Der Grundsatz der Kapitalerhaltung in der GmbH - Was ist damit gemeint und wie wirkt sich ein Verstoß dagegen aus?

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Was versteht man unter dem Grundsatz der Kapitalerhaltung in einer GmbH?

Nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschaft ausgezahlt werden.

So einfach diese vom Gesetzgeber vorgegebene Formulierung klingt, umso komplexer kann diese Vorgabe im Falle einer notwendigen Beurteilung sein bzw. werden.


2. Welche Ausnahmen vom Grundsatz der Kapitalerhaltung sieht der Gesetzgeber vor?

Nur in drei Fällen wird dieser Grundsatz der Kapitalerhaltung in der GmbH durchbrochen (§ 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG):

  • bei Zahlungen und Leistungen, die auf Grund eines bestehenden eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages (§ 291 AktG) erfolgen;
  • bei Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt und gesichert sind (primär Darlehen an Gesellschafter);
  • bei der Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.


3. Mögliche Ausprägungen und Beispiele für Verstöße gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz

Folgende Handlungen und Sachverhalte können einen Verstoß gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung darstellen und insbesondere eine Haftung des Geschäftsführers über § 43 GmbHG auslösen:

a) "Unüberwachte" längerfristige Gesellschafterdarlehen

Nach § 30 Abs. 1 S. 2 ist es nach der Intention des Gesetzgebers möglich und zulässig, an einzelne Gesellschafter sog. Gesellschafterdarlehen auszugeben. Im Gegensatz zu § 19 Abs. 5 GmbHG kann die Laufzeit auch durchaus längerfristig sein und muss nicht jederzeit fällig stellbar sein.

Allerdings greift diese Ausnahme vom Grundsatz der Kapitalerhaltung nur, so lange der Rückzahlungsanspruch ggü. dem Gesellschafter werthaltig ist. Verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters, ist der Geschäftsführer der GmbH sofort gehalten, das Darlehen zurück zu fordern.

b) Verdeckte Gewinnausschüttung

Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung handelt es sich um eine grundsätzlich unzulässige Zuwendung von Gesellschaftsvermögen außerhalb des Verfahrens nach §§ 29, 46 Nr. 1 GmbHG. Eine solche kann z. B. durch überhöhte marktübliche Zahlungen an einen Gesellschafter begründet werden. Es wird in dieser Konstellation quasi "verdeckt" Kapital aus der GmbH ausgeleitet.

c) Existenzvernichtungsahaftung wegen Kapialentzug durch die Gesellschafter

Sinn und Zweck einer GmbH ist vor allem, dass es keinen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter gibt. Grundsätzlich haftet die Gesellschaft für ihre Schulden nur mit dem Gesellschaftsvermögen, nicht mit dem Vermögen der Gesellschafter, vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG.

Dies setzt jedoch voraus, dass die Gesellschafter auch den Kapitalbedarf in der GmbH beachten und nicht durch "überzogene" Beschlussfassung vorsätzlich oder fahrlässig Kapital aus der GmbH ausleiten und die GmbH dadurch in die Krise und/oder die Überschuldung treiben.

In diesem Fall haften die Gesellschafter über § 826 BGB i. V. m. den §§ 30, 31 GmbHG.


4. Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung bei einer GmbH

Verstöße gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung können sowohl Haftungsansprüche gegen die Geschäftsleitung der GmbH (§ 43 GmbHG) als auch gegen die Gesellschafter begründen.

Der Grundsatz der Kapitalerhaltung muss daher bei einer Vielzahl an Handlungen und Beschlüssen der Verantwortlichen in der Gesellschaft beachtet und im Hinterkopf behalten werden.

Ansonsten kann es im Ernstfall hier zu unliebsamen und schwerwiegenden Haftungsszenarien kommen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


Gerne stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für eine rechtliche Beurteilung und Einschätzung Ihres Falles zur Verfügung und vertrete durchsetzungsstark und resolut auch Ihre Interessen ggü. der Gesellschaft und den (Mit)Gesellschaftern. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch oder Schreiben Sie mich an.

Ich berate bundesweit vor Ort oder via Zoom als Fachanwalt in den Rechtsgebieten Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Insolvenzrecht, insbesondere in den Städten und Großräumen um Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe, Freiburg, Ulm, Augsburg, München, Frankfurt, Wiesbaden, Saarbrücken, Kaiserslautern, Bonn, Wuppertal, Duisburg, Nürnberg, Münster, Saarbrücken, Düsseldorf, Köln, Dortmund, Hannover, Kassel, Leipzig, Dresden, Bremen, Hamburg und Berlin.


#GmbH #Gesellschaftsrecht #Kapitalerhaltung #GrundsatzderKapitalerhaltung #Geschäftsführerhaftung #Gesellschafterhaftung #Geschäftsführer #Gesellschafter #Gesellschafterdarlehen #Existenzvernichtungshaftung #Kapitalentzug #verdeckteGewinnausschüttung #überhöhteEntnahme #Gesellschafterstreit #FachanwaltGesellschaftsrecht #FachanwaltHandelsrecht #FachanwaltSteuerrecht #FachanwaltInsolvenzrecht #Rechtsanwalt #Anwalt #Spezialist #Fachanwalt

Foto(s): Dr. Holger Traub


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.