Filmen und online Stellen von Gewalttaten - Strafbarkeit von “Happy Slapping” – Fachanwalt für Strafrecht

  • 6 Minuten Lesezeit

Prügelei auf dem Schulhof gefilmt und auf dem Youtube Kanal hochgeladen? Oder ein neues krasses Schläger- Video im Internet gefunden und es den Freunden gezeigt? 

Wer Gewalthandlungen aufnimmt oder verbreitet kann sich strafbar machen. Der Gedanke, man sei raus aus der Sache, weil man ja nicht selbst mitgeprügelt hat liegt Vielen nahe, doch so leicht ist das nicht unbedingt. 

Der deutsche Gesetzgeber versucht Gewalt und damit in Verbindung stehende Tätigkeiten insgesamt zu unterbinden und hat daher einen breiten Rahmen von Handlungen in Bezug auf Gewalttaten unter Strafe gestellt. 

Was genau ist "Happy Slapping"? 

„Happy Slapping“ betitelt bildliche Darstellungen von Körperverletzungshandlungen z.B. durch Schläge, Tritte oder Ähnlichem einer oder auch mehrerer Personen zum Nachteil einer oder auch mehrerer anderer Personen. Dabei sind die Opfer der Verletzung den Tätern meist weit unterlegen. 

Achtung! Dies ist abzugrenzen von sogenannten „Snuff-Videosequenzen“, welche bildliche Darstellungen von realen oder inszenierten Morden, Hinrichtungen, Folterungen oder schwersten Vergewaltigungen darstellen. 

Wie kann ich mich durch „Happy Slapping“ strafbar machen? 

„Happy Slapping“ kann vielfältige Straftatbestände berühren und verletzen. 

Wer selbst Körperverletzungshandlungen vornimmt, kann sich wegen dieser wegen Körperverletzungsdelikte gem. § 223 ff. StGB (z.B. einfache Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung oder schwere Körperverletzung) oder wegen Beteiligung an einer Schlägerei gem. § 231 StGB strafbar machen. 

Unter Umständen kann auch das Unterlassen einzugreifen, eine täterschaftliche Körperverletzung darstellen. Dies setzt dann aber insbesondere voraus, dass man in einem besonderen (Nähe-)Verhältnis zum Opfer oder den Angreifenden steht, z.B. wenn man in einem familiären Näheverhältnis zum Opfer steht.

Neben täterschaftlicher Körperverletzungsdelikte kommt außerdem je nach konkreter Tatsituation eine Strafbarkeit des Filmenden wegen Beihilfe zur Körperverletzung in Gestalt psychischer Beihilfe in Betracht. Dann ist aber mehr erforderlich, als „einfach nur daneben zu stehen“ (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 04.02.2016 in NStZ-RR 2016, 136 m.w.N.). Denkbar kann dies aber sein, wenn die Angreifenden sich durch das Filmen der anderen Person gerade zur Tat angespornt sehen durfte.

Darüber hinaus kommt insbesondere eine Strafbarkeit wegen Verbreitung oder Veröffentlichung von Gewaltdarstellungen gem. § 131 Abs. 1 StGB in Betracht. Auf diese soll im Folgenden gesondert eingegangen werden. 

Auch steht eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung gem. § 323c StGB sowie Verstöße gegen das Jugendschutz- und Jugendmedienschutzgesetz im Raum. 

Darüber kommen weitere Delikte in Betracht, die jedoch nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn ein entsprechender Strafantrag gestellt wurde: 

  • Verbreitung oder Zurschaustellung gem. § 22, 33 KunstUrhG
  • Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches gem. § 201a StGB, z.B. wenn sich das Opfer in einer Wohnung befindet
  • Beleidigung gem. §§ 185, 194 Abs. 1 StGB 

Welche Strafe erwartet mich bei einer Gewaltdarstellung gem. § 131 StGB durch „Happy Slapping“? 

Die Herstellung, Verbreitung oder Veröffentlichung einer Gewaltdarstellung im Sinne des § 131 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Beachten Sie hier: auch der „bloße“ Versuch dieser Straftat steht unter Strafe!

Was ist eine Gewaltdarstellung im Sinne des § 131 StGB?

Der Begriff der Darstellung umfasst sowohl Abbildungen, Bild- und Tonträger sowie auch Speicherungen oder anderen Verkörperungen, die eine Übertragbarkeit ermöglichen. 

Als Gewalt zählt jedes aggressive Handeln, bei dem durch physische Kraft unmittelbar oder mittelbar auf den Körper eines anderen Menschen eingewirkt wird.

Achtung: Ein einverständliches Handeln kann trotzdem eine Gewaltdarstellung erzeugen. 

Was muss die Gewaltdarstellung ausdrücken? 

Darüber hinaus muss die Schilderung eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrücken oder das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen

Verharmlosung von Gewalttätigkeiten

Dabei müssen die Gewalthandlungen heruntergespielt oder bagatellisiert werden. Dies ist der Fall, wenn die Gewalt als normales Verhalten im menschlichen Zusammenleben oder als akzeptables, jedenfalls nicht verwerfliches Mittel zur Konfliktlösung dargestellt wird. Die Bewertung richtet sich nach einem objektiven Betrachter. 

