Lohnt sich Urkundsprozess für den Gewerberaumvermieter?

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Der BGH hat sich am 16. Februar 2022 (Az. XII ZR 17/21) mit der Frage der Gewerberaummiete und der coronabedingten Minderung der Miete in einem Urkundenprozess befasst. Lohnt sich der Urkundsprozess für Gewerberaumvermieter?

Bereits im Januar 2022 hatte sich der BGH mit der Minderung der Gewerbemiete infolge einer coronabedingten Geschäftsschließung beschäftigt. 

Dies haben wir für Sie hier überblicksartig zusammengestellt.

Sachverhalt

Die Klägerin begehrte die Zahlung der restlichen Gewerberaummiete von April bis Juni 2020. Die Beklagte betrieb einen Einzelhandel für den Vertrieb von Damenoberbekleidung und begehrt Minderung der Miete aufgrund der Einschränkungen der Coronaverordnung.

Urkundenprozess bei Mietforderungen

Der Urkundenprozess ist eine besondere Verfahrensart und soll dem Kläger einen Vollstreckungstitel ohne aufwendige Beweisaufnahme verschaffen. Er ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH bei Mietforderungen (BGH, NJW 2005, 2701; BGH, NJW 2007, 1061) statthaft (§ 592 ZPO). Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Mieter Mietminderung oder die Einrede des nichterfüllten Vertrags nach § 320 BGB geltend mache. Der Vermieter müsse im Urkundenprozess nur den Mietvertrag vorlegen und beweisen, dass er die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand an den Mieter überlassen hat, wenn dies nicht unstreitig ist. Nach Überlassung der Mietsache treffe dagegen den Mieter die Beweislast für Mängel und ebenfalls für Einwendungen gegen die vertraglich vereinbarte Miete.

BGH - Keine Verdrängung der mietrechtlichen und allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften

Der BGH betont zunächst, dass Art. 240 § 2 EGBGB die mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und auch die schuldrechtlichen allgemeinen Vorschriften nicht ausschließe. "Eine dahingehende gesetzgeberische Absicht lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift, dem Gesetzeszweck und der Gesetzesbegründung nicht entnehmen.“

BGH - Kein Mietmangel, keine Minderung der Gewerberaummiete

Weiter führt der BGH aus, dass durch die Coronaverordnung und die daraus folgende eingeschränkte Nutzbarkeit kein Mangel der Mietsache nach § 536 Abs. 1 S. 1 BGB bestehe.

Diese Einschränkungen beruhen nämlich nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache, sondern knüpfen an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin mit dem sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt bzw. beschränkt werden sollte. Durch die Verordnungen wurde jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher grundsätzlich weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 26 ff. mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).“

Der BGH ist zudem der Ansicht, dass die Überlassung und Erhaltung der Mietsache auch nicht unmöglich war, §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB.

BGH - Anspruch auf Vertragsanpassung


Ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Mietanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB komme grundsätzlich in Betracht (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99). Es muss aber dem Mieter unter Berücksichtigung aller Einzelumstände ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar sein. „Grundsätzlich obliegt es der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist. Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung oder -einschränkung muss deshalb der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile, die eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen, ihm durch die Maßnahme entstanden sind, und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen.

Dies ist im Urkundsverfahren aber nicht möglich, da alle diese Umstände im Urkundenprozess gem. §§ 598, 595II und III ZPO als nicht statthaft anzusehen sind, weil sie nicht mit den im Urkundenprozess allein zulässigen Beweismittel der Urkundsvorlage bewiesen werden können. Damit lohnt sich ein Urkundsprozess für den Gewerbevermieter!

Dr. Krieg & Kollegen Rechtsanwälte

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