„Betriebliches Eingliederungsmanagement“: Pflicht für den Arbeitgeber bei krankheitsbedingter Kündigung

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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Der Kläger war als Maschinenführer langjährig beschäftigt. In den letzten Jahren traten häufige und umfangreiche Krankheitszeiten auf. Das Bundesarbeitsgericht gibt dem Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage Recht und sieht die Kündigung als unwirksam an. Zwar sei auch in Zukunft mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen (negative Gesundheitsprognose); der Arbeitgeber habe jedoch nicht darlegen können, dass die hohen Fehlzeiten nicht durch inner­betriebliche Maßnahmen hätten reduziert werden können. Hätte er sich um die Zustimmung des Arbeitnehmers dazu bemüht, mit ihm darüber zu sprechen, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, künftiger Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und so der Arbeitsplatz erhalten werden könne, so wäre ihm der Prozessverlust vielleicht erspart geblieben. Dieses betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) stammt aus dem Rehabilitationsrecht (§ 84 SGB IX), wird aber im Rahmen einer Interessenabwägung von den Gerichten auch bei der Kündigung von nicht behinderten Arbeitnehmern verlangt.

Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung des BEM zu ergreifen. Dazu hätte er den Arbeitnehmer u. a. auf die Ziele des BEM hinweisen müssen.

Das BAG führt damit seine Rechtsprechung fort. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung mildere Mittel (z. B. Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen) prüfen und mit dem Arbeitnehmer erörtern muss, um nicht später im Prozess Nachteile zu erleiden. Für den Arbeitnehmer vergrößern sich die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Entscheidung seines Arbeitgebers. Schließlich ist das betriebliche Eingliederungsmanagement bei der rechtlichen Prüfung im Kündigungsschutzprozess mehr als nur ein Mosaiksteinchen: Die Kündigung kann sich bei unterbliebenem BEM als unverhältnismäßig erweisen (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 755/13, www.bundesarbeitsgericht.de).

Frank Langer, Rechtsanwalt

Heinz Rechtsanwälte, Heidelberg


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