Deag: Bauträger hinterlässt in Idstein halbfertige Immobilienprojekte
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Was ist geschehen?
In Idstein, einer Stadt im Rheingau-Taunus-Kreis, soll es Berichten zufolge bei einem Bauprojekt der Deutsche Entwicklungs- und Anlagengesellschaft (Deag) mit Sitz in Wiesbaden zu erheblichen Verzögerungen und Problemen gekommen sein. Ursprünglich habe das Vorhaben, das aus acht Reihenhäusern und acht Wohnungen bestehe, im Frühjahr 2022 fertiggestellt werden sollen. Mehrere Quellen geben an, dass die Käufer bereits Millionen in die Immobilien investiert hätten, jedoch vor halbfertigen und teilweise mangelhaften Häusern stehen würden. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden solle in dieser Angelegenheit aufgrund des Verdachts der Insolvenzverschleppung ermitteln.
Dieser Artikel zielt darauf ab, eine vorsichtige Analyse der möglichen rechtlichen Optionen für betroffene Käufer darzustellen, ohne die Tatsachenlage abschließend zu bewerten. Es handelt sich hierbei um allgemeine Informationen, die eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen können.
Sachverhalt
Das Bauprojekt in Idstein, bekannt als „Ringgassenhöfe“, habe ursprünglich als Vorzeigeprojekt fungieren sollen. Acht Reihenhäuser und acht Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus seien geplant gewesen, um im Stadtteil Wörsdorf neuen Wohnraum zu schaffen. Die Fertigstellung sei für das Frühjahr 2022 angekündigt worden. Mehrere Käufer hätten angegeben, dass viele der Gebäude Ende 2022 fast bezugsfertig gewesen seien. Doch dann, so wird es berichtet, hätten die Handwerksfirmen die Arbeiten eingestellt, da angeblich die Zahlungen des Bauträgers ausgeblieben seien.
Verschiedene Quellen schildern, dass einige Immobilien fast fertiggestellt sein sollen, es jedoch an wesentlichen Anschlüssen wie Strom und Wasser fehle. Andere Gebäude sollen sich in einem schlechteren Zustand befinden: In zwei Reihenhäusern habe es aufgrund unvollständig errichteter Dächer hereingeregnet, und Schimmel habe sich an den Wänden gebildet. Die betroffenen Käufer hätten nach eigenen Angaben insgesamt bereits über vier Millionen Euro in das Projekt investiert.
Die finanzielle Lage der Deag werde als kritisch beschrieben. Laut einer Aufstellung der Käufer sollen sich die offenen Posten im Bauprojekt auf rund 650.000 Euro belaufen. Im Sommer 2023 sei ein Gutachten erstellt worden, das die noch ausstehenden Arbeiten auf rund 2,5 Millionen Euro geschätzt habe. Die Deag selbst habe in einer Stellungnahme erklärt, die gestiegenen Baukosten infolge der Pandemie und der Inflation hätten das ursprüngliche Budget überschritten und zu den finanziellen Schwierigkeiten beigetragen.
Einige Käufer sollen zusätzliche finanzielle Belastungen tragen, da sie weiterhin Miete zahlen müssten, obwohl sie bereits ein Darlehen für die neuen Immobilien aufgenommen hätten. Des Weiteren kämen Bereitstellungszinsen für die Kredite, Anwaltskosten und in einigen Fällen sogar die Kosten für Zwischenlagerungen von Möbeln hinzu. Einigen betroffenen Käufern drohe dadurch die Privatinsolvenz, wie in einem Bericht dargestellt wird.
