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Motorschaden beim Werkstatttermin – wer haftet?

  • 5 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Normalerweise müssen Autofahrer mit ihrem Kfz ein paarmal im Jahr in die Werkstatt – und sei es nur, um die Reifen wechseln oder die Hauptinspektion durchführen zu lassen. Allerdings rechnen sie nicht damit, ihr Fahrzeug samt Motorschaden zurückzubekommen. Für die nunmehr kfz-losen Autofahrer stellt sich dann die Frage, ob sie von der Werkstatt Schadenersatz verlangen können.

Auftrag zum Reifenwechsel und zur Spureinstellung

Eine Frau erschien bei der Werkstatt ihres Vertrauens, um an ihrem sechs Jahre alten Kfz mit einer Laufleistung von „fast exakt“ 90.000 km die Reifen wechseln und die Vorder- sowie Hinterachseneinstellung kontrollieren zu lassen – zumindest wurden nur diese beiden Anweisungen auf dem schriftlichen Werkstattauftrag dokumentiert. Die Spureinstellung musste jedoch bei einem drei Kilometer entfernten Subunternehmer durchgeführt werden, weil die Werkstatt selbst nicht über einen Spurstand verfügte. Auf dem Rückweg erlitt das Auto einen Motorschaden.

Nun verlangte die Kfz-Eigentümerin von der Werkstatt Schadenersatz. Diese hätte in jedem Fall auch den Motor checken müssen. Dafür gebe es mehrere Gründe: So habe sie die Werkstattmitarbeiter deutlich auf das Blinken der Motorwarnleuchte sowie seltsame Motorgeräusche hingewiesen. Daher habe sie von Anfang an einen Komplettcheck verlangt, sei mangels freien Terminen aber vertröstet worden. Außerdem sei eine Kontrolle nötig gewesen, weil laut Herstellervorgaben bei einem sechs Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 90.000 km die Überprüfung – und notfalls auch der Austausch des Zahnriemens – vorzunehmen seien.

Schadensursache nicht aufklärbar

Der Werkstattbetreiber wies jede Schuld von sich, sodass die Autofahrerin vor Gericht zog. Selbst ein Sachverständiger konnte nicht aufklären, wie es zu dem Motorschaden kommen konnte. So sei es unter anderem auch möglich, dass irgendwann ein Fremdkörper in den Zahnriementrieb geraten sei und den Schaden verursacht hat. Deshalb hätte selbst ein etwaiger Hinweis der Autofahrerin auf eine blinkende Motorwarnleuchte wohl den Schaden nicht verhindert.

Dieser Ansicht war auch der Werkstattbetreiber, der ferner darauf hinwies, dass seine Angestellte bei der Fahrt zum und vom Spurstand keine Motorwarnleuchte habe blinken sehen. Auch seltsame Motorgeräusche habe sie bis zum Motorschaden nicht gehört. Ansonsten hätte er als Werkstattbetreiber dafür gesorgt, dass sich seine Angestellten – nach Rücksprache mit der Fahrzeugeigentümerin – vielmehr um den etwaigen größeren Schaden kümmern und den Reifenwechsel bzw. die Achsvermessung zunächst zurückstellen.

Keine Pflicht der Werkstatt zum Komplettcheck

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken wies sämtliche Ansprüche der Autofahrerin zurück. Die Werkstatt musste daher keinen Schadenersatz zahlen.

Nur Reifenwechsel und Spureinstellung geschuldet

Die Richter wiesen darauf hin, dass die Kfz-Eigentümerin lediglich einen Reifenwechsel sowie eine Spureinstellung in Auftrag gegeben habe. Die Werkstatt war aus diesem Grund auch nur zur Erledigung dieser Aufgaben verpflichtet. Eine weitergehende Inspektionspflicht gab es nicht – und zwar auch nicht deshalb, weil die Frau eventuell, was jedoch bis zuletzt unklar blieb, einen anderen Termin für einen Komplettcheck ausgemacht hatte.

