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Ihre fünf wichtigsten Rechte beim Arzt – Arztwahl, Aufklärung, Behandlung, Akteneinsicht und Co.

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anwalt.de-Redaktion

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Auch wenn es selbstverständlich scheint, dass Patienten gegenüber ihrem Arzt eine Vielzahl von Rechten haben, waren diese jahrzehntelang in keinem Gesetz verankert. Welche Rechte Patienten beim Arztbesuch haben, war stattdessen reines Richterrecht, d. h. man leitete aus Urteilen von Gerichten die einzelnen Rechte des Patienten, wie z. B. das Recht, über die ärztliche Behandlung aufgeklärt zu werden, das Recht auf Akteneinsicht oder das Recht auf Schmerzensgeld bei Behandlungsfehlern, ab.

2013 hat sich dies mit dem Patientenrechtegesetz geändert. Seitdem sind viele Rechte, die Patienten gegenüber ihrem Arzt haben, auch im Gesetz niedergeschrieben. Kernstück ist dabei der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient, der nun wie Kaufvertrag, Mietvertrag oder Reisevertrag ebenfalls ein eigenes Kapitel im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) hat.

Dieses Kapitel sollte zwar dafür sorgen, dass Patienten ihre wichtigsten Rechte im Gesetz selbst nachlesen können, es sind aber längst nicht alle Rechte enthalten oder verständlich beschrieben. So stellt sich z. B. die Frage, ob man sich als Patient seinen behandelnden Arzt selbst aussuchen kann, wie lange man beim Arzt im Wartezimmer warten muss, wann der Arzt zum Hausbesuch verpflichtet ist, worüber genau der Arzt aufklären muss, wer letztlich die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung trifft und ob der Arzt dem Patienten Einblick in die Krankenakte gewähren muss.

1. Die Qual der Wahl – das Recht auf freie Arztwahl

Jeder Arztbesuch und damit auch jede ärztliche Behandlung beginnt zwingend mit der Wahl eines geeigneten Arztes. Hierbei gilt, dass sowohl Privatpatienten als auch Kassenpatienten grundsätzlich das Recht haben, sich selbst ihren Arzt des Vertrauens auszusuchen.

Das Recht auf freie Arztwahl ist aber oft eingeschränkt. So dürfen gesetzlich krankenversicherte Patienten z. B. nur aus denjenigen Ärzten wählen, die die gesetzliche Krankenkasse als Vertragsarzt zugelassen hat, nach einem Unfall muss man zuerst zum Durchgangsarzt, im Krankenhaus muss man in der Regel mit dem diensthabenden Arzt vorliebnehmen und Arbeitgeber können bei bestimmten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen und Eignungsprüfungen verlangen, dass diese vom Betriebsarzt durchgeführt werden.

Patienten haben also grundsätzlich das Recht auf freie Arztwahl. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen, die man als Patient beachten muss.

2. Wartezeiten & Hausbesuch

Wenn der Arzt gewählt ist und man einen Termin bekommen hat, ist die nächste Station regelmäßig das Wartezimmer des Arztes – in dem man dann eine gefühlte Ewigkeit wartet, bevor man es endlich in das Sprechzimmer schafft. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Wartezeiten man sich als Patient gefallen lassen muss.

Welche Wartezeit Patienten akzeptieren müssen, hängt davon ab, ob es sich um einen vereinbarten Termin handelt oder die offene Sprechstunde.

Wartezeit bei vereinbarten Terminen

Der Behandlungsvertrag verpflichtet Ärzte auch dazu, ihre Praxis so zu organisieren, dass es bei vereinbarten Terminen nicht zu langen Wartezeiten kommt. Bei festen Terminen dürfen Patienten zwar nicht direkt ins Behandlungszimmer „durchmarschieren“, lange warten müssen sie aber grundsätzlich auch nicht. Kommt es trotzdem ohne einen Notfall zu langen Wartezeiten, können Patienten theoretisch Schadensersatz verlangen, weil der Arzt eine seiner Pflichten aus dem Behandlungsvertrag verletzt hat.

