Markenabmahnung: Louis Vuitton verliert Klage auf Abmahnkosten teilweise vor Gericht

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Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 25.08.2017 noch einmal klargestellt, dass der Gegenstandswert bei Markenabmahnungen auch bei Luxusmarken stets anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist. Zudem wies es darauf hin, dass Markenabmahnungen nicht automatisch eine 1,5 Geschäftsgebühr auslösen.

Angebot eines Schals mit Muster „Toile Monogram“ durch Fotohändler

Die Klägerin (Louis Vuitton) ist Inhaberin des als Unionsbildmarke geschützten Musters „Toile Monogram“. Der von Rechtsanwältin Denise Himburg vertretene Beklagte betreibt ein kleines Fotogeschäft am Rande von Berlin. Aus Anlass des bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts nahm er zur Sortimentsergänzung einen Ständer mit Schals in sein Sortiment auf. Unter diesen Schals befand sich auch ein Schal, der dem „Toile Monogram“-Muster ähnlich war.

Louis Vuitton erwarb über einen Testkäufer diesen Schal und ließ den Beklagten sodann abmahnen. In der Abmahnung wurde der Beklagte neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Auskunft, Anerkennung seiner Schadensersatzplicht, Zahlung von Testkaufkosten von 195 EUR sowie zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 2.657,00 EUR (berechnet nach einer 1,5 Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von 150.000 EUR) aufgefordert.

Der Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, erteilte Auskunft, zahlte die Testkaufkosten und erstattete Abmahnkosten in Höhe von 1.531,90 (berechnet nach einer 1,3 Gebühr und einem Gegenstandswert von 50.000 EUR). Die Zahlung weiterer Abmahnkosten lehnte er mit der Begründung ab, dass aufgrund der vorliegenden besonderen Umstände (Angebot nur eines Schals, Fotogeschäft, geringes Verschulden) ein Streitwert von 150.000 EUR völlig unangemessen sei.

Louis Vuitton erhebt Klage wegen restlicher Abmahnkosten wegen Markenverletzung

Louis Vuitton genügte dies nicht und klagte weitere Abmahnkosten in Höhe von 1.125,10 EUR beim Landgericht Berlin ein. Louis Vuitton vertrat die Ansicht, angesichts ihrer Größe und Bekanntheit der wirtschaftlichen Bedeutung der Unionsmarke „Toile Monogram“ sei die Gefahr der Verwässerung der Marke bereits durch wenige Plagiate gegeben, aufgrund der Nachahmungsgefahr sei ein Gegenstandswert von 150.000 EUR angemessen. Da es sich bei Kennzeichenstreitsachen um eine komplexe Spezialmaterie handele, lösen diese zudem regelmäßig eine 1,5-fache Geschäftsgebühr aus.

Urteil: Gegenstandswert von 150.000 EUR bei bekannten Marken unangemessen

Das Landgericht Berlin gab der Klage von Louis Vuitton nur zu einem geringen Teil (40 %) statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung weiterer Abmahnkosten in Höhe von 442 EUR. Das Gericht begründete die Teilabweisung damit, dass aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles ausnahmsweise „nur“ ein Gegenstandswert von 100.000 EUR angemessen sei (was für den Verkauf eines Schals zu einem Preis von 10 EUR immer noch hoch ist).

Grundsätze zur Bestimmung des Gegenstandswerts bei Markenverletzungen

Zunächst wies das Landgericht Berlin auf die vom BGH aufgestellten allgemeinen Grundsätze zur Berechnung des Gegenstandswertes bei Markenverletzungen hin:

„Der Wert des dazu in erster Linie gehörenden Unterlassungsanspruchs kann regelmäßig nur pauschalierend auf der Grundlage der im Einzelfall bekannten Indiztatsachen prognostiziert werden. Die Prognose gilt zum einen dem Wert des Schutzrechts unter Berücksichtigung der Bedeutung seines Gegenstands und der noch verbleibenden Laufzeit, zum anderen der Einschätzung, inwieweit die Realisierung dieses Werts durch den Verletzer in Zukunft gefährdet werden könnte. Dafür bietet der Umfang der bereits begangenen Verletzungen regelmäßig den greifbarsten Anhaltspunkt. Daneben können allgemein Art und Umfang der bisherigen wirtschaftlichen Tätigkeit, vorhandene betriebliche Einrichtungen und Handelsbeziehungen, personelle Ausstattung sowie Finanzkraft sowohl des Schutzrechtsinhabers als auch des Verletzers Anhaltspunkte dafür bieten, welche Benutzungshandlungen künftig zu erwarten sind. Auch subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers, wie etwa der Verschuldensgrad, können, schließlich Rückschlüsse auf die vom Verletzer ausgehende Gefährdung der Rechte des Schutzrechtsinhabers zulassen (...).“