Rechtliche Einordnung und Handlungsmöglichkeiten
Anspruchsgrundlagen der Käufer
Sollte ein wirksamer Kaufvertrag zwischen den Käufern und der Deag bestehen, könnten den Käufern verschiedene Ansprüche zustehen. In Betracht kommen dabei unter anderem folgende Möglichkeiten:
Erfüllungsanspruch gemäß § 433 BGB (Kaufvertrag): Wenn ein rechtswirksamer Kaufvertrag vorliegt und die Käufer ihre Verpflichtungen erfüllt haben, könnte möglicherweise ein Anspruch auf Erfüllung bestehen. Das würde bedeuten, dass die Käufer verlangen könnten, dass die Deag das Bauprojekt vollständig abschließt.
Schadenersatzanspruch gemäß § 280 BGB: Sollten Verzögerungen oder Mängel durch ein Verschulden des Bauträgers entstanden sein, könnten Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Dies würde voraussetzen, dass der Bauträger seine Pflichten verletzt hat und den Käufern dadurch ein Schaden entstanden ist, wie z.B. durch notwendige Reparaturkosten, Mietkosten oder Anwaltsgebühren.
Rücktritt vom Kaufvertrag oder Freigabe des Baufortschritts: Sollte die Deag ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen können, könnten die Käufer unter Umständen vom Vertrag zurücktreten. Dies würde allerdings voraussetzen, dass die Voraussetzungen des Rücktritts, wie eine erhebliche Pflichtverletzung oder eine erfolglose Nachfristsetzung, vorliegen. Alternativ können Käufer von der finanzierenden Bank eine Freigabe des Baufortschritts verlangen.
Ansprüche im Falle einer Insolvenz: Sollten sich die Käufer entscheiden, einen Insolvenzantrag gegen die Deag zu stellen oder sollte die Deag selbst Insolvenz anmelden, könnten die Käufer ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Hierbei sei jedoch zu beachten, dass in einem solchen Verfahren die Insolvenzquote maßgeblich ist und die Käufer möglicherweise nicht ihre gesamte Forderung zurückerhalten.
Gemeinschaftliches Vorgehen
Da die Immobilien laut den vorliegenden Berichten als Eigentümergemeinschaft über die Deag als Bauträger entstehen sollten, scheine derzeit noch die Frankfurter Volksbank im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen zu sein. Dies könnte bedeuten, dass die Käufer vorerst nicht einzeln weiterbauen oder Änderungen am Projekt vornehmen dürfen. Eine einvernehmliche Lösung zwischen Käufern, Bank und Bauträger könnte deshalb notwendig sein, um das Bauprojekt fortzuführen. Einzelne Käufer könnten aufgrund dieser Situation in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt sein.
Mögliche Lösungswege
Einigung mit dem Bauträger und der Bank: Eine gemeinschaftliche Lösung zwischen allen Beteiligten könnte angestrebt werden. Dies könnte zum Beispiel in Form eines neuen Finanzierungsplans oder eines Übernahmeangebots geschehen. Hierbei wäre die Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts unabdingbar, um die Interessen der Käufer zu wahren.
Verwertung durch einen Insolvenzverwalter: Sollte es zu einem Insolvenzverfahren kommen, könnte ein Insolvenzverwalter versuchen, das Projekt entweder durch Verkauf der noch unfertigen Immobilien oder durch Beauftragung eines neuen Bauunternehmens fortzuführen. Hierbei sei allerdings nicht sicher, dass die Käufer ihre Rechte vollständig durchsetzen können, da Insolvenzen oftmals komplexe Verfahren darstellen.
Bauträgerwechsel: Eine weitere Möglichkeit könnte in der Übertragung der Projektverantwortung auf einen anderen Bauträger bestehen. Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Bank und die Käufer einer solchen Übertragung zustimmen und ein geeigneter Bauträger gefunden wird.
Mängelansprüche und Verjährung
Käufer, die in diesem Fall Mängelansprüche geltend machen möchten, müssten beachten, dass die Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Bauwerken fünf Jahre ab Abnahme beträgt. Hierbei trägt der Käufer die Beweislast dafür, dass die geltend gemachten Mängel tatsächlich auf ein Verschulden des Bauträgers zurückzuführen sind.
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