Geruch im Holzhaus als kaufrechtlicher Mangel - LG Frankfurt/Main zu Chloranisolen - Update

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Unsere Kanzlei vertritt etliche Mandanten in Holzschutzprozessen (siehe dazu unseren Beitrag hier (bitte in neuem Tab öffnen)).

In einem in dieser Woche in 1. Instanz zu Ende gegangenen Verfahren am Landgericht Frankfurt/Main (unveröffentlicht) haben wir den Kläger vertreten. In dem Rechtsstreit ging es unter anderen um Gerüche in einem Holz-Fertighaus der 1970er-Jahre. Der Kläger hat durch unsere Kanzlei vortragen lassen, die Gerüche seien durch sogenannte Chloranisole begründet.

Diese Woche kam das Urteil. Wörtlich heißt es in den Entscheidungsgründen richtig: „Ein Mangel der Kaufsache lag so bereits in dem ... Geruch/Gestank als solchen (sic!) des Hauses.“ Und weiter: „Ein Geruch von der Art und vor allem der Intensität, wie sie hier bei der Inaugenscheinnahme der Raumluft festgestellt werden konnte, ist auch bei älteren Immobilien weder üblich noch zu erwarten.“

Damit geht ein weiteres Landgericht in Deutschland davon aus, dass der durch Chloranisole entstehende unangenehme Geruch an Inventar und Bewohnern derartiger Häuser kaufrechtlich als Mangel zu behandeln ist.

Das Urteil ist auch in anderer Hinsicht richtig. So war das Grundstück von einem Makler vermittelt worden. Im Rahmen der Besichtigungen hatte dieser auf Nachfrage zum Geruch im Haus sinngemäß erklärt, mit dem Haus sei alles in Ordnung. Dazu das Gericht: „ ... Die Belastung mit seinerzeit zum Einsatz gekommene (sic!) Holzschutzmittel (sic!) wie etwa „Lindan“ und der Geruch solcher Häuser ist jedenfalls dem relevanten Personenkreis von Immobilienmaklern durchaus bekannt.“ Die Erklärung des Maklers bezeichnet das Gericht als arglistig. Schließlich sei diese Arglist des Maklers dem Verkäufer zuzurechnen. 

Der aufmerksame Leser wird sich nun sagen, dann ist doch alles klar, und sich bereits denken, wie dieser Rechtsstreit wohl ausgegangen sein mag. Aber, obwohl das Gericht einen Mangel der Sache feststellte, weiter eine Arglist des Maklers feststellte und diese dem Verkäufer zurechnete, wurde die Klage abgewiesen!? Das Gericht stützt sich dazu überraschenderweise auf § 442 Absatz 1 Satz 1 BGB. Diese Norm lautet: Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Dazu muss man wissen, dass Kenntnis in diesem Sinne nur eine positive Kenntnis ist. Das Gericht führt lediglich aus, der Geruch sei „ ... dem Kläger und seiner Ehefrau bei der Besichtigung des Hauses aufgefallen (Hervorhebung von mir).“ Dass das als Begründung einer positiven Kenntnis nicht ausreicht, dürfte sich jedem Leser erschließen. Aus Sicht des Landgerichts Frankfurt/Main wäre danach nämlich jede Frage an den Verkäufer/Makler hinsichtlich etwaiger Mängel für den Käufer rechtlich riskant. Dass das nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand. Zudem muss diese Kenntnis vom Verkäufer bewiesen werden, woran es hier fehlt. Vielmehr gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass eine konkrete Frage nach Mängeln wahrheitsgemäß beantwortet werden muss. Erfolgt dies nicht, führt das zur Arglist. Kann die Frage nicht beantwortet werden, so muss das deutlich gemacht werden. In keinem Fall ist es zulässig, dass ein Makler auf die Frage nach etwaigen Mängeln eine Behauptung ohne nähere Kenntnis dazu abgibt.

Trotz dieses Ergebnisses ist dieses Urteil für alle Betroffenen ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Nicht nur, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird; das Bewusstsein für die Problematik von Emissionen aus der Verwendung von Holzschutzmitteln in den 1970er- und 1980er-Jahren in der Justiz wird größer.

<Update> Die Berufung unseres Mandanten wird am OLG Frankfurt/Main geführt. Wir sind zuversichtlich.

Welche  Optionen Sie persönlich haben, klären wir gerne mit Ihnen.



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