Eine Nachlasspflegerbestellung auf Antrag des Vermieters zum Zwecke der Räumung muss erfolgen

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Das OLG Zweibrücken hat mit Urteil vom 07.05.2015, AZ: 8 W 49/15, folgenden Fall entschieden:

Der Mieter ist verstorben. Die Erben sind unbekannt. Der Nachlass ist dürftig. Der Vermieter will die Wohnung kündigen und räumen lassen und stellt hierzu nach § 1961 BGB einen Antrag auf Nachlasspflegschaft. Das Amtsgericht gibt durch Beschluss dem Antrag des Vermieters nicht statt. Insofern handelt es sich hier um einen Standardfall: ist der Nachlass dürftig, wird durch viele Amtsgerichte, so auch in Berlin, kein Nachlasspfleger bestellt. Die Folge ist, dass eine Kündigung wegen der unbekannten Erbfolge nicht wirksam adressiert werden kann.

Gegen den abweisenden Beschluss des Amtsgerichts wendet sich der Vermieter mit der Beschwerde zum Oberlandesgericht. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Zweibrücken ausurteilt:

Das Oberlandesgericht weist darauf hin, dass die Vorschrift des § 1961 BGB zwingend vorschreibt („hat“), dass ein Nachlasspfleger eingesetzt werden muss, wenn die Voraussetzungen der Normen erfüllt sind. 

„Entgegen der Ansicht des Nachlassgerichts steht der Anordnung nicht entgegen, dass kein Nachlassvermögen existiert oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig ist. Voraussetzung für eine Nachlasspflegschaft auf Antrag ist gerade nicht, dass ein Sicherungsbedürfnis am Nachlass besteht ... ausreichend ist vielmehr ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers“, so das Oberlandesgericht Zweibrücken, welches hier das Bedürfnis des Vermieters als ausreichend ansah.

Leider hat diese Entscheidung bisher keine große Beachtung gefunden. Bisher ist es bei der Praxis der Berliner Gerichte dergestalt geblieben, dass durch ein einfaches Schreiben die Wohnung „freigegeben“ wird. Ein Freibrief ist dieses freilich nicht, weil nicht nur die zivilrechtliche Verantwortung auf den Schultern des Vermieters bleibt. Nur durch die Einsetzung eines Nachlasspflegers kann eine ordnungsgemäße Kündigung ausgesprochen werden, weil dieser für die Kündigung empfangsberechtigt ist.

Update: So hat nunmehr das OLG Brandenburg ebenfalls entschieden: Beschluss v. 13.04.2021 - 3 W 35/21. 

Tom Martini
Rechtsanwalt und Mediator
Vorsitzender von Haus & Grund Reinickendorf
Vorsitzender von Haus & Grund Tempelhof

Foto(s): (c) Tom Martini

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