OLG Frankfurt: Keine Urheberangabe bei gewerblicher Nutzung von Fotolia Fotos erforderlich

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Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass Fotografen gegenüber Microstock-Agenturen wie Fotolia, Adobe Stock, iStock & Co. in AGB wirksam auf ihr Recht zur Urheberangabe verzichten können. Daher sind auch Bestimmungen in den Standardlizenzen für Fotolia Kunden wirksam, die eine Urheberangabe nur bei einer redaktionellen Nutzung vorschreiben. Werden Fotolia (Adobe Stock & Co.) Bilder für kommerzielle Zwecke genutzt, ist daher keine Urheberangabe erforderlich.

Massenweise Abmahnung wegen fehlender Urheberangabe

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Webseitenbetreiber von Fotografen (u.a. Stephan Karg, Dirk Vonten) wegen der Nutzung von Fotolia Fotos abgemahnt, da sie den Urheber nicht benannt haben. 

Obgleich die Bilder auf Fotolia für wenige Euros lizenziert werden, wurde in den Abmahnungen neben der Erstattung von Dokumentationskosten und Abmahnkosten stets Schadensersatz in drei- oder vierstelliger Höhe gefordert. 

Mittlerweile haben zahlreiche Gerichte entschieden, dass bei der gewerblichen Nutzung von Fotolia Fotos keine Urheberangabe erforderlich ist (LG Köln, LG Kassel, LG Nürnberg, AG Charlottenburg). 

Dieser Ansicht schloss sich nunmehr auch das OLG Frankfurt a.M. an.

Abmahnung von Dirk Vonten (Kanzlei Hegewerk)

In dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt a.M. ging es um die Berufung gegen das Urteil des LG Kassel vom 27.05.2021 (10 O 2109/20). Streitgegenstand war das Foto „Frankfurter Skyline“, welches von Dirk Vonten (ehemals) auf Fotolia vermarktet wurde.

Vonten vermarktet seine Werke ausschließlich über Microstock-Portale wie Fotolia, über eine eigenständige individuelle Lizenzvergabe verfügt er nicht. Im Klageverfahren gab er selbst an, zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit zu gehören, seine Werke seien bei Fotolia äußerst beliebt und die Vermarktung sehr erfolgreich gewesen.

Meine Mandantin hatte das Bild "Frankfurter Skyline" über ihren Fotolia Account lizenziert und auf ihrer gewerblichen Webseite ohne Urheberangabe genutzt. Wie zahlreiche andere, erhielt auch meine Mandantin eine Abmahnung von Dirk Vonten wegen Urheberrechtsverletzung, in der ihr u.a. vorgeworfen wurde, das Bild ohne Urheberangabe genutzt und daher gegen § 13 UrhG verstoßen zu haben. 

Da meine Mandantin das Bild legal lizenziert hatte, wurde die Abmahnung zurückgewiesen und Herr Vonten zur Erstattung der meiner Mandantin entstandenen Rechtsverteidigungskosten aufgefordert.

Klageverfahren LG Kassel: Vonten verliert

Das LG Kassel wies die Klage von Vonten auf Unterlassung und Zahlung vollumfänglich ab und gab der Widerklage meiner Mandantin auf Erstattung der Rechtsverteidigungskosten statt (LG Kassel, Urteil vom 27.05.2021, AZ 10 O 2109/20). 

Berufung OLG Frankfurt am Main: Vonten verliert

Das wollte Herr Vonten nicht auf sich sitzen lassen und legte beim OLG Frankfurt a.M. Berufung ein - erfolglos! Das OLG Frankfurt a.M. hat sich in seinem Urteil (35 Seiten) mit diversen rechtlichen Fragen bei der Vermarktung von Bildern auf Fotolia befasst, die sich auch Bildern anderer Microstock-Portale (Adobe Stock, iStock & Co.) stellen. 

So befasste sich das Gericht mit der bisher höchstrichterlich nicht geklärten Frage, ob Fotografen in Upload-Verträgen (= AGB) von Microstock-Portalen wie Fotolia wirksam auf ihr Recht auf Urheberbenennung (§ 13 UrhG) verzichten können. Das Gericht bejahte dies und stellte dabei dezidiert auf das spezielle Geschäftsmodell von Microstock-Portalen ab.

Verzicht auf Urheberangabe bei Fotolia wirksam

Fotografen, die ihre Bilder auf Fotolia vermarkten, schlossen mit Fotolia einen sog. Upload-Vertrag ab. Hierbei handelt es sich um AGB. Diese sahen u.a. vor, dass weder Fotolia noch Fotolia Nutzer verpflichtet sind, den Fotografen als Urheber anzugeben. Vonten argumentierte, dass dieser Verzicht unwirksam sei.

Das OLG Frankfurt ist anderer Ansicht und hält den Verzicht für wirksam und begründet dies mit dem besonderen Geschäftsmodell von Microstock-Agenturen und der bewussten Entscheidung der Fotografen, ihre Bilder auf Microstock-Agenturen wie Fotolia zu vermarkten: 

"Der Verzicht des Klägers auf die Urhebernennung für jede Art der Verwendung des Werks durch die Kunden von Fotolia stellt keine unangemessene Benachteiligung des Klägers iSv § 307 BGB dar.

