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Blitzlicht Arbeitsrecht: Aktuelle Urteile zu Leiharbeit, Ein-Euro-Job und Schwarzarbeit

  • 4 Minuten Lesezeit
Monique Michel anwalt.de-Redaktion
Vor dem Hintergrund des derzeitigen wirtschaftlichen Aufschwungs haben sich auch die Zahlen auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Nicht zu vergessen ist dabei die zunehmende Zahl von befristeten Arbeitsverträgen oder Arbeitnehmern, die als "Leiharbeiter" über Zeitarbeitsfirmen beschäftigt sind und die Empfänger von ALG II, die nicht von der Statistik erfasst werden, wenn sie einen Ein-Euro-Job haben. Und auch Schwarzarbeit hat immer Konjunktur. Anlass genug für die anwalt.de-Redaktion, heute drei hoch aktuelle Urteile der Arbeits- und Sozialgerichte zu diesen Themen vorzustellen.

[image] "Equal-Pay" für Leiharbeiter

Arbeitnehmer, die über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt werden, haben keinen Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen, in dem sie eingesetzt werden und erhalten ihren Lohn nur von der Zeitarbeitsfirma, die sie vermittelt. Neben der Möglichkeit, die Tätigkeit eines Leiharbeiters jederzeit flexibel beenden zu können ist ein entscheidender Vorteil für die "entleihenden" Unternehmen die Kostensenkung. Denn das Entleihen eines Arbeitnehmers ist fast immer billiger als die Beschäftigung eines fest angestellten Mitarbeiters.

Zuletzt hatte bereits die EU angekündigt, als Gegenmaßnahme den Zeitarbeitern nach sechs Wochen am neuen Arbeitsplatz das gleiche Gehalt und die gleichen Sozialleistungen wie ihren fest angestellten Kollegen zuzusichern.

Doch das Bundesarbeitsgericht (BAG) war noch schneller: In einem Urteil vom 19. September 2007 sprach es einer Sekretärin den sogenannten "Equal-Pay"-Anspruch zu. Die Erfurter Richter stützten sich unter anderem auf das Diskriminierungsverbot des § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz), das seit 2003 für Zeitarbeitsfirmen gilt. Die Arbeitnehmerin war seit 1981 für die Leiharbeitsfirma tätig, seit 1997 bei einem juristischen Verlag, der seinen Angestellten sogar übertariflich bezahlte. Für die Geltendmachung des gleichen Lohnes gegenüber der Leiharbeitsfirma genügt es nach Ansicht des BAG, dass der Leiharbeitnehmer seiner Leiharbeitsfirma eine Auskunft des Beschäftigungsunternehmens vorliegt, in der das entleihende Unternehmen den von ihm gezahlten Vergleichslohn für seine festangestellten Mitarbeiter nach § 13 AÜG angibt. Es ist dann Sache der Leiharbeitsfirma zu beweisen, dass diese Auskunft unrichtig oder die Tätigkeit ihres Leiharbeitnehmers nicht vergleichbar ist.

(BAG, Urteil vom 19.09.2007, Az.: 4 AZR 656/06)

Seit heute: mehr Chancen für Azubis auf unbefristeten Arbeitsvertrag

Auch im Bereich der befristeten Arbeitsverträge gibt es seit dem gestrigen Urteil des BAG für Azubis mehr Rückendeckung. Der siebte Senat entschied, dass nach Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses nur einmalig eine Befristung für den anschließenden Arbeitsvertrag zulässig ist. Damit eine Befristung überhaupt zulässig ist, bedarf es stets eines sachlichen Grundes. Für Arbeitsverträge im Anschluss an eine Ausbildung gibt dabei § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) die Erlaubnis zur Befristung, weil sie den Übergang in ein normales Beschäftigungsverhältnis erleichtern soll.

Im entschiedenen Fall hatten die Parteien nach Ablauf des ersten und zulässig befristeten Arbeitsvertrags des ehemaligen Azubis erneut einen nur befristeten Arbeitsvertrag geschlossen. Diese Befristung hielten die Richter für unzulässig, denn die Befristung nach Ausbildungsende sei nur ein einziges Mal zulässig, nämlich im ersten Vertrag. Für die anschließende erneute Befristung kann sich der Arbeitgeber nicht erneut auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG stützen. Weil es an anderen sachlichen Befristungsgründen fehlte, gilt der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien nun unbefristet.

