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Keine Haftung des Grundstücksverkäufers, wenn er Abstand vom Verkauf nimmt

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Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 13.10.2017, V ZR 11/17, entschieden, dass es keine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung des (potenziellen) Verkäufers eines Grundstücks darstellt, wenn er – bei wahrheitsgemäßer Erklärung seiner Abschlussbereitschaft – dem Kaufinteressenten nicht offenbart, dass er sich vorbehält, den Kaufpreis zu erhöhen.

Weiterhin hat der Bundesgerichtshof in dem Urteil entschieden, dass der (potenzielle) Verkäufer auch dann nicht auf Schadensersatz haftet, wenn er zu einem Zeitpunkt Abstand von dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags nimmt, in dem er weiß, dass der Kaufinteressent im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags bereits einen Finanzierungsvertrag abgeschlossen hat.

Der Sachverhalt

In dem vom BGH entschiedenen Fall (Urteil vom 13.10.2017, V ZR 11/17) wollte ein Kaufinteressent von einer Großinvestorin in der Immobilienbranche eine Dachgeschosswohnung mit Pkw-Abstellplatz zum Preis 376.700 Euro kaufen.

Nachdem der Kaufinteressent bereits einen Darlehensvertrag über 300.000 Euro zur Finanzierung der Wohnung abgeschlossen hatte und sein Widerrufsrecht von 14 Tagen abgelaufen war, teilte ihm die potenzielle Verkäuferin mit, dass die Wohnung ihm nun nur noch zu einem höheren Kaufpreis, nämlich 472.400 Euro verkauft werden könne. Damit war der Kaufinteressent nicht einverstanden und nahm von dem Kaufvertrag Abstand. Der Verkäufer veräußerte die Wohnung dann tatsächlich zu dem höheren Preis an einen anderen Erwerber.

Der Kaufinteressent musste nun den Finanzierungsvertrag rückabwickeln, wofür ihm Kosten von 9.000 Euro entstanden sind.

Die rechtliche Wertung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat für die oben skizzierte Situation entschieden, dass jede Partei bis zum Vertragsabschluss im Rahmen der Privatautonomie das Recht hat, von dem in Aussicht genommenen Vertrag Abstand zu nehmen. Aufwendungen (hier der Abschluss des Finanzierungsvertrags), die in Erwartung des Vertragsschlusses gemacht werden, erfolgen daher grundsätzlich auf eigene Gefahr. Bei einem Grundstückskaufvertrag entstehen Schadensersatzansprüche des Kaufinteressenten gegen den potenziellen Verkäufer erst dann, wenn eine vorsätzliche Treuepflichtverletzung vorliegt. Eine solche ist beispielsweise beim Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft oder auch dann gegeben, wenn ein Verhandlungspartner zwar zunächst verkaufsbereit war, im Verlaufe der Verhandlungen aber innerlich von dieser Bereitschaft abgerückt ist, ohne dies zu offenbaren, so der BGH.

Zur Begründung dieser Entscheidung führt der BGH aus, dass es ansonsten zu einem indirekten Zwang zum Abschluss des Vertrags kommen würde und ein solcher Zwang dem Zweck der Formvorschrift des § 311 b BGB (notarielle Beurkundung) zuwiderlaufen würde.

Schlussfolgerungen für die Praxis

Da die Argumentation des BGH zu einer Kostenfalle für den Kaufinteressenten, der in den meisten Fällen auf eine Kreditfinanzierung angewiesen sein wird, werden kann, sollte dieses Urteil bei der zeitlichen Abfolge von Wohnungskaufgeschäften Berücksichtigung finden. Bevor es zu dem Kaufvertragsschluss kommt, sollte also das verbindliche Finanzierungsangebot des Kreditinstituts zwar vorliegen, aber möglichst noch nicht abgeschlossen sein. Wenn der Darlehensvertrag bereits unterschrieben ist, sollte jedenfalls die Frist zum Widerruf der auf den Darlehensvertrag gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers noch nicht abgelaufen sein. Die Frist sollte man in diesem Fall genau im Auge behalten, weil der rechtzeitige Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags einen kostenfreien Ausstieg aus dem Finanzierungsvertrag gewährleistet, sollte der Kaufvertragsabschluss doch nicht zustande kommen.

Auf diese Weise umgeht man eventuelle spätere Schwierigkeiten und hat immer noch einen Notausstieg aus dem Darlehensvertrag.

Am sinnvollsten ist es, sich vor dem Abschluss eines Wohnungskaufvertrags und Finanzierungsvertrags beraten zu lassen. Zum einen sind in dieser Situation die dafür anfallenden Kosten geringer und zum anderen lässt sich vor Abschluss der Verträge in den meisten Fällen eine optimale Gestaltung erreichen. HEE Rechtsanwälte beraten Sie gerne bei solchen oder ähnlichen Problemen.



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