OLG Brandenburg: Nennbetrag aus Genussrechten ohne nachvollziehbare Verluste voll rückzahlbar

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Ein Anleger kann sein Kapital aus Genussrechten in voller Höhe zurückverlangen, wenn die für den Rückzahlungsanspruch reduzierenden Verluste nicht nachvollziehbar sind (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.07.2022, Az. 12 U 58/22). Der Kläger hatte in Genussrechte einer Aktiengesellschaft investiert, kündigte diese zum zehnten Jahr und verlangte den Nennbetrag in voller Höhe zurück. Die Beklagte machte geltend, der Buchwert der Genussrechte belaufe sich auf EUR 0,00 und verweigerte die Rückzahlung.

Das OLG Brandenburg gab dem Kläger – wie auch das Landgericht – in erster Instanz recht. Nach den Genussrechtsbedingungen war der Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals in Höhe des Nennbetrages  abzüglich etwaiger Verlustanteile geschuldet. Der Verlustanteil berechnete sich laut den Genussrechtsbedingungen nach der gemäß IFRS erstellten Gewinn- und Verlustrechnung bzw. dem für das jeweilige Geschäftsjahr hierin auszuweisenden Jahresfehlbetrag.

Die bilanzielle Abwertung des Wertes der Genussrechte war nach Auffassung des OLG Brandenburg für den Rückzahlungsanspruch hingegen unbeachtlich. Die Beklagte hatte mitgeteilt, aus rechtlichen und steuerrechtlichen Gründen die Buchwerte aller Genussrechte zum Stichtag 31.12.2017 vorrübergehend auf ein Minimum abzuwerten. Das Gericht vermisste jedoch einen realen Verlust für die Abwertung in den jährlichen Gewinn- und Verlustrechnungen. Allein der Hinweis der Beklagten auf einen Buchwert der Genussrechte im Fall der Kündigung von EUR 0,00 wies das Gericht als nicht nachvollziehbar zurück. So hat es die Beklagte unterlassen, darzulegen, welche Entwicklung die Genussrechte tatsächlich genommen hatten. So hatte die Beklagte auf eine lediglich temporäre Abwertung der Genussrechte aus rechtlichen und steuerlichen Gründen verwiesen, die langfristig vorteilhaft sei. Zu Jahresfehlbeträgen hatte die Beklagte nicht vorgetragen.

Der Entscheidung des OLG Brandenburg ist zuzustimmen. Die Verlustbeteiligung von Genussrechtskapital orientiert sich in der regelmäßig am Jahresfehlbetrag der Gewinn- und Verlustrechnung einer Gesellschaft oder am Bilanzverlust. Soweit die Genussrechtsbedingungen für die Anrechnung von Verlusten auf Rückzahlungsanspruch des Nennbetrags auf solche Positionen der Rechnungslegung konkret Bezug nehmen, besteht für den Genussrechtsemittenten kein Handlungsspielraum. Vielmehr muss er sich an den in den Bedingungen festgehaltenen rechtlichen Begrifflichkeiten festhalten lassen (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 29.04.2014, Az. II ZR 395/12). Die Berechnung des Verlustanteils nach dem Buchwert (ggf. abweichend vom realen Wert) war danach abzulehnen.



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