(BAG, Urteil vom 10.10.2007, Az.: 7 AZR 795/06)

Nur Ein-Euro-Job oder schon ein Arbeitsverhältnis?

Weniger gut ist da die Position der sogenannten Ein-Euro-Jobber. Für Langzeit-Arbeitslose gibt es die Möglichkeit, neben den Leistungen des ALG II über einen Ein-Euro-Job gemäß § 16 Abs. 3 SGB II (Sozialgesetzbuch II) bis zu 150 oder 180 € hinzuzuverdienen. Dabei wird als Eingliederungsmaßnahme dem ALG II-Empfänger durch die Agentur für Arbeit meist eine Teilzeitarbeit von 20-30 Stunden pro Woche für sechs bis neun Monate zugewiesen. Dabei handelt es sich meist um Tätigkeiten bei gemeinnützigen Organisationen, Gemeinden o.Ä., die nicht mit der örtlichen Wirtschaft konkurrieren. Häufig erledigen sie Hilfsarbeiten bei Alten- und Krankenpflege, bei der Stadtreinigung, in sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, im Gartenbau oder in der Landwirtschaft.

Vor kurzem hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob für eine Ein-Euro-Jobberin, die einer Gemeinde zur Unterstützung der Raumpflegerin zugewiesen war, vielleicht schon ein regulärer Arbeitsvertrag vorlag. Die ALG II-Empfängerin verlangte statt der bisherigen Aufwandsentschädigung von 1,25 € pro Stunde die reguläre Arbeitsvergütung, weil ihre Tätigkeit nicht wettbewerbsneutral sei wie es § 16 Abs. 3 SGB II für Ein-Euro-Jobs vorschreibe. Vielmehr sei ein normaler Arbeitsvertrag zustande gekommen.

Das sahen die Richter jedoch anders, es liege ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Agentur für Arbeit vor, kein Arbeitsvertrag. Damit wiesen sie die Revision der Frau zurück.

(BAG, Urteil vom 26.09.2007, Az.: 5 AZR 857/06)

Mehr Schutz für Schwarzarbeiter

Besser ging ein Rechtsstreit für einen Schwarzarbeiter vor dem Landessozialgericht Hessen (LSG) aus. Der etwa fünfzigjährige Mann aus dem Kosovo war mit einem Touristenvisum nach Deutschland gekommen und hatte auf einer Baustelle in Heppenheim gearbeitet. Die Baufirma, für die er tätig war, hatte ihn jedoch nicht zur Sozialversicherung angemeldet, er arbeitete also schwarz.

Dabei wurde er bei einem Unfall auf der Baustelle von einer Kran-Kralle am Kopf getroffen. Wegen seiner schweren Verletzungen, u.a. einem Schädel-Hirn-Trauma, wurde er im Krankenhaus behandelt. Die Berufsgenossenschaft wollte jedoch die Kosten für die anschließende Neurorehabilitation nicht übernehmen, zu der die Ärzte dringend geraten hatten. Es sei nicht erwiesen, dass er als Arbeitnehmer gearbeitet hätte, als er verunglückte.

Das LSG verpflichtete die Berufsgenossenschaft jedoch, die Reha-Kosten jedenfalls vorerst als Darlehen zu übernehmen, denn dem Verunglückten sei es nicht zuzumuten, die Behandlung bis zur endgültigen Entscheidung der Gerichte hinauszuzögern. Ihm könnten sonst irreversible Schäden bis hin zur lebenslangen Pflegebedürftigkeit entstehen.

Die "Schwarzarbeit" führe nicht zum Verlust vom Unfallversicherungsschutz. Für diesen genüge bereits die Arbeitnehmereigenschaft, so die Richter in Darmstadt. Vorliegend sei das Opfer wahrscheinlich als Arbeitnehmer einzuordnen und damit unfallversichert.

(LSG Hessen, unanfechtbarer Beschluss vom 13.09.2007, Az.: L 3 U 160/07 ER)

(MIC)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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