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Straftat im Rausch: Immer unschuldig?

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Ein erheblich alkoholisierter Täter kann vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig sein. Der Promillewert entscheidet darüber nicht allein. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Die Bestrafung eines Täters setzt im deutschen Strafrecht insbesondere seine Schuld voraus. Schuldhaftes Handeln muss vorwerfbar sein. Der Täter musste erkennen, dass er im Unrecht handelt. Gerade im Rausch kann diese Einsichtsfähigkeit fehlen.

Promillewert nur ein Indiz unter mehreren

Früher maßen die Gerichte der Blutalkoholkonzentration (BAK) für die Schuldfrage erhebliche Bedeutung zu. Ab 2 Promille galt ein Angeklagter als vermindert schuldfähig, ab 3 Promille als schuldunfähig. Bei Tötungsdelikten galt zudem eine um zehn Prozent erhöhte Schwelle, also 2,2 bzw. 3,3 Promille. Inzwischen dienen diese Zahlen nur noch als Richtwerte. Liegen sie vor, ist die Schuldfrage vom Gericht anzusprechen, die letztendliche Antwort auf die Schuldfrage bleibt aber stets einzelfallbezogen. Denn Alkohol wirkt bei jedem anders. Angaben zur Trinkmenge sind immer relativ. Stattdessen zählt das Gesamtbild vor, während und nach der Tat. Der Promillewert entscheidet dabei umso weniger über die Schuld des Täters, je mehr andere Kriterien darüber hinaus vorliegen. Ist der Täter etwa an Alkohol gewöhnt und hat sein Leben trotz des Trinkens unter Kontrolle, spricht das gegen eine verringerte Schuld. Auch der Tatablauf ist entscheidend. Ging der Täter während der gesamten Tat zielgerichtet und planvoll vor, deutet das auf ein ungetrübtes Bewusstsein hin. Hinzukommende psychische Erkrankungen sprechen dagegen eher für eine verminderte oder gar fehlende Schuldfähigkeit. In diesem Sinne ist auch das Sachverständigengutachten von entscheidender Bedeutung für die Antwort, ob- wie es das Strafgesetzbuch (StGB) nennt - eine krankhafte seelische Störung im Fall vorlag.

Auch volle Strafbarkeit trotz Trunkenheit möglich

Anders sieht das aus, wenn sich jemand vorsätzlich oder fahrlässig betrinkt, um eine Straftat zu begehen oder ihm zumindest bekannt sein musste, dass es zu einer solchen kommen kann - etwa weil er unter Alkoholeinfluss zu bestimmten Gewalttaten neigt. Wer hier hofft, er bleibe wegen seiner Alkoholisierung straflos, irrt sich. Denn wer sich sozusagen verantwortlich in den Suff begibt, der beginnt die Tat bereits noch im schuldfähigen Zustand mit dem Betrinken. Insofern ist er nach der Rechtsprechung auch dann noch schuldfähig, wenn es später zur eigentlichen Tathandlung kommt.

Eigene Straftat „Vollrausch" soll Gefahren des Alkohols begegnen

Liegt das soeben Genannte nicht vor, kennt das StGB eine weitere Straftat, die sich ausdrücklich „Vollrausch" nennt. Hier geht oder konnte der Täter nicht von vornherein davon ausgehen, eine Straftat zu begehen. Stattdessen kam es nur zufällig zu einer rechtswidrigen Tat infolge des Rausches durch Alkohols oder andere Mittel. Dieser muss zur Schuldunfähigkeit geführt haben und somit eine Bestrafung wegen der konkret begangenen Tat verhindern. Eine komplette Straflosigkeit soll der Vollrauschparagraph 323a StGB verhindern. Er bestraft dabei nicht die eigentlich begangene Tat. Stattdessen sind der Rausch und dessen gefährliche Folgen strafwürdig. Ziel ist dabei die Allgemeinheit vor den Gefahren des Alkohols in Zusammenhang mit Straftaten zu schützen, indem sie vor dem hemmungslosen Betrinken abschreckt, das ansonsten straflos enden könnte. Die Strafe darf allerdings nicht schwerer sein als die für die Rauschtat angedrohte und beträgt maximal fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

(GUE)

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