Bedeutung des § 314 VAG, § 89 VAG im Zusammenhang mit betrieblicher Altersversorgung

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1. Bedeutung und grundsätzliche Regelung des § 314 VAG

§ 314 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) ist eine wichtige und bedeutende Vorschrift im Bereich der Versicherungswirtschaft. § 314 VAG hat nahezu identisch den bisherigen und bekannten § 89 VAG, der bis 31.12.2015 galt, ersetzt.

Wörtlich regelt § 314 VAG folgendes:
"(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses dauerhaft nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, innerhalb bestimmter Fristen eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten von Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungsabrechnungssystemen, Wertpapierliefersystemen und Wertpapierabrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten sind entsprechend anzuwenden.

(2) Unter der Voraussetzung nach Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen, insbesondere, wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer Gruppe als in einer anderen Gruppe begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt; ist dies nicht möglich, werden die Versicherungssummen unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.

(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens (§ 125 Absatz 6) beschränkt werden."

Es geht also um die Herabsetzung von Zahlungen und Leistungen bei bestehenden Versicherungsverträgen. In der Konsequenz wird eine Versicherungsgesellschaft, die Ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, insoweit entlastet, als entsprechend dem Vermögen und der Leistungsfähigkeit, Leistungen und Verpflichtungen insoweit herabgesetzt werden, dass die Gesellschaft diese auch weiter erfüllen kann. Mit anderen Worten: Die Garantien, die von vielen als sicher geltend angesehen werden, sind durch diese Vorschrift aufgeweicht.

2. Bedeutung des § 314 VAG in der betrieblichen Altersversorgung

Um die Bedeutung des § 314 VAG für die betriebliche Altersversorgung richtig einschätzen zu können ist es wichtig, sich noch einmal klar zu machen, was betriebliche Altersversorgung überhaupt ist.

Betriebliche Altersversorgung ist in § 1 Abs 1 des BetrAVG, des Betriebsrentenrechts definiert und geregelt. Dort heißt es wörtlich:

"Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt."

Demnach handelt es sich bei betrieblicher Altersversorgung immer um eine Zusage, also um ein Versprechen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Das Betriebsrentengesetz ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz. Eine Zusage, die ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer gemacht hat, basiert meist auf dem, was Versicherungen garantieren und in Aussicht stellen. Allerdings erlaubt das BetrAVG dem Arbeitgeber nicht, in dem Maße seine Zusage zu reduzieren, wenn die Finanzierung nicht mehr möglich ist oder die Versicherung ihre Versprechen aufgrund § 314 VAG reduziert hat, wie es § 314 der Versicherungsgesellschaft erlaubt. Hier entsteht schnell eine Lücke, für die der Arbeitgeber haftet und deshalb einzustehen hat. § 1 Abs 1 Satz 3 BetrAVG formuliert sehr deutlich, dass ein Arbeitgeber auch dann für seine Zusage einzustehen hat, wenn er diese nur mittelbar getätigt hat, also Pensionsfond, Pensionskasse oder Direktversicherung als Durchführungsweg gewählt hat.

Mit einfachen Worten, hat ein Arbeitgeber eine Zusage gemacht und die Versicherung kürzt ihre Garantien, steht der Arbeitgeber regelmäßig für diese Differenz ein.
Beispiele gibt es dafür genug. Die Kölner Pensionskasse oder die Caritas Pensionskasse, sowie vorausseichtlich eine Reihe weiterer derartiger Versicherungsunternehmen, mussten oder müssen noch zu Leistungskürzungen greifen, für die die Arbeitgeber dann in der Haftung sind. Der Gesetzgeber sieht hier sogar eine derartige Gefahr, dass er die Insolvenzsicherungspflicht für Pensionskassen eingeführt hat, die dann greift, wenn ein Arbeitgeber beispielsweise aufgrund seiner Haftung für die bAV in die Insolvenz geht. Der Arbeitnehmer ist also geschütz. Leidtragender ist der Arbeitgeber.

Das Thema Kölner Pensionskasse und Caritas Pensionskasse haben wir bereits dargestellt. Auch hier sind die Arbeitgeber in der Ausgleichsverpflichtung für Reduzierungen.
https://www.anwalt.de/rechtstipps/koelnercaritas-pensionskasse-fragwuerdige-unserioese-empfehlungen-durch-schwarze-schafe_184521.html

Die vielfältigen Irrtümer in der bAV haben wir in diesem Rechtstipp zusammengefasst:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-20-groessten-irrtuemer-der-arbeitgeber-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185244.html

Die Problematik der Arbeitgberhaftung und was geeignet ist, diese zu minimieren, haben wir hier zusammengestellt.
https://www.anwalt.de/rechtstipps/haftung-des-arbeitgebers-in-der-betrieblichen-altersversorgung-und-minimierungsstrategien_185184.html

3. Fazit

Immer mehr Arbeitgeber denken darüber nach, inwieweit eine Versicherung noch die richtige Kapitalanlage für die bAV- Versprechen an ihre Arbeitnehmer ist oder inwieweit ggfs. versicherungsfreie Konzepte, Innenfinanzierungskonzepte für alle Parteien größere Vorteile und geringere Risiken und Haftungspotentiale bergen. Die Aufgabe der Beitragsgarantie, d.h. eine Versicherungsgesellschaft kann nicht mehr garantieren, auch bei planmäßiger Zahlung alle Beiträge am Ende zurückzuzahlen, macht diese Thematik nicht unproblematischer und Versicherungen damit für viele absolut unattraktiv. Die Einstellung, die Direktversicherung sei ja Angelegenheit des Arbeitnehmers, er habe sie ausgewählt und finanziere sie auch mit seiner Entgeltumwandlung und deshalb habe der Arbeitgeber damit nichts zu tun und hafte nicht, ist eine für den Arbeitgeber oft teure Fehleinschätzung.

Gerne berate ich Sie ausführlich zu dieser Thematik.


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Foto(s): AUTHENT

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