Heute schon über den Chef gelästert? Gefahren und Grenzen von „kritischen Äußerungen“ in sozialen Netzwerken

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Die Bedeutung der sogenannten "sozialen Medien" oder social media für die heutige Netzwerk- und Kommunikationsstruktur unserer Gesellschaft kann gar nicht überschätzt werden: Die Technik hat die Möglichkeiten, die Reichweite und auch die Meinungsfreudigkeit der Menschen im Sinne eines lustvollen Austausches von privaten Ansichten geradezu revolutioniert. Heute kann jeder mit jedem über alles und jeden „reden“. Und das Beste daran ist: alle schauen zu, alle lesen mit – potenziell zumindest.

Es gibt nicht Wenige – darunter vermutlich eher die jüngere Hälfte der Bevölkerung – die bereits erleben konnte, dass die Auswirkungen dieser neuen Mode im privaten Umfeld nicht nur positiv sein müssen; gerade die vergleichsweise hohe Geschwindigkeit der Kommunikation kann nämlich auch schnell für Unstimmigkeiten sorgen, indem Aussagen wenig reflektiert, „aus dem Bauch heraus“, veröffentlicht oder rezipiert werden. Der gar nicht mehr so neue Begriff „Netiquette“ zeigt allerdings auch, dass das Problem nicht unerkannt geblieben ist – an Verhaltensempfehlungen in der technischen Kommunikation mangelt es eigentlich gar nicht mehr, jedenfalls nicht so sehr wie an der individuellen Umsetzung.

Aber wenn es nicht gerade um handfeste Aufrufe zu Gewalt oder Hassbotschaften geht, wie im sehr bekannt gewordenen Fall der Grünen-Vorsitzenden Renate Künast, sieht die Rechtsprechung zur Meinungsvielfalt in den sozialen Netzwerken viele zuweilen unappetitliche Auswüchse im vermeintlichen Privatbereich als immer noch von der Meinungsfreiheit (Art. 5 Grundgesetz, GG) gedeckt an. Immerhin wurden die Beschimpfungen von Frau Künast in den Kommentaren auf Facebook (in der Regel weit unter der Gürtellinie, darunter Vergewaltigungswünsche und Gewaltandrohungen), wenn auch erst in zweiter Instanz (!), vom Berliner Kammergericht als strafbare Beleidigungen gewertet (Az. 10 W 13/20). Private Äußerungen werden also hierzulande aus gutem Grunde als ein hohes Gut verteidigt, auch wenn es manchmal schmerzt, und nur im äußersten (Not)fall unter Strafe gestellt.

Probleme aus arbeitsrechtlicher Sicht entstehen allerdings immer dann, wenn es zu Überschneidungen der privaten Sphäre mit der Arbeitswelt kommt, die privat gemeinten Äußerungen also nicht mehr als ausschließlich privat gewertet werden. Gerade an dieser Stelle handeln viele Menschen naiv-impulsiv, schimpfen im Chat über den Chef und sich um Kopf und Kragen; denn je nach Umständen werden unwissentlich arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung riskiert.

Zunächst einmal geht den Arbeitgeber mit Blick auf die Meinungsfreiheit und die allgemeinen Persönlichkeitsrechte das Verhalten und die Gedanken seiner Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeiten nichts an. Arbeitnehmer haben allerdings auch eine Treue- und Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber – die Rechtsauffassung darüber, inwieweit dadurch die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird, ist jedoch nicht einheitlich.

Spätestens dann, wenn die Äußerungen sich auf die sogenannte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers (Artikel 12 GG), also unmittelbar und nachhaltig auf Umsatz und Gewinn des Arbeitgebers auswirken, besteht aber Einigkeit darüber, dass der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt sind: Dann kann es durchaus zur Einstufung kritischer Äußerungen als Pflichtverletzung kommen, was für den Arbeitnehmer ernsthafte Konsequenzen haben kann.

Was sollte man als Arbeitnehmer also immer im Blick haben, wenn man sich kritisch über den Arbeitgeber äußern möchte? Man sollte kritische Äußerungen unter den nachfolgenden Punkten bewerten: Reichweite und Intensität der Äußerung, mögliche Folgen, und ebenso auch die eigene Stellung im Unternehmen. Ganz wie im wahren (analogen) Leben, eigentlich.

Damit es wegen des Verhaltens in sozialen Netzwerken gar nicht erst zu Problemen kommt, sollte man also stets darauf achten, wer die Posts und Kommentare auf Facebook und Co. zu sehen bekommt: Kritik über den Arbeitgeber, ob nun konstruktiv oder nicht, hat im Zweifelsfall nichts in den sozialen Medien zu suchen, da es in Regel dort nicht um ein privates Gespräch unter Freunden in einem geschützten, privaten Rahmen handelt. Wie gesagt, Urteile zeigen, dass in Extremfällen sogar eine Kündigung denkbar wird!

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Foto(s): Pascal Croset

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