Verleumdung und Beleidigung – Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – Zensur oder echte Hilfe ?!

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Worauf muss man achten, wenn man im Internet einen Kommentar abgibt?

Es gilt im Internet nichts anderes als in der täglichen Kommunikation unter Anwesenden. Man muss Tatsachenangaben wahrheitsgemäß machen und man sollte seinem Gegenüber immer den Respekt entgegenbringen, den man auch für sich selbst einfordert. Die eigene Urteilsfähigkeit sollte dabei stets selbstkritisch eingeschätzt werden.

Welche Formulierungen sollte man auf jeden Fall vermeiden?

Unnötige Herabsetzungen, verbale Entgleisungen, Kraftausdrücke, wie all jene Formulierungen, derer wir uns auch in der täglichen Kommunikation nicht bedienen würden.

Wo liegt die Grenze zwischen Beleidigung und sinnvoller Kritik?

Eine zulässige Kritik hört dort auf, wo die sachliche Auseinandersetzung in den Hintergrund tritt und es dem Äußernden primär um eine öffentliche Abrechnung und Herabwürdigung, eine Demütigung des Gegenüber geht. Hilfreich ist eine Kritik nur dann, wenn sie kurz, knapp und vor allem unaufgeregt die eigenen Erfahrungen wiedergibt.

Was ist zu tun, wenn ein eigener Kommentar für Probleme sorgt?

Wenn man seine eigene Urteilsfähigkeit selbstkritisch eingeschätzt hat und alle Tatsachen der Wahrheit entsprechen, sollte es keine Probleme geben. Falls man dennoch die Rechte eines anderen im Internet verletzt hat, sollte man reagieren und die Veröffentlichung aus dem Internet entfernen. Zur Abwehr etwaiger Ansprüche kann es auch hilfreich sein, sich an selber Stelle im Internet zu korrigieren und ggf. auch mal zu entschuldigen. Im Internet verhält es sich da ganz genau wie im realen Leben.

Sollte man im Netz besser anonym kommentieren?


Wenn man eine Meinung hat, die nach dem eigenen selbstkritischen Urteil begründet ist, gibt es keinen Grund seine Identität zu verbergen. Die freie Meinungsäußerungsfreiheit ist ein hohes Gut unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung, derer wir uns nicht schämen müssen. Eine kultivierte Auseinandersetzung sollte immer mit offenem Visier geführt werden, das gebietet nicht nur der gute Anstand, sondern auch die Fairness. Daran ändert auch das Internet nichts.

Wie geht man vor, wenn man selbst im Internet Opfer von Verleumdung, Beleidigung, Hass-Tweet oder Mobbing geworden ist?

Resignation ist keine Option. Man sollte deshalb umgehend den verantwortlichen Portal- oder Seitenbetreiber unter Fristsetzung schriftlich oder per E-Mail auffordern, den unberechtigten Kommentar zu löschen. Seit Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sind Portalbetreiber gem. § 3 NetzDG dazu verpflichtet, dafür eigens ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte zur Verfügung zu stellen – in den meisten Fällen werden dafür Online-Formulare angeboten, z. B.:

für Twitter unter:https://help.twitter.com/de/rules-and-policies/twitter-report-violation#specific-violations
für Facebook unter: https://www.facebook.com/help/285230728652028
für Google unter: https://www.google.com/webmasters/tools/legal-removal-request?complaint_type=rtbf&visit_id=0-636509974746310807-1160162612&hl=de&rd=1
für Instagram: https://help.instagram.com/443165679053819?helpref=page_content

Bleibt die gewünschte Reaktion aus, kann bei berechtigten Löschungsbegehren auch vor den Zivilgerichten auf Unterlassung und bei schweren Persönlichkeitsverletzungen sogar auf Geldentschädigung geklagt werden. In einigen Fällen zahlt dies auch die Rechtsschutzversicherung.

Macht die Erstattung einer Strafanzeige überhaupt Sinn?

Wurde der Kommentar, Tweet oder die Bewertung anonym oder unter einem Alias-Namen veröffentlicht, kann bei Veröffentlichungen mit beleidigendem oder verleumderischen Inhalt die Erstattung einer Strafanzeige sinnvoll sein, um ggf. den Namen des verantwortlichen Urhebers herauszufinden. Betroffene sollten sich von der Erstattung einer Strafanzeige nur nicht zu viel erhoffen. In den meisten Fällen stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit ein oder verweist den Betroffenen auf das Privatklageverfahren nach §§ 374 ff. StPO.

Ist das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz Zensur?

Gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes findet eine Zensur nicht statt. Damit ist aber nicht die Entfernung rechtswidriger, d. h. gegen die Rechtsordnung verstoßender, Internetinhalte gemeint. Verboten ist die sogenannte "Vorzensur". Darunter ist die präventive Vorschaltung eines behördlichen Verfahrens zu verstehen, vor dessen Abschluss eine Gedankenäußerung nicht publiziert werden darf (vgl. BVerfGE 33, 52 <71 [BVerfG 25.04.1972 - 1 BvL 13/67] f.>; 87, 209 <230>; stRspr).

Der Schutzbereich des Zensurverbots ist nicht durch Regelungen darüber berührt, unter welchen Voraussetzungen eine Information zugänglich wird und in der Folge zum Inhalt einer Presseberichterstattung werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <504>).Im Klartext bedeutet das, dass die nachträgliche Entfernung strafbarer, ehrverletzender und das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzender Inhalte nie Zensur im Sinne der Verfassung sein kann. Die Regelungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sind keine Zensur. Ob es dagegen die Rechte Betroffener vor Beleidigung und Verleumdung im Netz tatsächlich effektiver schützen kann, wird sich erst noch zeigen. Tatsächlich enthält das Netzwerkdurchsetzungsgesetz inhaltlich nichts Neues. Es bleibt damit alles das Verboten, was auch vorher schon verboten war. Den Plattformbetreibern wird lediglich auferlegt, den Schutz des Einzelnen durch formale Vorgaben schneller und damit vielleicht auch effektiver zu schützen.

Wenn der Plattformbetreiber trotzdem nicht reagiert, bleibt nur der Gang zum Anwalt. In diesen Fällen kann Betroffenen ein auf das Medienrecht spezialisierter Fachanwalt weiterhelfen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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