Kündigung nach Aufnahme von Personalgespräch?

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Rechtfertigt der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs eine fristlose oder zumindest eine ordentliche Kündigung? Mit der Beantwortung dieser Frage und einer dies betreffenden Entscheidung des ArbG Freiburg (vgl. ArbG Freiburg/Breisgau, Urteil vom 27. Oktober 2022 – 2 Ca 193/22 –, juris; s. a. Bissels/Singraven, jurisPR-ArbR 36/2023 Anm. 8) befasst sich der folgende Beitrag.


 Sachverhalt

Der Kläger in dem Verfahren vor dem ArbG Freiburg war seit 19 Jahren bei der Beklagten angestellt (a. a. O.). Er wurde Ende Januar 2022 überraschend zu einem sehr emotionalen Personalgespräch geladen, wo die Beklagte den Kläger mit diversen arbeitsrechtlichen Verfehlungen konfrontierte (a. a. O.). Der Kläger fühlte sich stark bedrängt und war sehr verunsichert (a. a. O.). Er litt im Anschluss an Schlafstörungen war auf die Einnahme von Beruhigungstabletten angewiesen (a. a. O.). Im Rahmen eines einige Tage später erfolgten weiteren Personalgesprächs fertigte der Kläger heimlich eine Tonaufnahme und behielt diese für sich (a. a. O.).

In Folge einer Versetzung des Klägers durch die Beklagte hatte der Kläger hiergegen vor dem ArbG Klage erhoben und bot die Tonaufnahme als Beweismittel an (a. a. O.). Nach Anhörung des Betriebsrats sprach die Beklagte eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus, wogegen der Kläger eine Kündigungsschutzklage vor dem ArbG Freiburg erhob (a. a. O.).


Urteil des ArbG Freiburg

Der Kündigungsschutzklage wurde vom ArbG nur teilweise stattgegeben (a. a. O.). Nur die fristlose Kündigung sei unverhältnismäßig und daher unwirksam, während die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt und damit rechtmäßig wäre (a. a. O).

Nach Auffassung des ArbG hätte sich der Kläger der Straftat der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gem. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht und i. S. v. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht seiner Gesprächspartner verletzt (a. a. O.).

Nur in Anbetracht des sehr langen Bestands des Arbeitsverhältnisses sei nicht bereits die außerordentliche Kündigung wirksam gewesen (a. a. O.). Nur wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls sei eine fristlose Kündigung ausnahmsweise unverhältnismäßig (a. a. O.). Dies begründete das ArbG mit der langen Betriebszugehörigkeit des Klägers, seiner Unterhaltspflicht für zwei Kinder, dessen emotional angespannter Lage, seinem Handeln aus Unsicherheit sowie der fehlenden Wiederholungsgefahr (a. a. O.).

Die ordentliche Kündigung war indes auch nach Auffassung des ArbG Freiburg wirksam und sozial gerechtfertigt (a. a. O.). Auf Grund der vorliegend schwerwiegenden Pflichtverletzung hätte es auch zuvor keiner Abmahnung bedurft (a. a. O.). Der Arbeitgeber sei nämlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass seine Mitarbeiter im beruflichen Rahmen auf die Vertraulichkeit ihres Wortes vertrauen könnten und müsse sich schützend vor die betr. Arbeitnehmer stellen (a. a. O.). Die Beklagte könne deshalb von Mitarbeitern, deren Persönlichkeitsrechte durch den Kläger hier verletzt worden seien, nicht verlangen, dauerhaft mit dem Kläger weiter zusammenzuarbeiten (a. a. O.). Da auch der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört wurde, sei die ordentliche, fristgerechte Kündigung des Klägers sozial gerechtfertigt und i. Erg. rechtmäßig (a. a. O.).


Rechtliche Bewertung

Heimliche Mitschnitte von Gesprächen (z. B. Tonaufnahmen) sind regelmäßig untersagt und u. U. auch strafrechtlich relevant. Beiden Arbeitsvertragsparteien (Arbeitnehmern und Arbeitgebern) ist daher dringend abzuraten, solche Aufnahmen zu erstellen und diese gar zur Durchsetzung etwaiger Rechte in gerichtliche oder behördliche Verfahren einzuführen. Zumal insofern ohnehin i. d. R. Beweisverwertungsverbote bestehen dürften. Dasselbe gilt natürlich auch für Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst. Auch Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst drohen neben etwaigen strafrechtlichen Folgen die Kündigung bzw. beamtenrechtlichen ein Disziplinarverfahren und Disziplinarstrafen i. S. d. einschlägigen Disziplinarrechts bis hin zur Entfernung aus dem Dienst.


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