BGH: Zulässigkeit eines pauschalen Entgelts für geduldete Überziehungen

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Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet zugunsten der Verbraucher – Verbraucherschutzverein klagt gegen die Zulässigkeit pauschaler Mindestentgelte für geduldete Überziehungen – zwei Rechtsstreite entschieden für die Verbraucher – Kommentar AdvoAdvice Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB

Der Bundesgerichtshof hat am 25. Oktober 2016 zwei im Wesentlichen gleich gelagerte Revisionsverfahren entschieden. Es ging dabei um die Zulässigkeit eines pauschalen Entgelts für geduldete Überziehungen.

Die Entscheidung ging zugunsten der Verbraucher aus. Im Ergebnis entschied der Bundesgerichtshof, dass dieses pauschale Entgelt für die geduldete Überziehung unwirksam ist.

Verbraucherschutzverein klagt – Rechtsstreite in den Vorinstanzen unterschiedlich entschieden- Was war Gegenstand der Entscheidungen?

Kläger war in beiden Verfahren ein Verbraucherschutzverein. Dieser nahm zwei Banken, unter anderem eine große Deutsche Geschäftskunden- und Privatbank mit Sitz in Frankfurt am Main und eine Universalbank auf Unterlassung in Anspruch. Beide Banken haben in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Regelung enthalten, wonach pauschale Mindestentgelte für geduldete Überziehungen seitens der Bank beansprucht werden können.

Die Vorinstanzen entschieden die beiden Rechtsstreite unterschiedlich:

  1. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gab dem Verbraucherschutzverein Recht und verurteilte die große deutsche Geschäftskunden- und Privatbank die Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr zu verwenden. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass diese Regelung zwischen dem Kreditinstitut und dem Verbraucher unwirksam sei, weil der Verbraucher dadurch unangemessen benachteiligt wird.

  2. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hingegen gab der beklagten Universalbank Recht. Es wies die Klage des Verbraucherschutzvereins ab und die Bank konnte fortan, weiterhin von den Kunden das pauschale Mindestentgelt für die geduldete Überziehung beanspruchen.

Revision beim Bundesgerichtshof: Pauschales Mindestentgelt bei geduldeter Überziehung – Allgemeine Geschäftsbedingungen

Beiden oberlandesgerichtlichen Entscheidungen war aber gemeinsam, dass sie die Revision zugelassen haben. Beide in den Rechtsstreiten unterlegene Parteien haben daraufhin die Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof die Frage zu klären, ob die Regelungen über das pauschale Mindestentgelt für die geduldete Überziehung zulässig sind oder nicht.

Im Ergebnis erklärte er die vorformulierten Bestimmungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) über ein pauschales Mindestentgelt für die geduldete Überziehung zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher für unwirksam.

Ein Sieg auf ganzer Linie für die Verbraucher.

Warum hat der Bundesgerichtshof die vorformulierten Bestimmungen für unwirksam erklärt?

Zunächst stellte der Bundesgerichtshof klar, dass es sich bei den in Streit stehenden Bestimmungen über das pauschale Mindestentgelt für eine geduldete Überziehung um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen einer gerichtlichen Überprüfung. Das bedeutet, dass die Gerichte prüfen können, ob sie mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung übereinstimmen oder abweichen. Weichen die Bestimmungen von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab, stellt dies einen Verstoß gegen die Gebote von Treu und Glauben dar und der Verbraucher wird unangemessen benachteiligt. Dies hat zur Folge, dass diese Bestimmungen dann unwirksam sind und durch die Kreditinstitute und Banken nicht mehr verwendet werden dürfen.

Stimmen die Regelungen aber mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung überein, dürfen sie weiterhin verwendet werden.

Stärkung gegen die Benachteiligung der Verbraucher

In seiner Entscheidung erteilte der Bundesgerichtshof der Argumentation der beklagten Banken eine Absage, dass es sich bei der Bestimmung über das pauschale Mindestentgelt für die geduldete Überziehung um eine Preishauptrede handelt. Der Bundesgerichtshof sah in dieser Regelung vielmehr eine Preisnebenabrede, so dass er eine gerichtliche Überprüfung der Bestimmung für erforderlich hielt. Nach der zutreffenden Auffassung des Bundesgerichtshofs wird mit diesem Mindestentgelt unabhängig von der Laufzeit des Darlehens (Dispositions- oder Überziehungskredit) ein Bearbeitungsaufwand der Bank auf den Kunden abgewälzt.

Der Bundesgerichtshof kam damit zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Bestimmungen von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen. In der Urteilsbegründung wird es hierzu heißen:

Die angegriffenen Klauseln weichen damit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn der Preis für eine geduldete Überziehung, bei der es sich um ein Verbraucherdarlehen handelt, ist dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB folgend ein Zins und damit allein eine laufzeitabhängige Vergütung der Kapitalüberlassung, in die der Aufwand für die Bearbeitung einzupreisen ist.“

Insofern gab der Bundesgerichtshof dem Verbraucherschutzverein Recht, dass diese Bestimmungen die Kunden der beklagten Banken in unangemessener Weise benachteiligen und somit unwirksam sind.

Fazit: Die Bank darf sich nicht am Kunden bereichern in Bezug auf einer geduldeten Überziehung.

Der Bundesgerichtshof zeigt deutlich, dass er der Handlungsweise der Banken einen Riegel vorschiebt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bringt zum Ausdruck, dass sich die Banken nicht an den Kunden bereichern sollen.

Gerade bei kleineren Überziehungen, z. B. bei einer geduldeten Überziehung von 10 Euro für einen Tag wäre dies einer Vereinbarung über einen Zinssatz von 25.185 % (bei Zahlung eines Mindestentgelts in Höhe von 6,90 Euro) bzw. einem Zinssatz in Höhe von 10.767,5 % (bei Zahlung eines Mindestentgelts von 2,95 Euro) gleichgekommen.

Insofern ist den Bankkunden, die eine geduldete Überziehung seitens ihrer Bank in Anspruch nehmen, zu raten, sich gegenüber der kontoführenden Bank auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2016 zum Az.: XI ZR 9/15 und zum Az.: XI ZR 387/15 zu berufen. Die bereits gezahlten Mindestentgelte von der Bank können zurückgefordert werden. Für weitere Informationen stehen AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB gerne unter nebenstehender Telefonnumer und E-Mail-Adresse zur Verfügung.



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