vorteile bei der Mitarbeitergewinnung durch bAV
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Ausgehend von meinem Rechtstipp zur Entscheidungsfindung auf Basis der unternehmerischen Zielprämissen bei der Wahl der Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge, habe ich in verschiedenen Rechtstipps einige Zielprämissen beurteilt und erläutert.
Ein ganz wichtiger Effekt und auch Motivator bei der Einrichtung eines betrieblichen Versorgungswerkes ist das Thema Mitarbeiterbindung und Vorteile bei der Mitarbeitergewinnung.
1. Wie entstehen Mitarbeiterbindungseffekte in der betrieblichen Altersvorsorge?
Mitarbeiterbindung ergibt sich aus meiner Erfahrung zum einen aus der Effizienz eines Versorgungssystems im Vergleich zu Versorgungssystemen von Wettbewerbern. Mit welchen Aufwand erhält man welche Leistung? Je höher die Leistung bei gleichem Aufwand, je großzügiger der Arbeitgeberzuschuss, desto attraktiver ist das Versorgungssystem (siehe hierzu auch meinen Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/richtige-wahl-von-zusagezins-und-arbeitgeberzuschuss-bei-der-pauschaldotierten-unterstuetzungskasse_182601.html) Zusagen, die eine Kapitalzahlung vorsehen, werden von vielen Mitarbeitern gegenüber Renten bevorzugt.
2. Mitarbeiterbindung durch versicherungsförmige Konzepte, Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds
Versicherungsförmige Versorgungssysteme können dem Grunde nach grundsätzlich als gleichwertig angesehen werden, unabhängig von der jeweiligen Gesellschaft. Verschiedene Anbieter und Versicherungsgesellschaften führen lediglich zu minimalen Unterschieden und haben teilweise auch unterschiedliche Reputation am Markt. Entscheidungserheblich dürften diese Unterschiede jedoch nicht sein. Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfond werden von den Mitarbeitern als Versicherung empfunden und dabei je nach persönlicher Erfahrung psychologisch bereits entsprechend eingeordnet. Arbeitgeberzuschüsse sind bei diesen Durchführungswegen zwar verpflichtend (bei Neuzusagen sofort, bei Altzusagen erst ab 2022). Aber auch diese Zuschüsse gleichen meist nicht einmal die hohe Kostenbelastung, die bei Versicherungsverträgen entstehen und führen auch nicht dazu, dass die Eigenbeiträge der Mitarbeiter zumindest ab Beginn der Einzahlung vorhanden sind. Höhere Zuschüsse sind für den Unternehmer teuer und führen auch zu Liquiditätsabflüssen. Unternehmen sind selten bereit, die gesetzlichen Vorgaben zum Zuschuss von 15 % freiwillig zu überschreiten. Der gesetzliche Zuschuss gleicht regelmäßig nicht einmal die hohen Abschluss- und Verwaltungskosten aus, die den jeweiligen Versicherungsvertrag der Mitarbeiter belasten.
3. Mitarbeiterbindung bei versicherungsfreien, unternehmerischen Systemen wie Direktzusage und pauschaldotierte Unterstützungskasse
Mitarbeiterbindung und -motivation wird in diesem Zusammenhang über zwei Wege erreicht. (siehe zu dieser Thematik auch meinen Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-aus-arbeitnehmersicht_181298.html)
Zum einen führt bereits die für diese Systeme typische Kostenübernahme durch den Arbeitgeber zu deutlich höheren Leistungen für den Arbeitnehmer. Dies gilt unabhängig davon, ob Kapitalleistungen oder Rentenzahlungen gewährt werden. Bei Rentenzahlungen und Rentenfaktoren, die nicht wie bei Versicherungen oft üblich, auf das 108. oder gar 120. Lebensjahr als Durchschnittsalter abzielen, ist der Effekt noch viel größer.
Mitarbeiter müssen in einem anderen Unternehmen schon signifikant mehr verdienen, um sich solche Versorgungen versicherungstechnisch leisten zu können.
Zum anderen wird Mitarbeiterbindung und -motivation auch durch großzügige arbeitgeberfinanzierte Zuschüsse erreicht. Hier kann man verschiedene Regelungen finden, in Abhängigkeit des Umwandlungsbetrages von der Betriebszugehörigkeit o. ä. Für die Motivation wichtig ist natürlich auch, dass das System den Mitarbeitern in einem entsprechenden Rahmen vorgestellt wird. Fakt ist, dass die Wirkungsmechanismen Möglichkeiten eröffnen, Gehaltsbestandteile, unabhängig ob arbeitnehmer- oder arbeitgeberfinanziert, in effizienter Form den Mitarbeitern zukommen zu lassen.