Zum Beispiel wenn eine Gewaltdarstellung mit dem Kommentar gekennzeichnet ist, dass die dortige Handlung zum Alltag gehört „Wie jeden Tag auf unserem Schulhof“, kann möglicherweise eine Verharmlosung vorliegen. 

Verletzung der Menschenwürde durch die Gewaltdarstellung 

Eine Verletzung der Menschenwürde kann bereits durch die Darstellung selbst entstehen, wenn der Gewaltanwendung ein Selbstzweck anhaftet, der das Erleiden der Gewalt zum Hauptmerkmal der dargestellten Person macht. 

Diese Handlungsvariante ist beim „Happy Slapping“ oft gegeben, da die Darstellung der Gewalt oft als herrschendes oder gar alleiniges Motiv erscheint. 

Zur Vollständigkeit halber werden auch die weiteren Varianten, die beim Happy Slapping aber nur in Ausnahmefällen einschlägig sind, ausgeführt: 

Was bedeutet grausam? 

Eine Gewalttätigkeit wird als Grausam angesehen, wenn besonders große Schmerzen oder Qualen seelischer oder körperlicher Art hervorgerufen werden und der Täter darüber hinaus eine unbarmherzige, brutale Haltung zu erkennen gibt. 

Konkret: Beim „Happy Slapping“ werden meist Tritte und Schläge verabreicht, welche die Schwelle zur Grausamkeit nicht übertreten. Im Einzelfall kann dies jedoch bejaht werden, z.B. wenn immer wieder gegen eine bestehende Wunde getreten wird (z.B. nach einer Operation), oder besonders schmerzempfindliche Regionen bewusst angegriffen werden. 

Was sind Gewalttätigkeiten unmenschlich?

Möglich ist auch eine unmenschliche Gewalttätigkeit. Diese ist anzunehmen, wenn der Ausdruck einer menschenverachtenden und rücksichtslosen Gesinnung gezeigt wird und dies eine schwerwiegende Verletzung des menschlichen Achtungsanspruchs darstellt. Dies geht über den Begriff der Grausamkeit hinaus.

Eine unmenschliche Gewalttätigkeit kann z.B. unter Umständen das kaltblütige Schießen auf andere Menschen zum Spaß sein.

Konkret: dies ist beim Happy Slapping wohl nur in seltenen Fällen anzunehmen. 

Verherrlichung 

Eine Verherrlichung von Gewalttätigkeiten liegt vor, wenn der Gewalt eine positive Wertung zugeordnet wird in dem Sinne, dass die Handlungen nachahmenswert erscheinen. 

Dies kann im Einzelfall angenommen werden, wenn eine Gewaltdarstellung veröffentlicht wird und diese mit einer Aufforderung es gleich zu machen oder die Handelnden zu übertrumpfen, versehen ist. 

Beim Happy Slapping ist eine Strafbarkeit wegen der Veröffentlichung von Aufnahmen von Gewalt wegen Verherrlichung von Gewalttätigkeiten also denkbar.

Durch welche Handlungen kann ich mich wegen Gewaltdarstellung strafbar machen?

Die Straftat der Gewaltdarstellung nach § 131 StGB erfasst mehrere Varianten der Verwirklichung.

Ein Verbreiten liegt vor, wenn die Darstellung einem größeren nicht genau feststehenden und kontrollierbarem Personenkreis zugänglich macht, z.B. durch das Hochladen in eine offene Whatsapp-Gruppe.

Ein öffentliches Zugänglichmachen liegt vor, wenn die Darstellung von einem größeren nicht genau feststehenden oder persönlich bekannten Personenkreis wahrgenommen werden kann, also z.B. durch das Posten auf Facebook. 

Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen ist erfasst, wenn die Darstellung an eine Person unter 18 Jahren übermittelt wird. 

Achtung: Hierbei ist keine Verbreitungstendenz erforderlich!

Erfasst werden aber auch Vorbereitungshandlungen wie die 

  • Herstellung,
  • Verbreitung,
  • die Lieferung
  • das Vorrätig halten
  • das Anbieten
  • das Ankündigen
  • das Anpreisensowie
  • die Ein- und Ausfuhr zum Zwecke der Verwendung.

Merke: Eine Verwendungsabsicht kann nicht bereits aus dem Eigenbesitz abgeleitet werden. 


Der Vorwurf von Gewaltdelikten ist eine erste Sache. Sollten Sie eine Vorladung wegen eines Vorwurfs im Zusammenhang mit Happy Slapping erhalten haben, kontaktieren Sie uns als Fachanwälte für Strafrecht gerne. Wir können für Sie Akteneinsicht beantragen und auf Grundlage der Analyse der Ermittlungsakte eine gerade für Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie erarbeiten.

Der Vorwurf von Gewaltdelikten kann große Auswirkungen auf das Sozial- und Berufsleben sowie das das Leben des persönlichen Umfeldes haben. Holen Sie sich rechtzeitig professionelle Hilfe.

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Benjamin Grunst

Beiträge zum Thema