Umstände des konkreten Einzelfalles bei Markenverletzung maßgeblich

Unter Beachtung dieser Grundsätze sei der Gegenstandswert für die vorliegende Markenabmahnung ausnahmsweise mit (nur) 100.000 EUR anzusetzen:

„Der Klägerin ist dabei beizupflichten, dass wegen der Bekanntheit der streitgegenständlichen Marke (...) regelmäßig ein Gegenstandswert von 150.000,– EUR der Abmahnung zugrunde zu legen ist, auch weil der Gefahr der Verwässerung der Marke durch Plagiate großes wirtschaftliches Gewicht für die Klägerin beikommt. Da der Beklagte aber nur einen einzigen Schal (Halstuch) in seinem Sortiment führte, erscheint hier ausnahmsweise ein geringerer Wertansatz von 100.000,- EUR gerechtfertigt. Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Verfahrenseinleitung von einem größeren Warenbestand bei dem Beklagten ausgehen durften, sind weder ersichtlich noch dargetan, insbesondere nicht vom Testkäufer ermittelt worden. Es mag zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass ein Einzelhändler nicht nur Einzelstücke zum Verkauf anbietet, sondern gleichartige Ware in handelsüblichen Mengen auf Lager hat. Dahingehende Anhaltspunkte finden sich im vorliegenden Fall aber nicht, zumal es sich bei seinem Gesamtangebot von Schals nur um ein Nebensortiment zum eigentlichen Fotogeschäft des Beklagten handelt. Den wesentlichen Wert des Unterlassungsanspruchs macht mithin hier seine Zukunftswirkung aus.“

1,5 Geschäftsgebühr bei Markenabmahnung nicht per se gerechtfertigt

Auch der Ansicht von Louis Vuitton bzw. der sie vertretenden Kanzlei CBH Rechtsanwälte, bei Markenabmahnungen sei stets eine 1,5-fache Geschäftsgebühr anzusetzen, erteilte das Landgericht Berlin (in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH) eine Abfuhr:

„Ein höherer Gebührenfaktor als der 1,3-fache Regelsatz erscheint den Umständen nach nicht gerechtfertigt. Besondere Umstände, die ausnahmsweise einen Ansatz von 1,5 rechtfertigten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Weder der Testkauf noch die Gewerbeauskunft machten die nicht per überdurchschnittliche markenrechtliche Angelegenheit (…) für den Prozessbevollmächtigten überdurchschnittlich umfangreich oder schwierig.“

Vor dem Hintergrund, dass die von Louis Vuitton beauftragten Rechtsanwälte (bisher Kanzlei Preu und Bohlig, nunmehr CBH) langjährige Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz sind, sich im Markenrecht also bestens auskennen und Markenabmahnungen ihr tägliches (Abmahn-) Geschäft sind, ist die Ansetzung einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr mehr als unverständlich.

Landgericht Berlin, Urteil vom 25.08.2017, Az.: 15 O 470/16

Fazit

Selbst wenn eine Markenverletzung vorliegt, bedeutet dies nicht, dass die in den Abmahnungen geltend gemachten Zahlungsforderungen, insbesondere die gemachten Abmahnkosten gerechtfertigt sind. Mögen bei der Verletzung von weltweit bekannten Luxusmarken grundsätzlich die Ansetzung hoher Gegenstandswerte bis zu 150.000 EUR gerechtfertigt sein, so ist maßgeblich jedoch stets der konkrete Einzelfall. Liegen besondere Umstände vor, die das Angriffsrisiko als gering erscheinen lassen, ist der Gegenstandswert auch bei der Verletzung von weltweit bekannten Marken herunterzusetzen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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