Google Fonts-Abmahnung: ZAHLEN SIE NICHTS!

  • 3 Minuten Lesezeit

Massenabmahnungen wegen Nutzung von Google Fonts

Wenn sie eine der z.Z. grassierenden Massenabmahnung erhalten haben, weil Sie Google Fonts auf Ihrer Internetseite in einer Art und Weise verwendet haben sollen, die (angeblich) gegen Persönlichkeitsrechte und Datenschutz/DSGVO verstoßen soll: ZAHLEN SIE NICHTS!

Rechtsanwalt Kilian Lenard (Berlin) tritt für einen Herrn Martin Ismail (Hannover) bzw. eine Interessengemeinschaft Datenschutz (IG Datenschutz) auf (es ist schon gar nicht klar, für wen nun eigentlich), und verlangt 170 EUR pauschal. Rechtsanwalt Nikolaos Kairis vertritt angeblich einen Herrn Wang Yu bzw. eine Frau Wang Yu (mal so, mal so!) und fordert 140 EUR Schadensersatz und Ersatz der Rechtsanwaltskosten, insg. 239,60 EUR. Außerdem liegen uns Forderungsschreiben eines Herrn Vernis Jankovskis (Aachen) vor, der sein Glück ohne anwaltliche Unterstützung versucht und 100 EUR als "Widergutmachung" (sic!) der Verletzung seine "informationellen Selbstbestimmung" verlangt.

Diese Abmahnungen und Forderungsschreiben gehen zurück auf ein einziges Urteil des LG München I vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20, in dem dem dortigen Kläger nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO Schadensersatz i.H.v. 100 EUR für erlittenes "individuelles Unwohlsein" zugesprochen wurde. Diese Urteil ist aber ein Einzelfall und sehr umstritten!

Zudem halten viele Experten die dadurch ausgelösten Massenabmahnungen für rechtsmissbräuchlich und reine Wegelagerei! 

Das LG München selbst scheint sich nicht klar gewesen zu sein, was für eine Welle von Massenabmahnungen es damit lostreten würde!  Offensichtich durchsuchen die IG Datenschutz bzw. Herr Ismail, Herr Jankovskis und Herr bzw. Frau Wang Yu systematisch Internetseiten nach eingebetteten Google Fonts um massenhaft entsprechende Forderungen zu generieren und geltend zu machen. Hier ist nicht zu erkennen, wo hier eine persönliche Betroffenheit und ein "individuelles Unwohlsein" herrühren soll.

Zahlen Sie nichts!

Nach unserer Erfahrung folgt den Abmahnungen bzw. Forderungsschreiben Nichts nach! Insb. wurden bisher, soweit bekannt, keine weiteren Klagen wegen einer Google Fonts-Einbettung erhoben. Dies scheint unabhängig davon zu sein, ob die Adressaten der Abmahnungen bzw. Forderungsschreiben diese schlicht ignorieren, oder die Forderungen anwaltlich vertreten zurückweisen!

Trotzdem beraten und unterstützen wir Sie natürlich gerne, wenn Sie von Abmahnungen oder Forderungsschreiben wegen Google Fonts (oder auch aus anderen Gründen) betroffen sind – sprechen Sie uns gerne an!

V.a. aber: ZAHLEN SIE NICHTS, ohne vorher mit einem_er einschlägig spezialisierten Rechtanwält_in gesprochen zu haben!

Update 1

Google hat eine Stellungnahme zur Datenverarbeitung bei der Einbettung von Google Fonts veröffentlicht. Demnach ist die Google Fonts Web API so konzipiert, dass die Erfassung, Speicherung und Verwendung von Daten auf das beschränkt wird, was für die effiziente Bereitstellung von Schriftarten und für aggregierte Nutzungsstatistiken erforderlich ist. Diese Daten werden sicher und getrennt von anderen Daten aufbewahrt. Google verwendet die über die Google Fonts API gesammelten Informationen nicht für andere Zwecke und insbesondere nicht für die Erstellung von Profilen von Endnutzern oder für Werbung. Außerdem ist die Tatsache, dass die Server von Google notwendigerweise IP-Adressen erhalten, um Schriftarten zu übertragen, keine Besonderheit von Google und entspricht – so Google – der Funktionsweise des Internets. Unter diesen Umständen dürfte u.E. für die Einbettung von Google Fonts auch ein berechtigtes Interesse i.S.d. DSGVO gegeben sein.

Update 2

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat am 21.12.2022 u.a die Kanzlei von Rechtsanwalt Kilian Lenard in Berlin durchsuchen lassen. Er soll, gemeinsam mit Herrn Ismail, mit Google-Fonts-Abmahnungen 350.000 Euro von eingeschüchterten Website-Betreibern erpresst haben, schreibt der Tagesspiegel; dazu auch die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin.

Foto(s): unsplash


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