Keine Nachgewährung von Urlaub bei angeordneter Quarantäne (?)

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LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Februar 2022 – 10 Sa 62/21 -

Die Corona-Pandemie bringt nach wie vor viele spannende Rechtsfragen mit sich. Wiederholt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war beispielsweise die Frage, was passiert, wenn ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs aufgrund behördlicher Anordnung eine „Corona-Quarantäne“ antreten muss. Ist in dieser Konstellation der in den Quarantäne-Zeitraum fallende Urlaub nachzugewähren? Nein – so urteilte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 16. Februar 2022 (ebenso wie tags zuvor das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zu einem vergleichbaren Sachverhalt) und befindet sich damit in guter Gesellschaft: Ähnlich hatten im vergangenen Jahr schon die Landesarbeitsgerichte in Düsseldorf und Köln sowie mehrere erstinstanzliche Gerichte geurteilt, unter anderem die Arbeitsgerichte in Bonn und Neumünster.

Hintergrund ist die gesetzliche Regelung in § 9 des Bundesurlaubsgesetzes. Dort heißt es:

„Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.“ 

Fallen Arbeitsunfähigkeit und Urlaub zusammen, ist die Arbeitsunfähigkeit also vorrangig zu berücksichtigen und Urlaub kann in diesem Zeitraum nicht (mehr) verbraucht werden.

Im Umkehrschluss ergibt sich aus Sicht des LAG Baden-Württemberg und vieler anderer Gerichte: Während einer Quarantäne ohne „eigene“ Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kann Urlaub „ganz normal“ angerechnet werden. Der Fall einer Erkrankung während des Urlaubs stellt also eine (gesetzlich entsprechend geregelte) Ausnahme von der Regel dar, dass die Gefahr „urlaubsstörender Ereignisse“ grundsätzlich im Risikobereich des Arbeitnehmers liegt. Eine vergleichbare Situation zu derjenigen einer (eigenen) Arbeitsunfähigkeit sei – so das Gericht – gerade nicht gegeben und überdies bedeutet eine Quarantäne nicht zugleich, dass der betroffene Arbeitnehmer selbst gesundheitliche Beeinträchtigungen hinzunehmen habe.

Anders freilich sah dies das Landesarbeitsgericht Hamm mit Entscheidung vom 27. Januar 2022 und hielt fest, dass die Anordnung einer Quarantäne „einer freien, selbstbestimmten Gestaltung des Urlaubszeitraums diametral gegenüber“ stehe, und zwar „unabhängig davon, wie der einzelne Betroffene diese persönlich empfindet“. Es hat dementsprechend dem Arbeitnehmer recht gegeben, der eine Gutschrift seiner in den Quarantäne-Zeitraum gefallenen Urlaubstage verlangte.

Revision zum Bundesarbeitsgericht ist eingelegt – es bleibt also spannend!

Was können wir für Sie tun?
Sind Sie sich unsicher, ob Ihr Urlaubsanspruch zutreffend berücksichtigt und abgerechnet wurde? Gerne prüfen wir dies für Sie und stehen als Ihre Ansprechpartner im Arbeitsrecht zur Verfügung.

Thomas Haas
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
MEILENSTEIN Rechtsanwälte

Foto(s): MEILENSTEIN

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