Lohnfortzahlung: Was passiert bei Betriebsschließungen?

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In der Pandemie waren nicht nur Arbeitnehmer persönlich von Corona-Maßnahmen betroffen, sondern häufig wurden im Rahmen von Lockdowns und anderen Beschränkungen ganze Betriebe geschlossen. Fraglich war lange, ob die Mitarbeiter eines solchen Betriebes für den Zeitraum der Schließung Anspruch auf Lohnfortzahlung haben sollen.

Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich das Betriebsrisiko, also das Risiko, die Arbeitnehmer aus betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigen zu können.

Danach wäre der Arbeitgeber grundsätzlich zur Lohnfortzahlung nach § 615 BGB verpflichtet, denn er kann eine Arbeitsleistung die der Arbeitnehmer erbringen möchte aufgrund der angeordneten Schließung nicht annehmen.

Bislang galt: Eine Pandemie sei ein Fall höherer Gewalt bzw. eine Naturkatastrophe, deren Risiko unter das Betriebsrisiko falle und somit dem Arbeitgeber zuzurechnen sei. Danach konnten Arbeitnehmer nach § 615 BGB Annahmeverzugslohn verlangen.

Als Grenze für das Tragen des Betriebsrisikos galt nach der Rechtsprechung in der Vergangenheit die Gefährdung der Existenz des Betriebs bei Weiterbezahlung der Bezüge.

Das Bundesarbeitsgericht entschied nun und von den Vorinstanzen abweichend: 

Zumindest ein Lockdown sei kein Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Muss ein Unternehmen wegen eines Lockdowns schließen, soll der Arbeitgeber nunmehr nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sein.

Der Arbeitgeber trage nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn zum Schutz der Bevölkerung durch behördliche Anordnung alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. Damit realisiere sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Vielmehr könne der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aufgrund eines hoheitlichen Eingriffs nicht anbieten. Hierfür trage der Arbeitgeber aber keine Einstands- und Zahlungspflicht. Insbesondere sei eine Betriebsschließung nicht zwingend auf die Pandemie als „Naturkatastrophe“ sondern häufig auf behördliche Entscheidungen zurückzuführen. Es sei Sache des Staates für einen Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen.

Dabei verwies das BAG insbesondere auf die Möglichkeit Kurzarbeitergeld zu beantragen. Arbeitgeber wären bei Vorliegen der Voraussetzungen dann aufgrund ihrer Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, von diesem Instrument Gebrauch zu machen und ihren Beschäftigten den Bezug von Kurzarbeitergeld zu ermöglichen.

Geringfügig Beschäftigte die nicht unter die Sozialversicherungspflicht fallen, sind aber von der Möglichkeit des Bezuges von Kurzarbeitergeld ausgenommen, insofern scheint es, als seien diese Personen kurzfristig schutzlos gestellt. Diese Lücken allein, so das BAG, seien aber kein Grund den Arbeitgebern die Last dieses Gesetzgebungsfehlers aufzubürden.

Unklar bleibt zunächst auch, ob die Entscheidung nur für Betriebe gilt, die kein pandemiespezifisches Risiko darstellen. So ist die Argumentation nicht ohne Weiteres auf Bars, Diskotheken oder körpernahe Dienstleistungen übertragbar, bei denen die Betriebsschließung häufig allein aufgrund der damit verbundenen Infektionsrisiken begründet wurde. Entschieden hatte das BAG in einem Fall, bei dem es um die Schließung eines Einzelhandelsgeschäftes ging.

LINDEMANN Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Stephan Kersten

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Foto(s): LINDEMANN Rechtsanwälte

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