Kein Verstoß gegen Aufklärungs- oder Beratungspflicht

Entdecken die Werkstattmitarbeiter während der Erledigung des Auftrags einen Mangel und beeinträchtigt dieser die Betriebssicherheit des Kfz, muss der Auftraggeber – also in der Regel der Kfz-Eigentümer – darüber informiert werden. Das gilt aber nur, sofern ihnen dieser Mangel im Rahmen des konkret zu erledigenden Auftrags auffällt. Wurde also explizit nur ein Reifenwechsel verlangt, müssen die Kfz-Mechaniker nicht auch in den Motor schauen und prüfen, ob dort alles in Ordnung ist – und zwar selbst dann nicht, wenn laut Herstellervorgaben eine Wartung ansteht. Fällt ihnen dagegen beim Reifenwechsel z. B. ein Nagel im Reifen auf, muss der Kfz-Eigentümer darauf hingewiesen und der Reifen grundsätzlich ausgetauscht werden.

Vorliegend umfasste der konkrete Auftrag nicht die Überprüfung des Motors. Die Kfz-Eigentümerin war vielmehr explizit darauf hingewiesen worden, dass die Werkstatt keine Zeit für einen Komplettcheck habe, sondern nur der Reifenwechsel sowie die Spureinstellung durchgeführt werden könne. Anstatt den Komplettcheck deswegen unverzüglich von einer anderen Werkstatt durchführen zu lassen, ließ sich die Frau vielmehr auf einen weiteren Termin vertrösten. Die Werkstatt war deshalb nicht verpflichtet, sie auf die Einhaltung der Herstellervorgaben hinzuweisen. Die Frau handelte schließlich auf eigenes Risiko – nämlich dass ihr Kfz während der Wartezeit einen Schaden erleidet, der mit einer rechtzeitigen Inspektion womöglich hätte verhindert werden können.

Schadensursache blieb unklar

Allerdings hatten der Motorschaden und die tatsächlich geleisteten Arbeiten – also der Reifenwechsel und die Spureinstellung – nichts miteinander zu tun. Die Werkstatt hatte keine mangelhafte Leistung erbracht. Ferner gab es keinen Nachweis, dass die Motorleuchte geblinkt und der Motor seltsame Geräusche von sich gegeben hat bzw. dass die Werkstatt darüber explizit informiert worden war. Beides hat die Angestellte, die die Spureinstellung durchgeführt hatte, verneint. Auch hätte sich der Werkstattbetreiber beim Blinken der Warnleuchte nach eigenen Aussagen unverzüglich um den etwaigen größeren Schaden gekümmert, anstatt nur die Reifen zu wechseln.

Doch selbst wenn die Behauptungen der Kfz-Eigentümerin bezüglich der Warnleuchte und der Motorgeräusche stimmen sollten, so gab es keinen Beweis, dass ein Rat des Werkstattbetreibers auf Durchführung einer notwendigen Inspektion den Schaden verhindert hätte. Laut Sachverständigengutachten war es nämlich durchaus möglich, dass ein Fremdkörper in den Zahnriementrieb geraten ist und es deshalb zum Schaden kam. Wäre der Fremdkörper z. B. nach der Inspektion in den Motor geraten, hätte diese den Schaden keinesfalls verhindert. Weil die Schadensursache bis zuletzt unklar blieb, konnte das Gericht auch nicht zweifelsfrei feststellen, ob die Werkstatt gegen eine Pflicht verstoßen hat und damit schuld am Motorschaden gewesen ist.

Das Gericht hatte darüber hinaus Zweifel, ob die Motorwarnleuchte tatsächlich geblinkt und der Motor seltsame Geräusche gemacht hat. Dann nämlich würde ein vernünftiger Mensch – auch wenn er kein technischer Fachmann ist – den Wagen stehen lassen bzw. auf eine unverzügliche Inspektion bestehen, anstatt zunächst die Reifen wechseln zu lassen. Auch war auf dem Werkstattauftrag kein Problem mit dem Motor vermerkt worden. Zusammenfassend war eine Haftung der Werkstatt mangels Verschulden abzulehnen.

Fazit: Eine Werkstatt muss nur die aufgetragenen Arbeiten erledigen – mehr nicht. Kfz-Eigentümer sollten daher unverzüglich bei Beauftragung der Fachleute auf etwaige Mängel am Fahrzeug hinweisen.

(OLG Saarbrücken, Urteil v. 18.02.2016, Az.: 4 U 60/15)

(VOI)

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