BayVGH hebt die 15-km-Regelung im Eilverfahren auf – Gilt das auch in anderen Bundesländern?

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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss vom 26.01.21 das Verbot touristischer Tagesausflüge für Bewohner von sog. Hotspots vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Gericht gab damit dem Eilantrag des Antragstellers aus Passau statt (Beschl. v. 26.1.2021, Az. 20 NE 21.162).

 

Warum ist die Aufhebung der 15-km-Regelung nur vorläufig? Was ist der Unterschied zwischen Beschluss und Urteil?

Urteile setzen eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts voraus. Dazu sind Beweisaufnahmen und Verhandlungstermine notwendig, was naturgemäß einige Zeit in Anspruch nimmt. In der Zwischenzeit werden die Rechte der Antragsteller aber möglicherweise unwiederbringlich verletzt. Um das zu verhindern und einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, gibt es Eilrechtsschutzverfahren.  Diese enden durch einen Beschluss, nicht durch ein Urteil und heißen darum nicht Klageverfahren. In diesen Eilrechtsschutzverfahren treffen die Gerichte eine Entscheidung auf Grundlage der sofort verfügbaren Informationen – häufig sogar ohne eine mündliche Verhandlung. Um diesen Mangel an Sachaufklärung zu kompensieren, gelten die Beschlüsse nur vorläufig, z.B. bis zu einer Entscheidung im Urteilsverfahren.

Wie läuft eine Klage gegen Corona-Maßnahmen nach den Infektionsschutzverordnungen ab?

In den Fällen der „Klagen“ gegen die Corona-Maßnahmen, wie dem Verbot touristischer Tagesausflüge oder den Betriebsschließungen, kommt dem Eilrechtsschutz eine besonders hohe Bedeutung zu. Da die Corona-Maßnahmen immer zeitlich begrenzt sind, wird die Rechtswidrigkeit der Infektionsschutz-Verordnungen fast ausschließlich im Eilrechtsschutz diskutiert. In den meisten Bundesländern geschieht dies mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung zur vorläufigen Außerkraftsetzung des angegriffenen Verbotes vor den Oberverwaltungsgerichten. Im Erfolgsfall setzt das OVG die Regel für alle außer Kraft, bis es im sogenannten Normenkontrollverfahren abschließend entschieden hat. Da die Corona-Verordnung dann aber in aller Regel bereits durch Zeitablauf außer Kraft ist, finden diese Klageverfahren häufig gar nicht mehr statt. Dem zeitlichen Vorteil im Eilrechtsschutz steht der Nachteil gegenüber, dass der Rechtsweg stark verkürzt ist. Während in Klageverfahren Berufungen und Revisionen möglich sind, gibt es gegen diese Beschlüsse der Oberverwaltungsgerichte keine Rechtsmittel, wie zB. eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Nur in sehr seltenen Fällen ist es sinnvoll, sich an das Verfassungsgericht zu wenden.

 

Es wäre aber nicht Rechtswissenschaft, wenn es keine Ausnahmen gibt. In Berlin beispielsweise steht den von den Corona-Maßnahmen Betroffenen auch ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die SARS-CoV-2-Verordnung beim Verwaltungsgericht zur Verfügung. Hier gibt es bedeutende Unterschiede zu den Verfahren der Normenkontrolle bei den Oberverwaltungsgerichten. Wenden Sie sich im Zweifel einen Anwalt für Verwaltungsrecht.

 

Wird die 15-km-Regelung auch in anderen Bundesländern aufgehoben? Kann das Verbot erneut erlassen werden?

Der BayVGH hat das das Verbot touristischer Tagesausflüge in Hotspots aufgehoben, da die Regelung zu unbestimmt sei. Nach dem Grundsatz der Normenklarheit muss der Betroffene genau wissen, was erlaubt ist und wie er sein Handeln rechtmäßig und legal ausrichten kann. Dies war nach vorläufiger Prüfung durch das Gericht nicht der Fall. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, welches die streitige Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung erlassen hat, kann diesen Mangel sofort beheben, z.B. indem sie in der Verordnung eindeutiger und leichter verständlich festlegt, wann Bürgerinnen und Bürger den Umkreis von 15km um die Wohnortgemeinde verlassen dürfen und wann nicht.

Wie hoch sind die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Corona-Verordnung und die 15-km Regel?

Andere Bundesländer werden sich die Gründe des BayVGH sehr genau ansehen. Zwar sind die anderen Oberverwaltungsgerichte nicht an die Entscheidung aus Bayern gebunden, aber die Chancen, dass die 15-km Regelung, welcher ja auf einer Absprache der Bund – Länderkonferenz beruht, dann auch dort aufgehoben werden, stehen nicht schlecht.

Was zeichnet unsere Kanzlei für Verwaltungsrecht aus?

Für unser verwaltungsrechtliches Dezernat zählt das Angreifen von Verordnungen und Maßnahmen des Staates zu den Kerntätigkeiten. Mit dem hohen Grad an Spezialisierung und der Expertise aus über 3.000 Verfahren können wir Ihren Anspruch zuverlässig prüfen und diesen vor Gericht oder gegenüber den Behörden für Sie durchsetzen. Wir legen viel Wert auf Transparenz und klären Sie über Ihre individuellen Erfolgschancen und das Kostenrisiko auf.

Wenn Sie der Auffassung sind durch eine Corona-Maßnahme unverhältnismäßig stark in Ihren Rechten betroffen zu sein, schreiben Sie uns gerne eine unverbindliche Anfrage. Wir geben Ihnen kurzfristig eine Antwort.

 


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