Praktisch ist es aber sehr schwierig, einen solchen Schadensersatzanspruch tatsächlich geltend zu machen. Es gibt keine festgelegte maximale Wartezeit und Ärzte können sich immer entschuldigen, wenn die Behandlung eines Notfalls dazwischengekommen ist.

Die größten Hürden für die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs sind aber einerseits der Nachweis, dass der Arzt seine Praxis schlecht organisiert und andererseits der konkret zu ersetzende Schaden. Um überhaupt Schadensersatz verlangen zu können, muss dem Patienten ein Schaden entstanden sein. Verschenkte Zeit ist aber keine ersatzfähige Position im deutschen Schadensersatzrecht. Ersetzbar ist nur der Vermögensschaden, wie klassischerweise Fahrkosten oder ein Verdienstausfall. Beim Arztbesuch kommt es aber selten tatsächlich zum Verdienstausfall, weil kranke Arbeitnehmer ohnehin mit der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ihren vollen Lohn bekommen oder den planbaren Arzttermin in ihre Freizeit gelegt haben.

Bei zu langen Wartezeiten entsteht also nur selten ein ersatzfähiger Schaden. Wenn dieser doch mal gegeben ist, müssen Patienten nachweisen, dass die Praxis schlecht organisiert ist. Der Rechtsprechung reicht hierfür eine einmalige Verzögerung nicht aus, selbst wenn sie mehrere Stunden beträgt. Es muss vielmehr bei vereinbarten Terminen regelmäßig zu langen Wartezeiten kommen. Nehmen Sie dagegen als Patient einen vereinbarten Termin nicht wahr, ohne abzusagen, kann der Arzt von Ihnen leicht Schadensersatz verlangen.

Wartezeit in der offenen Sprechstunde

Viele Ärzte bieten mittlerweile eine sog. offene Sprechstunde an. Für die offene Sprechstunde ist ein bestimmtes Zeitfenster vorgegeben, z. B. täglich von 8:00 Uhr bis 10:00 Uhr. In diesem Zeitfenster können Patienten sich behandeln lassen, ohne vorher einen Termin zu vereinbaren. Vorteil der offenen Sprechstunde ist, dass Patienten nicht wochenlang auf einen Termin warten müssen. Der Arzt kann aber nicht abschätzen, wie viele Patienten mit welchen Beschwerden kommen. Deshalb kann es in der offenen Sprechstunde zu deutlich längeren Wartezeiten kommen.

Hausbesuch

Bei schweren Erkrankungen haben Patienten einen Anspruch darauf, zu Hause behandelt zu werden. Sowohl der Hausarzt als auch der Facharzt sind deshalb in bestimmten Fällen zum Hausbesuch verpflichtet. Die Pflicht zum Hausbesuch besteht für Ärzte immer dann, wenn die Erkrankung des Patienten den Hausbesuch notwendig macht, denn nach dem abgeschlossenen Behandlungsvertrag müssen Ärzte die medizinische Hilfe leisten, die erforderlich ist.

Sind Patienten also so krank, dass nicht mehr selbst in die Praxis des Arztes kommen können, haben sie einen Anspruch auf einen Hausbesuch. Ärzte dürfen den Hausbesuch auch nicht mit der Begründung ablehnen, ihr Wartezimmer sei voll. Notfalls müssen sie sogar das volle Wartezimmer warten lassen!

Fazit

Auch wenn Ärzte ihre Praxis so organisieren müssen, dass Patienten bei fest vereinbarten Terminen nicht lange warten müssen, kommt es im Wartezimmer öfter zu längeren Wartezeiten. Diese müssen Patienten nur akzeptieren, wenn es sich um Notfälle handelt. Praktisch ist es aber sehr schwer, rechtliche Ansprüche wegen zu langer Wartezeiten durchzusetzen. Ist die Krankheit so schwer, dass Patienten nicht mehr die Praxis des Arztes aufsuchen können, muss dieser grundsätzlich einen Hausbesuch machen.

