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Betriebsratsmitglied: Nachtzuschlag trotz Tagschicht?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Ein Betriebsrat soll gegenüber dem Arbeitgeber die Interessen der Beschäftigten vertreten. Dabei ist manchmal Stress mit dem Chef vorprogrammiert, was den Arbeitgeber aber nicht berechtigt, unliebsame und im Betriebsrat tätige Mitarbeiter loszuwerden bzw. sie absichtlich gegenüber anderen Angestellten zu benachteiligen. So unterliegen Betriebsratsmitglieder etwa einem besonderen Kündigungsschutz nach § 15 I Kündigungsschutzgesetz, wonach eine ordentliche Kündigung bis zu einem Jahr nach Beendigung der Betriebsratstätigkeit unzulässig ist. Ob ein Beschäftigter einen Nachtzuschlag verlangen kann, obwohl er wegen seiner Betriebsratstätigkeit nachts gar nicht mehr gearbeitet hat, musste kürzlich das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entscheiden.

Führt Schichtwechsel zum Verlust der Nachtzuschläge?

Der Angestellte eines Unternehmens war in der Abteilung Logistik tätig, und begann mit seiner Tätigkeit - wie alle Beschäftigten in der Abteilung - überwiegend um vier Uhr morgens, während der Großteil der restlichen Belegschaft des Unternehmens erst um ca. zehn Uhr mit der Arbeit anfing. Aufgrund des geltenden Manteltarifvertrages wurde etwa für Nachtarbeit - die zwischen 19.30 Uhr und sechs Uhr morgens erbracht wurde - ein Nachtzuschlag bezahlt.

Als der Beschäftigte nach über einem Jahr zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt wurde, vereinbarte er mit seinem Chef, dass er täglich für 3,5 Stunden von der Arbeit befreit würde, um seiner Betriebsratstätigkeit nachgehen zu können, und die Arbeitszeit erst um sechs Uhr beginnen sollte, damit eine bessere Kontaktaufnahme durch seine Kollegen sichergestellt sei. Einige Monate später verlangte er die Zahlung von Nachtzuschlägen. Der Chef lehnte das ab und gab an, dass der Mitarbeiter seit seiner Betriebsratstätigkeit nachts nicht mehr gearbeitet habe, die mit der Nachtarbeit verbundenen Nachteile also auch nicht ausgeglichen werden müssten. Alles andere würde zu einer Bevorzugung des Betriebsratsmitglieds gegenüber den anderen Arbeitnehmern führen. Der Streit endete vor Gericht.

Arbeitgeber zur Zahlung der Nachtzuschläge verpflichtet

Das LAG Köln bejahte einen Anspruch des Betriebsratsmitglieds gemäß § 37 II i.V.m. IV BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) und den Bestimmungen des Manteltarifvertrags. Danach darf Betriebsratsmitgliedern der Lohn nicht gemindert werden, wenn sie von ihrer regulären Arbeit zum Zweck der Betriebsratstätigkeiten freigestellt wurden. Ein anderes Ergebnis würde dazu führen, dass die Mitarbeiter aus Angst vor Lohneinbußen nicht mehr bereit wären, Betriebsratsmitglieder zu werden.

Schließlich gehören zu dem Arbeitsentgelt nach § 37 BetrVG nicht nur das Grundgehalt, sondern z. B. auch Zuschläge bzw. Zulagen, die Beschäftigte ohne ihre Stellung als Betriebsratsmitglieder erhalten hätten. Wäre der Arbeitnehmer vorliegend also nicht zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden, hätte er weiterhin Nachtarbeit leisten müssen und damit Anspruch auf einen Nachtzuschlag gehabt. Einem Betriebsratsmitglied dürfen aber auch keine Vorteile aus der Regelung des § 37 BetrVG erwachsen. Daher wurde überprüft, welche Ansprüche die mit ihm vergleichbaren Beschäftigten haben. Als Vergleichsgruppe konnten vorliegend die Kollegen aus der Abteilung Logistik herangezogen werden, die nicht jeden Tag um vier Uhr mit der Arbeit anfangen mussten. Daher durfte der Betriebsratsvorsitzende auch nicht für jeden Arbeitstag einen Nachtzuschlag verlangen.

Zwar musste er aufgrund des Schichtwechsels die Nachteile der Nachtarbeit nicht mehr hinnehmen; das spielte aber für einen Anspruch aus § 37 BetrVG keine Rolle. Schließlich sind Nachtzuschläge vom Chef auch ohne einen nachweisbaren Aufwand des Mitarbeiters während der Nachtarbeit zu zahlen. Anderes würde etwa gelten, wenn das Betriebsratsmitglied einen Aufwendungsersatz verlangt hätte. Ein Ausgleich wäre hier nämlich nur zulässig, wenn dem Mitarbeiter die Aufwendungen tatsächlich entstanden sind, wie z. B. beim Fahrgeld. Letztendlich hat er die Schicht auch nicht aus privaten, sondern aus betrieblichen Gründen gewechselt. Denn er wollte, dass auch die Kollegen, die erst um zehn Uhr mit der Arbeit beginnen, bei Problemen zu ihm kommen können, was ohne den Schichtwechsel aber nur unter erschwerten Bedingungen möglich gewesen wäre.

(LAG Köln, Urteil v. 19.12.2013, Az.: 12 Sa 682/13)

(VOI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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