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Sikh muss Motorradhelm statt Turban tragen

  • 2 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

Sich ohne Helm auf ein Motorrad zu setzen, ist äußerst gefährlich. Aus diesem Grund gibt es die gesetzliche Helmpflicht, die in § 21a Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt ist. Wer ohne Helm in einen Unfall verwickelt wird, riskiert deswegen nicht nur schwere Verletzungen. Er muss sich zudem darauf einstellen, dass die Versicherung nicht zahlt. 

Auch Kopfschmuckliebhaber müssen hier klein beigeben. Und wie der aktuelle Fall beweist, gilt dasselbe für Verkehrsteilenehmer, die sich durch die Helmpflicht in ihrer Religionsfreiheit verletzt sehen.

Gläubiger Sikh beantragt Ausnahmegenehmigung aus religiösen Gründen

Ein Mann hatte bei der Stadt Koblenz eine Ausnahmegenehmigung von der gesetzlichen Helmpflicht beantragt. Er hatte darauf hingewiesen, dass er als gläubiger Sikh einen Turban tragen müsse und Motorradhelme zu klein seien, um seine religiöse Kopfbedeckung darunter aufzusetzen. 

Die Stadt hatte seinen Antrag jedoch abgelehnt. Ausnahmen von der Helmpflicht seien nur aus gesundheitlichen Gründen möglich, teilte die Verkehrsbehörde dem Mann mit. 

Der religiöse Motorradfahrer wollte diese Niederlage nicht hinnehmen und wandte sich an das Verwaltungsgericht Karlsruhe. Doch auch hier blieb der Erfolg aus. Die Richter verkündeten, dass eine Befreiung von der Helmpflicht aus religiösen Gründen nicht infrage komme. 

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte ein – teilweises – Einsehen 

Der selbstbewusste Sikh gab nicht nach und legte Berufung ein. Der Fall kam vor den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und bescherte ihm immerhin einen Teilerfolg. 

Einerseits gestanden die Richter ein, dass eine Ausnahme von der Helmpflicht aus religiösen Gründen tatsächlich möglich sei – aber nur in sehr spezifischen Fällen.

Andererseits wiesen sie darauf hin, dass die Helmpflicht auch dazu dient, andere Verkehrsteilnehmer zu schützen. Es müsse also entschieden werden, welche Interessen schwerer wiegen – die desjenigen, der auf seinem Recht auf Religionsfreiheit besteht, oder die der anderen Verkehrsteilnehmer. 

Anschließend musste die Stadt Koblenz erneut entscheiden, ob dem Motorradfahrer eine Ausnahmegenehmigung zustehen könnte. Die Behörde ließ sich nicht überzeugen und lehnte den Antrag erneut ab. 

Die finale Abfuhr lieferte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig

Der beharrliche Turbanträger ließ sich trotzdem nicht unterkriegen und ging vor dem Bundesverwaltungsgericht in Revision. Ohne Erfolg. Er wurde wiederum darauf hingewiesen, dass die Helmpflicht im Interesse der Verkehrssicherheit für sämtliche Verkehrsteilnehmer auch in die Religionsfreiheit eingreift. Eine Ausnahmegenehmigung komme in seinem Fall nicht infrage. 

Die einzige Möglichkeit für eine solche Genehmigung bestehe in seinem Fall, wenn ihm der Verzicht auf sein Motorrad aus besonderen Gründen nicht zugemutet werden könne. Das könne der Fall sein, wenn sein Motorrad sein einziges Fortbewegungsmittel sei. Doch auch hier hatte der Mann Pech. Er besaß nämlich auch einen Autoführerschein. Und einen zugehörigen Wagen.

Verkehrssicherheit schlägt Religionsfreiheit

Was lernen wir daraus? Zum einen: Religiöse Ansichten sind keinesfalls der vermeintliche Freibrief, zu tun und zu lassen, was man will. Und zum anderen: Es gibt immer wieder Menschen, denen man einen Gefallen tut, wenn man sie vor sich selbst schützt. Wir möchten jedenfalls nicht wissen, wie viel Schutz ein Turban bei einem ernsten Motorradunfall bietet.

(JSC)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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