Aus meiner Sicht ist es aus sozialer Verantwortung erforderlich, allen Mitarbeitern die betriebliche Altersversorgung zukommen zu lassen und diese entsprechend zu gestalten, so dass Mitarbeiter, wenn sie nicht ausschließlich arbeitgeberfinanziert versorgt werden sollen, zumindest einen großen Anreiz haben, etwas für ihre Versorgung zu tun. (siehe hierzu meine Rechtstipps: Betriebsrente zum Nulltarif https://www.anwalt.de/rechtstipps/betriebsrente-zum-nulltarif_181938.html und zu den Arbeitgeberzuschüssen https://www.anwalt.de/rechtstipps/richtige-wahl-von-zusagezins-und-arbeitgeberzuschuss-bei-der-pauschaldotierten-unterstuetzungskasse_182601.html).
Unternehmerische Systeme wie die Direktzusage oder auch die pauschaldotierte Unterstützungskasse bieten regelmäßig zu jedem Zeitpunkt deutlich höhere Ansprüche der Mitarbeiter. Dies liegt an der Kostentragung des Arbeitgebers, was dazu führt, dass in den ersten Jahren teilweise 100,0 % höhere Ansprüche bestehen. Selbst bei einem vom Arbeitgeber zugesagten Zins von 1,25 %, ergeben sich deshalb auch zum Schluss deutlich höhere Leistungen. Diese dürften rund 50,0 % höher sein aufgrund der Kostenbelastung bei Versicherungsprodukten von häufig 25- 30 %. Einen Vergleich der Garantieleistungen kann man jederzeit selbst vornehmen oder entsprechend prüfen lassen. Grundsätzlich sind hier sowohl bei Direktzusagen als auch bei der pauschaldotierten Unterstützungskasse die gleichen Zusageformen möglich. In beiden Fällen kann der Arbeitgeber einen zugesagten Zins nach seiner Leistungsfähigkeit und seiner Erwartungshaltung festsetzen.
Ein weiterer wichtiger Baustein in der Mitarbeiterbindung sind aber die Arbeitgeberzuschüsse. Während bei Versicherungsprodukten die Arbeitgeberzuschüsse abfließen, meist sogar in den gleichen Vertrag und so auch keine Fluktuationsgewinne entstehen können, sind bei unternehmerischen Modellen regelmäßig höhere Zuschüsse möglich, da Liquidität hier nicht abfließt, sondern nur zu einem steuerlichen Aufwand führt, der wiederum zu neuem Liquiditätszufluss durch Steuerersparnisse führt. Bei Gestaltung in getrennten Zusagen kommt es bei Ausscheiden innerhalb der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen für arbeitgeberfinanzierte Zusagen, derzeit 3 Jahre, zu Fluktuationsgewinnen. Im Fall der Direktzusage ist die entsprechende Rückstellung so anteilig aufzulösen, im Fall der pauschaldotierten Unterstützungskasse bleibt der Steuervorteil konserviert und steht für die anderen Mitarbeiter zur Verfügung.
Interessante effiziente Vorteile einer unternehmerischen Lösung ergeben sich auch daraus, dass - soweit Renten beabsichtigt sind - diese regelmäßig deutlich höher ausfallen, als bei Versicherungslösungen. Während bei Versicherungen oft Rentenfaktoren von weit über 30 (Kapital : 30 = Jahresrente) zum Einsatz kommen, wird bei Direktzusagen und pauschaldotierter Unterstützungskasse das regelmäßig deutlich höhere Kapital durch einen deutlich geringeren Rentenfaktor nach Vorgabe des Unternehmens (13, 14, 15, 16 o. ä.) dividiert, so dass sich deutlich höhere Renten und damit deutlich größere Vorteile bei der Mitarbeiterbindung und Fachkräftegewinnung ergeben. In Hochrechnungen zeigen sich diese Effekte hinsichtlich ihrer Auswirkungen dann sehr gut. Bei der pauschaldotierten Unterstützungskasse sind Unterdeckungen (Lastwert) im Anhang anzugeben.
Hinweis: Renten sind grundsätzlich nur bei großen Unternehmen zu empfehlen. Kleine Unternehmen haben mit Kapitalzusagen größere Planungssicherheit. Zumindest eine dem Arbeitgeber mögliche Kapitaloption sollte vereinbart werden.
Besonders positiv wird bei Mitarbeitern der Insolvenzschutz durch den Pensions-Sicherungs-Verein gesehen und bewertet.
Eine Übersicht zu den einzelnen Zielprämissen finden Sie in den Entscheidungshilfen pauschaldotierte Unterstützungskasse oder versicherungsförmige bAV: https://www.anwalt.de/rechtstipps/entscheidungshilfen-fuer-eine-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-oder-versicherungsfoermige-loesung_181095.html
4. Fazit
Mitarbeiterbindung ist bei entsprechender Ausgestaltung und großzügiger Bemessung des Arbeitgeberzuschusses partiell auch bei versicherungsförmigen Systemen möglich.
Unternehmerische Systeme eröffnen jedoch weitere Möglichkeiten und haben auch eine erhebliche psychologische Wirkung aufgrund der Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen und der Wahrnehmung des eigenen Betriebsrentenmodells, hinter dem der Chef steht und welches dieser als integralen Baustein in sein Vergütungssystem eingebaut hat.
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