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Betriebliche Übung auch bei ungleichen Beträgen

  • 1 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Wurde über mindestens drei Jahre Weihnachtsgeld gezahlt, kann der Arbeitgeber die Zahlung nicht einfach streichen. Das gilt auch dann, wenn jedes Jahr ein anderer Betrag gezahlt wurde. Der Arbeitgeber kann eine erst einmal entstandene betriebliche Übung nicht mehr beseitigen, indem er die Zahlungen unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit tätigt. Eine sog. gegenläufige betriebliche Übung ist damit nicht mehr möglich.

Der Arbeitgeber zahlt kein Weihnachtsgeld mehr

In einem aktuellen Fall hatte ein Arbeitnehmer über viele Jahre zusätzlich zu seinem Novembergehalt auch Weihnachtsgeld in unterschiedlicher Höhe erhalten. Erst ab 2004 mussten sämtliche Arbeitnehmer ein Schreiben unterzeichnen, auf dem der Arbeitgeber sie darauf hinwies, dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes freiwillig erfolge und damit keine zukünftige Zahlungspflicht des Arbeitgebers bestehe. Im Jahr 2009 zahlte der Arbeitgeber kein Weihnachtsgeld und begründete es mit der derzeitigen wirtschaftlichen Situation. Der Arbeitnehmer verlangte dennoch Zahlung.

Der Arbeitnehmer hat einen Zahlungsanspruch

Das Landesarbeitsgericht (LAG) verpflichtete den Arbeitgeber nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung zur Zahlung des Weihnachtsgeldes. Danach bestehe der Anspruch, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der wiederholten (mindestens 3 Jahre) und vorbehaltslosen Zahlung des Arbeitgebers damit rechnen darf, dass er das Geld auch in Zukunft erhalten werde. Hierbei sei irrelevant, dass jedes Jahr ein anderer Betrag gezahlt wurde, da der Arbeitnehmer nachvollziehbar darlegen konnte, wie der Arbeitgeber die Beträge errechnet hatte.

Im Übrigen könne eine betriebliche Übung nicht allein durch den Arbeitgeber beseitigt werden, indem er sämtliche Zahlungen unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit tätige. Anderenfalls würde er die nötige Zustimmung der Arbeitnehmer zur Vertragsänderung fingieren, was aber zu einem Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) führen würde. Denn die Unterzeichnung des Schreibens ab dem Jahr 2004 zeige nur, dass die Änderungen von den Angestellten zur Kenntnis genommen – aber nicht zwangsläufig akzeptiert – wurden.

(LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 07.04.2011, Az.: 5 Sa 604/10)

(VOI)
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