Zwar widerspricht der Verzicht des Urhebers auf die Urheberbenennung gegenüber dem Lizenznehmer dem gesetzlichen Leitbild des § 13 UrhG. (...) 

Trotzdem stellt der vorliegend erklärte Verzicht keine unangemessene Benachteiligung des Urhebers dar, da der Urheber (hier: der Kläger) sich mit Abschluss des Vertrags dafür entscheidet, seine Werke über ein Microstock-Portal (hier: Fotolia) zu vermarkten. Er bedient sich daher willentlich für Verbreitung seiner Werke eines Geschäftsmodells der Microstock-Portale, das den Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht bedingt und wird damit durch den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht nicht unangemessen benachteiligt. Im Einzelnen:

Fotolia war eine der führenden europäischen Microstock-Bildagenturen mit Millionen von Bildern und Videos, die auf dem Portal eingestellt wurden. Diese Werke stellte Fotolia seinen Kunden zu äußerst günstigen Lizenzen zur Verfügung. Hierdurch konnte Fotolia eine enorme Anzahl an (Unter-) Lizenzen vergeben und damit eine starke Verbreitung der Werke gewährleisten. Zwar erhält der einzelne Urheber für die einzelne Lizensierung ein geringes Lizenzhonorar. Allerdings ist es aufgrund der hohen Reichweite bei dieser Art der Vermarktung und der dadurch möglichen Verbreitung der Werke für professionell tätige Urheber lukrativ, Lizenzrechte an ihren Werken im Einzelfall zu äußerst niedrigen Lizenzgebühren über die Microstock-Agentur zu vergeben. Die hohe Reichweite durch die Vielzahl der Unterlizensierung-en ist damit aus Sicht des Urhebers erforderlich, um die niedrigen Lizenzgebühren, die der Urheber im Fall der (Unter-)Lizensierung erhält, zu kompensieren. Damit hat der Urheber, der sich der Microstock-Bildagenturen bedient, ein erhebliches Interesse an einem großen Umfang von Unterlizensierungen des Werks von Fotolia an seine Kunden.

Der Urheber, der sich – wie der Kläger – ausschließlich solcher Microstock-Agenturen bedient, vermeidet zudem – wie der Kläger selbst vorträgt - den mit eigenständiger Vermarktung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand.

Für die Attraktivität des Angebots von Microstock-Portalen wie Fotolia und damit die erhebliche Anzahl von (Unter-) Lizensierungen an Kunden ist die fehlende Verpflichtung der Kunden, den Urheber bei der kommerziellen Verwendung von Lichtbildern zu benennen, von Bedeutung. 

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.09.2022 , AZ 11 U 95/21

Anmerkung: Der beklagte Webseitenbetreiber wurde in beiden Instanzen von Frau Rechtsanwältin Denise Himburg vertreten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Das OLG hat wegen der klärungsbedürftigen Frage, ob ein Urheber in AGBs für jede Verwendungsart gegenüber einem Microstock-Portal wirksam auf sein Urheberbenennungsrechts verzichten kann, die Revision zum BGH zugelassen).

PM des OLG Frankfurt a.M. vom 29.09.2022 

Praxishinweis

Das Urteil des OLG Frankfurt dürfte auch für andere Microstock-Agenturen (Adobe Stock, iStock) gelten, sofern die Fotografen auch dort (im Upload-Vertrag) auf ihr Recht zur Urheberbenennung verzichten. 

Im Ergebnis geht das OLG davon aus, dass Fotografen, die Bilder auf Microstock-Agenturen wie Fotolia, Adobe Stock, iStock & Co. vermarkten und mit deren Geschäftsmodell (Lizenzierung vieler Bilder für wenig Geld) hohe Einnahmen erzielen, dann auch andere Aspekte dieses Geschäftsmodells (keine Urheberangabe bei kommerzieller Nutzung) in Kauf nehmen. 

Webseitenbetreiber, die Abmahnungen wegen der unerlaubten Nutzung von Stockfotos (Fotolia, Adobe Stock, iStock & Co.) erhalten haben, sollten den darin erhobenen Forderungen nicht (vorschnell) nachkommen, sondern die Abmahnung anwaltlich überprüfen lassen. Wie das Urteil des OLG Frankfurt a.M. belegt, sind Abmahnungen durchaus unberechtigt.

Gut zu wissen: Im Falle einer unberechtigten Abmahnung muss Ihnen der Abmahner Ihre Rechtsverteidigungskosten erstatten.

Aufgrund meiner Spezialisierung und jahrelangen Beratung im Urheberrecht und speziell im Fotorecht sind mir die einschlägigen Urteile und Angriffspunkte gegen urheberrechtliche Abmahnungen wegen unerlaubter Fotonutzung bestens vertraut. Ich habe bereits zahlreiche von Stockfotografen abgemahnte Webseitenbetreiber sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich vor diversen Gerichten erfolgreich vertreten.     

Foto(s): Bild von Simon auf Pixabay


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