3. Aufklärung

Neben der medizinischen Behandlung ist die Aufklärung seines Patienten eine der elementarsten Hauptpflichten, die ein Arzt nach dem Behandlungsvertrag hat. Patienten haben deshalb ein Recht darauf, rechtzeitig von ihrem Arzt darüber aufgeklärt zu werden, was mit ihnen geschehen soll, welche Mittel dazu eingesetzt werden, welche Folgen die Behandlung hat und welche Risiken bei der Behandlung bestehen. Man unterscheidet dabei zwischen den Informationsplichten des Arztes und der Einwilligungsaufklärung.

Informationspflichten 

Das Patientenrechtegesetz hat den Ärzten sehr umfangreiche und weitgehende Informationspflichten auferlegt, denn Ärzte müssen Patienten von Beginn bis über das Ende der Behandlung hinaus über alle relevanten Umstände ihrer Behandlung informieren, und zwar so, dass es der Patient versteht. Patienten haben also das Recht, von ihrem Arzt alles über ihre Behandlung zu erfahren. Ein Arzt muss z. B. seinem Patienten genau erklären, warum er welches Medikament verwendet und welche Nebenwirkungen dieses haben kann.

Einwilligungsaufklärung

Bei der Einwilligungsaufklärung geht es vor allem um Operationen. Patienten haben das Recht, über alle Details des Eingriffs, die Vorgehensweise des Arztes und die bestehenden Risiken aufgeklärt zu werden. Nur wenn sie genau wissen, was mit ihnen geschehen soll und was im schlimmsten Fall passieren kann, können sie sich frei für oder gegen die Operation entscheiden.

Fazit

Patienten haben ein sehr umfangreiches Recht, über ihre Behandlung informiert und aufgeklärt zu werden. Ob Diagnose, Therapie, Medikamente oder Operation – alles muss der Arzt verständlich erklären. Kommt der Arzt dieser Verpflichtung nicht nach, weil er z. B. nur Fachchinesisch redet oder Risiken verschweigt, können Patienten Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern. Der Arzt hat dann nicht nur gegen seine Pflichten aus dem Behandlungsvertrag verstoßen, sondern zugleich eine Form der Körperverletzung begangen.  

4. Zustimmungsvorbehalt des Patienten

Die umfangreiche Aufklärung und Information der Patienten ist deshalb erforderlich, weil Patienten bei ihrer Behandlung das letzte Wort haben. Zwar haben Ärzte eine sehr weitgehende Therapiefreiheit, diese findet aber ihre Grenze im Zustimmungsvorbehalt des Patienten. Dem Arzt kann also weder ein Kollege noch die Krankenkasse noch ein Richter vorschreiben, nach welcher Therapie die Erkrankung eines Patienten behandelt werden soll. Die Entscheidung, welche Therapie für den Patienten am besten ist, trifft allein der Arzt.

Es steht aber dem Patienten frei, ob er sich nach der vorgeschlagenen Therapie behandeln lässt oder nicht. Der Arzt darf seinen Patienten grundsätzlich also nur behandeln, wenn dieser vorher der Behandlung und Therapie zugestimmt hat. Nur in absoluten Notfällen kann von der mutmaßlichen Einwilligung eines Patienten ausgegangen werden. So bleibt z. B. nach einem Verkehrsunfall keine Zeit, abzuwarten, bis der Patient aus der Bewusstlosigkeit erwacht.

5. Akteneinsicht

Zu guter Letzt haben Sie als Patient auch ein Recht auf Akteneinsicht. Ärzte dürfen deshalb Patienten die Einsicht in ihrer Patientenakte nicht verweigern. Wenn es der Patient verlangt, muss ihm der Arzt deshalb zeitnah die Möglichkeit geben, sich seine gesamte Patientenakte anzusehen. Die Einträge darin müssen dabei sowohl für den Patienten selbst als auch für andere Ärzte gut lesbar sein.

Fazit

Patienten haben also sehr weitgehende und umfangreiche Rechte gegenüber ihrem jeweiligen Arzt und müssen sich nicht mit „Floskeln abspeisen“ lassen.

(THE)

Foto(s): ©Fotolia.de

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