Kündigen trotz Rückzahlungsvereinbarung - muss ich die Kosten der Fortbildung zurückzahlen?

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Kosten der Weiterbildung müssen nicht zurückgezahlt werden, wenn die Rückzahlungsvereinbarung unwirksam ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Vereinbarung den Mitarbeiter einseitig unangemessen benachteiligt.

Sehr häufig beteiligen sich Arbeitgeber an der Bezahlung

  • einer Fortbildung

  • einer Weiterbildung

  • eines dualen Studiums

  • eines Masterstudiums.

Im Gegenzug zu der Kostenübernahme soll sich der Arbeitnehmer vertraglich dazu verpflichten, selbst nach Abschluss des Weiterbildungsmaßnahme oder des Studiums noch mehre Monate oder gar Jahre in dem Unternehmen zu arbeiten.

Im Rahmen einer Rückzahlungsvereinbarung wird häufig vereinbart, dass der Arbeitnehmer die Kosten der Fortbildungsmaßnahme zurückzahlen müssen, wenn er doch frühzeitig kündigt. Doch häufig sind die Klauseln der Rückzahlungsvereinbarung aus rechtlichen Gründen unwirksam - daraus folgt, dass die Fortbildungskosten nicht zurückgezahlt werden müssen.

Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist hierzu in den letzten Jahren immer arbeitnehmerfreundlicher geworden. Diese arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nun erneut mit einer aktuellen Entscheidung bestätigt.

Mit Urteil vom 1. März 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 260/21) entschieden, dass Rückzahlungsvereinbarungen auch dann unwirksam sind, wenn nicht klargestellt wird, dass auch eine unverschuldete Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers dazu führt, dass keine Kosten zurückbezahlt werden müssen.

In dem zu Grunde liegenden Fall enthielt der Fortbildungsvertrag folgende Klauseln:

“§ 3 Bindungsfrist und Rückzahlungsfrist

1. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens sechs Monate fortzusetzen.

2. Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag. Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrags erlassen.

3. Ebenso besteht die Rückzahlungspflicht, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung aus in seiner Sphäre liegenden und von ihm zu vertretenden Gründen vorzeitig abbricht.”

Unwirksame Vertragsklausel

Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage auf Rückzahlung der Fortbildungskosten nun mit der Begründung ab, die entsprechende Klausel sei wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Zwar unterscheide die Klausel zwischen verschiedenen Beendigungstatbeständen, die eine Rückzahlungspflicht begründen können. Es sei aber unzulässig, die Rückzahlungspflicht an jedes Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers zu knüpfen.

§ 3 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags verstoße daher gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Wenn der Mitarbeiter ohne sein Verschulden dauerhaft nicht mehr in der Lage sei, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, sei der arbeitsvertraglich vorgesehene Leistungsaustausch nicht mehr möglich. Damit könne der Arbeitgeber unabhängig von der Kündigung des Arbeitnehmers dessen Qualifikation bis zum Ablauf der Bindungsdauer ohnehin nicht mehr nutzen. An dem Fortbestehen eines nicht mehr erfüllbaren Arbeitsverhältnisses bestehe in der Regel kein berechtigtes Interesse.


Keine Pflicht zur Rückzahlung

Die wichtigste Folge einer unwirksamen Rückzahlungsvereinbarung: Der Mitarbeiter muss die gesamten Fortbildungskosten nicht an den Arbeitgeber zurückzahlen.

Schon eine unwirksame Klausel genügt

In den häufigsten Fällen genügt bereits eine einzige unzulässige Klausel, damit die gesamte Rückzahlungsvereinbarung unwirksam wird. Die Folge: Arbeitnehmer müssen auch bei einer Kündigung die Studienkosten nicht zurückzahlen.

Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Simon Bürgler ist auf Fort- und Weiterbildungsvereinbarungen spezialisiert. In zahlreichen außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren hat er bereits solche Verträge überprüft und erfolgreich durchgesetzt, dass seine Mandanten im Falle der Eigenkündigung nichts an ihren Arbeitgeber zurückbezahlen müssen.

Foto(s): iStock.com/kasto80

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Simon Bürgler

Beiträge zum Thema