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Lebensversicherung - Schweigepflicht über den Tod hinaus

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Verschwiegene oder falsche Angaben zur Gesundheit sind für eine Lebensversicherung bares Geld. Weist die Versicherung sie nach, kann sie den Vertrag wegen arglistiger Täuschung erfolgreich anfechten. Ihre Leistungspflicht entfällt. Auf Aussagen des behandelnden Arztes setzen kann sie bei ihrem notwendigen Beweis allerdings nicht. Denn der Tod eines Versicherten entbindet nicht automatisch von der Schweigepflicht. Und für eine mutmaßliche Schweigerechtsentbindung bedarf es eines besonderen Interesses, das regelmäßig fehlt.

Keine Mitwirkungspflicht Versicherter

Der Mann hatte im September 2003 eine Risikolebensversicherung abgeschlossen. 75.000 Euro sollte diese im Todesfall zahlen. Im Januar 2010 verstarb der Mann an Darmkrebs. Sein Sohn machte daraufhin als Erbe die Versicherungssumme geltend. Statt zu leisten, focht die Versicherung den Vertrag im Rahmen der wegen Nichtleistung erhobenen Klage an.

Die Frage im Versicherungsantrag nach Behandlungen, Untersuchungen oder Beratungen wegen gesundheitlicher Probleme in den fünf Jahren zuvor habe der versicherte Vater damals wahrheitswidrig mit „Nein“ beantwortet. Aus einem ihr vorliegenden ärztlichen Bericht des ehemaligen Hausarztes gehe jedoch hervor, dass er bereits zwei Monate vor Vertragsabschluss einschlägig in Hinblick auf die spätere Krebserkrankung behandelt worden sei. Im selben Jahr 2003 habe man bei dem später Verstorbenen zudem ein Karzinom im Anfangsstadium festgestellt. An der gerichtlichen Verwertung dieser Erkenntnisse bestanden jedoch Zweifel. Die Versicherung benannte daher daraufhin den Hausarzt zum Zeugen im Prozess. Obendrein verlangte sie die nachträgliche Entbindung von der Schweigepflicht aufgrund der Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers. Ansonsten werde sie mangels Mitwirkung leistungsfrei. Letzteres ist jedoch als Folge im einschlägigen § 31 Versicherungsvertragsgesetz nicht festgelegt. Auch die vertragliche Vereinbarung einer entsprechenden Sanktion für eine fehlende Mitwirkung fehlte. Nicht zuletzt wird nach dem Tod des Versicherten die nur ihn treffende Mitwirkungspflicht ohnehin hinfällig.

Arzt hat Zeugnisverweigerungsrecht

Im Prozess verwies der Arzt auf sein Zeugnisverweigerungsrecht in Hinblick auf seine ärztliche Schweigepflicht. Die Versicherung verwies daraufhin auf eine vom Verstorbenen erklärte Entbindung von der Schweigepflicht im damaligen Versicherungsantrag. Pauschale Schweigerechtsentbindungen haben aufgrund der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, nach der die Entscheidung jedes Einzelnen frei ist, wie viel er über sich - insb. seiner Gesundheit - offenbart, durch das Bundesverfassungsgericht erhebliche Einschränkungen erfahren (Beschluss v. 23.10.2006, Az.: 1 BvR 2027/02; Beschluss vom 17.07.2013, Az.:1 BvR 3167/08). Mangels Wirksamkeit war der Versicherung ein Berufen auf die zu weitgehende Schweigerechtsentbindung daher verwehrt.

So blieb ihr in Hinblick auf das Zeugnisverweigerungsrecht nur eine mutmaßliche Einwilligung des Verstorbenen, durch die der Arzt ohne Befürchtung strafrechtlicher Konsequenzen hätte aussagen können. Denn aufgrund von § 203 Abs. Nr. 1 Strafgesetzbuch ist die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht strafbar. Dafür, dass der Verstorbene mutmaßlich an der Schweigerechtsentbindung seines Arztes interessiert war, gab es jedoch keine Anzeichen. Dementsprechend gelang der Versicherung auch hier kein Nachweis. Waren die Angaben der Meinung des Versicherten zufolge nämlich richtig, dann bedarf die Versicherung keiner weiteren Bestätigung. Waren die Angaben falsch, ist der Verstorbene daran interessiert gewesen, dass dies auch später geheim bleibt.

Nur wenn sich Zweifel in Hinblick auf den mutmaßlichen Willen ergeben, muss ein Arzt begründen, warum er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft. Ein Beispiel für ein im Nachhinein entfallendes Interesse wäre, dass zu Lebzeiten niemand von einer nur noch kurzen Lebenserwartung oder einer schweren Alkoholsucht erfährt. Solche Zweifel, dass der Verstorbene kein Geheimhaltungsinteresse über seinen Tod hinaus hatte, gab es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 03.09.2014, Az.: 12 W 37/14)

(GUE)

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