Zulässigkeit der Kündigung bei Verstoß eines Arbeitnehmers gegen Corona-Schutzvorschriften

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Das Corona- Virus hat nicht nur unser aller Privatleben erheblich verändert, sondern hat auch maßgeblichen Einfluss auf das Arbeitsleben. Obwohl die täglichen Infektions – und Todeszahlen eine deutliche Sprache sprechen, gibt es eine nicht unerhebliche Anzahl an Personen, die (bestenfalls) aus Nachlässigkeit, (schlimmstenfalls) auch noch aus Überzeugung die Existenz des Virus leugnen und sich nicht an die Corona-Schutzvorschriften halten.

 Damit drängt sich aber die Frage auf, wie Arbeitgeber mit solchen Arbeitnehmern umzugehen haben und umgehen können, da über ihnen das Damoklesschwert der eigenen zivilrechtlichen als auch strafrechtlichen Haftung bis hin zur existenzbedrohenden Betriebsschließung schwebt, wenn sie nichts gegen die Verweigerungshaltung ihrer Arbeitnehmer unternehmen.

 1. Zunächst wird klargestellt, dass jeder Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB im Rahmen des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme auch zahlreiche Nebenpflichten trägt, und zwar nicht nur gegenüber dem Arbeitgeber, sondern auch gegenüber den Kollegen.

 Dementsprechend hat jeder Arbeitnehmer u.a. Unfallverhütungs- und Arbeitssicherheitsvorschriften im Betrieb zu beachten. Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 ArbSchG ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, nach seinen Möglichkeiten sowie Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für seine eigene Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 ArbSchG wird diese vertragliche Rücksichtnahmepflicht auch gegenüber den Arbeitskollegen begründet. Arbeitnehmer haben danach für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind. Hierzu gehört auch die Verpflichtung, die Anweisungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen zu befolgen.

Damit ist die Verpflichtung eines jeden Arbeitnehmers, sowohl sich als auch die Arbeitskollegen zu schützen, gesetzlich normiert.

 2. Verstößt der Arbeitnehmer gegen diese Weisungen, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, da aufgrund der evidenten allgemeinen schweren Auswirkungen einer Coronainfektion sich eine erhebliche Gefahr aus dem Pflichtverstoß objektiv zu verwirklichen droht. Zu einem tatsächlichen Schaden, d. h. einer Infektion bei anderen Arbeitnehmern oder Dritten, kommt es vorliegend nicht an.

 a) Der Arbeitgeber kann auch nicht auf den Ausspruch einer fristgerechten Kündigung verwiesen werden, da es ihm nicht zuzumuten ist, das unüberschaubar hohe Infektionsrisiko bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu dulden.

 aa) Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Arbeitnehmer schon aufgrund der Struktur seines Arbeitsplatzes keinen Kontakt zu Arbeitskollegen oder sonstigen Dritten aus dem Umfeld des Arbeitgebers hat oder aber noch so viele Resturlaubsansprüche besitzt, dass damit die Kündigungsfrist ausgeschöpft würde.

 bb) Selbst wenn eine Versetzung des Arbeitnehmers ins Home-Office aufgrund des Tätigkeitsbildes möglich wäre, so hat der Arbeitnehmer noch nicht mal während der Kündigungsfrist einen Anspruch hierauf, da der Arbeitgeber andernfalls keine Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme zum Arbeitnehmer hat, soweit dies erforderlich wäre. Dementsprechend kommt weder die Versetzung ins Home-Office statt Ausspruch einer Kündigung in Betracht noch als Argument, dass es dem Arbeitgeber zumutbar wäre, den Arbeitnehmer noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

 b) Auch eine Abmahnung ist nicht zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Kündigung.

 Natürlich muss der Verstoß gegen die Corona-Schutzvorschriften durch den Arbeitnehmer so gravierend sein, dass eine künftige gedeihliche Fortführung des Arbeitsvertrages ausgeschlossen erscheint.

Ist aber von Anfang an bereits ersichtlich, dass die Abmahnung nicht zur einer Verhaltensänderung beim Arbeitnehmer führt oder aber der Pflichtenverstoß so schwerwiegend, dass kein Arbeitnehmer mit einer Billigung seines Verhaltens durch den Arbeitgeber rechnen kann, kann der Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen.

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer evident bewusst gegen Corona-Vorschriften verstößt um andere Arbeitnehmer zu infizieren, indem er diese gezielt anhustet oder anniest. Eine Abmahnung ist auch dann nicht erforderlich, wenn ein die Existenz des Coronavirus leugnender Arbeitnehmer nicht nur gegen die Corona-Schutzvorschriften im Betrieb verstößt, sondern auch noch danach weiter offen an seiner Überzeugung festhält.

Gleiches gilt ebenfalls dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer versucht, Arbeitskollegen im Unternehmen davon zu überzeugen, dass es das Corona-Virus nicht gibt. In diesem Fall ist eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung entbehrlich, da sie ihre Warnfunktion nicht erfüllen kann.

 3. Selbst Verstöße gegen Corona-Schutzvorschriften in der Freizeit können dann, wenn der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangt, diesen zum Ausspruch einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen.

In diesem Fall hängt es nur davon ab, ob das Verhalten des Arbeitnehmers in seiner Freizeit negative Auswirkungen auf den Betrieb des Arbeitgebers hat und seine berechtigten Interessen oder die anderer Arbeitnehmer verletzt werden.

Solche liegen dann vor, wenn Arbeitnehmer Ordnungswidrigkeiten im Sinne des § 73 Abs. 2 IfSG begeht, also entgegen den Corona-Schutzverordnungen der Länder an einer Zusammenkunft oder Ansammlung im öffentlichen Raum beteiligt ist, trotz bestehender Verpflichtung keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt oder mit dem Ziel  einer Infizierung an Corona-Partys teilnimmt.

Auch in diesem Fall gilt, dass eine Abmahnung dann entbehrlich ist, wenn der Arbeitnehmer uneinsichtig bleibt.



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