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Arbeitsunfall bei Tagung – 2 Promille kein Hindernis

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Die gesetzliche Unfallversicherung ist nicht nur für Unfälle am Arbeitsplatz zuständig, sondern auch wenn auf einer Dienstreise oder dem Arbeitsweg etwas passiert. So entschied das Sozialgericht (SG) Heilbronn, dass der nächtliche Sturz eines Betriebsratsmitgliedes im Rahmen einer Tagung als Arbeitsunfall anzuerkennen war.

Nächtlicher Sturz im Tagungshotel

Der 58-Jährige war bei einem großen Konzern aus dem Raum Stuttgart beschäftigt und hatte an einer dreitägigen Betriebsräteversammlung in Bad Kissingen teilgenommen. Der offizielle Teil war am ersten Abend gegen 19:30 Uhr beendet. Nach Mitternacht war der Mann im Treppenhaus seines Hotels gestürzt, wobei sich der genaue Unfallhergang wohl nicht rekonstruieren ließ.

Fest steht, dass der Betroffene knapp 2 Promille Alkohol im Blut hatte, als er dort gegen 01:00 Uhr bewusstlos aufgefunden wurde. Aufgrund seiner Kopf- und Lungenverletzungen musste er noch in der Nacht in die Notaufnahme gebracht werden. Er hat wohl bis heute an Schmerzen und Konzentrationsstörungen zu leiden.

Berufsgenossenschaft lehnte Anerkennung ab

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Der Unfall habe sich nicht bei einer versicherten betrieblichen Tätigkeit ereignet. Dagegen spreche auch die erhebliche Alkoholisierung, durch die der Betroffene den Unfall wohl selbst verschuldet hat.

Der Mann wehrte sich gegen den ablehnenden Bescheid und hatte mit seiner Klage vor dem SG Heilbronn Erfolg: Die Berufsgenossenschaft wurde verurteilt, den Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Gericht ging von einem geselligen Beisammensein im Anschluss an die offizielle Tagung aus, bei dem auch weiterhin teilweise betriebliche Angelegenheiten besprochen wurden.

Versicherungsschutz trotz Alkoholisierung

Bei solchen Veranstaltungen ist laut Urteil eine strikte Trennung zwischen Beruflichem und Privatem in der Regel nicht möglich. Den Weg ins Hotelzimmer hielt das Gericht im Ergebnis als unvermeidlichen „Arbeitsweg“ für unfallversichert.

Daran ändert auch der vorangegangene erhebliche Alkoholkonsum nichts. Insbesondere war nicht nachgewiesen, dass der Treppensturz wesentlich auf die Alkoholisierung zurückzuführen war. Ausfallerscheinungen wie Torkeln oder Schwanken waren bei dem Betroffenen schließlich zuvor nicht beobachtet worden. Auch gelten für Fußgänger keine festen Promillegrenzen wie etwa im Straßenverkehrsrecht.

Laut Gericht wurde das Urteil den Beteiligten erst vor Kurzem zugestellt, sodass dagegen noch Berufung eingelegt werden kann. Die Frist dafür beträgt grundsätzlich einen Monat.

(SG Heilbronn, Urteil v. 28.05.2014, Az.: S 6 U 1404/13 – nicht rechtskräftig)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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