Zwischen Kündigung und neuer Stelle - Annahmeverzugslohnansprüche des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess

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Legt ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung binnen drei Wochen Klage ein, überprüft das Gericht die Wirksamkeit dieser Kündigung. Die meisten dieser Klagen werden innerhalb weniger Wochen durch Zahlung eines Vergleichsbetrags erledigt. Kommt ein solcher Vergleich allerdings nicht zu Stande, dauert es bis zur Entscheidung ein paar Monate, bis zu einer endgültigen Entscheidung auch länger. Arbeitsleistung wird in dieser Zeit in aller Regel nicht mehr erbracht. Erklärt das Gericht die Kündigung allerdings für unwirksam, kann der Arbeitnehmer das Gehalt für diesen Zeitraum geltend machen. Da der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht angenommen hat, heißt dieser Anspruch Annahmeverzugslohn.


Wann wird Annahmeverzugslohn gezahlt - und wann nicht?


Grundsätzlich besteht der Anspruch für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits. Der Arbeitnehmer soll aus dieser Regelung allerdings keinen Profit schlagen, deshalb muss er sich den Betrag anrechnen lassen,


  1. den er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
  2. den er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
  3. der ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt wurde.


Ausgenommen von dieser Anrechnungsregel ist der Betrag, den der Arbeitnehmer auch hätte verdienen können, hätte er die bisherige Arbeitsleistung ebenfalls noch erbracht („sowieso-Vergütung“). Verdient der Arbeitnehmer also „hinzu“, z.B. im Rahmen eines Minijobs in den Abendstunden, wenn auf der bisherigen Stelle die Arbeitszeit vormittags lag, ist dieses Einkommen nicht auf den Annahmeverzugslohn anzurechnen.


Wo beginnt „böswilliges Unterlassen“ von Zwischenverdienst?


Wie oben erläutert wird dem Arbeitnehmer derjenige Betrag auf den Annahmeverzugslohn angerechnet, den er böswillig zu erwerben unterlässt. Das bedeutet, dass ohne ausreichenden Grund die Chance auf eine anderweitige Anstellung abgelehnt oder vorsätzlich behindert wird. Doch diese Pflicht führt noch weiter: Der Arbeitnehmer darf sich auch nicht darauf beschränken, tatenlos die Hände in den Schoß zu legen und den Ausgang des Rechtsstreits abzuwarten. Vielmehr hat dir das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2020 konkretisiert, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich arbeitssuchend zu melden und dem Arbeitgeber über ihm zugeleitete Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit Auskunft zu erteilen (BAG, Urteil vom 17.05.2020, Az. 5 AZR 387/19). Bei Unterlassen oder Verweigerung kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn vollständig verlieren (siehe auch LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2021, Az. 10 Sa 15/21).


Noch ungeklärt ist, ob über die Arbeitssuchendmeldung und Auskunft über die erhaltenen Vermittlungsvorschläge hinaus durch den Arbeitnehmer Anstrengungen nachzuweisen sind, also Bemühungen um eine neue Stelle durch Eigeninitiative. Hierzu ist die weitere Rechtsprechung abzuwarten.


Weitere Hinweise zum Thema und zum Urteil können Sie hier in der Langversion unseres Blogbeitrags nachlesen.


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