Was tun bei Tod des Mieters?

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Eine besondere Herausforderung stellt sich dem Vermieter, wenn sein einziger Mieter stirbt, ohne einen Erben zu hinterlassen. Das gleiche Problem gilt es zu lösen, wenn die Erbfolge ungeklärt ist. Oft kommt es vor allem darauf an, das nur zu oft gesetzeswidrige Sträuben des Nachlassgerichts zu überwinden.

Aber auch dann, wenn einer von mehreren Mietern stirbt, muss der Vermieter wissen, was die „juristische Uhr“ geschlagen hat.

Die gesetzlichen Regelungen sind kompliziert. Sie unterscheiden zwischen der grundsätzlichen Vererbbarkeit des Mietverhältnisses einerseits und dem Eintrittsrecht von Haushaltsangehörigen andererseits. Dabei gibt es aber leider nicht nur ein „entweder … oder“, sondern auch das „sowohl … als auch“.

Erste Konstellation: Mehrere Mieter, die allein zusammen in der Wohnung leben

Beide Eheleute haben den Mietvertrag unterschrieben und sind in die Wohnung eingezogen.

Stirbt einer der Ehegatten, fällt das Mietverhältnis nicht in dessen Nachlass. Es wird mit dem überlebenden Ehegatten alleine fortgesetzt. Er tritt quasi in das Mietverhältnis des verstorbenen Ehegatten ein. Die Erben des verstorbenen Mieters, z. B. seine Geschwister, bleiben außen vor.

Das gilt in gleicher Weise, wenn das mit Mietverhältnis mit gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern (künftig: Eheleuten) abgeschlossen ist oder auch nur mit einer bloßen Zweier-Wohngemeinschaft: Das Mietverhältnis wird mit dem überlebenden Mieter allein fortgesetzt.

Zweite Konstellation: Mehrere Mieter, die zusammen mit anderen in der Wohnung leben

Die Eheleute ziehen mit den Kindern in die Wohnung ein. Die Ehefrau stirbt. Das Mietverhältnis geht nicht auf die Erben über. Der Ehemann setzt alleine das Mietverhältnis fort.

Dritte Konstellation: Von mehreren Mietern lebt nur einer alleine in der Wohnung

Wieder haben beide Eheleute den Mietvertrag unterschrieben und sind in die Wohnung eingezogen. Sie trennen sich. Der Ehemann nimmt sich eine andere Wohnung und zieht aus. Die Ehefrau bleibt alleine in der Mietwohnung zurück. Das Mietverhältnis besteht unverändert mit beiden Eheleuten weiter.

Stirbt nun die Ehefrau, gibt es kein Eintrittsrecht des anderswo lebenden Ehemannes. Die Erben der Ehefrau übernehmen an ihrer Stelle das Mietverhältnis. Es besteht jetzt also mit dem Ehemann als „originärem“ Mieter und den Erben der Ehefrau; die Mieterzahl kann sich vervielfachen.

Vierte Konstellation: Von mehreren Mietern lebt einer in der Wohnung, aber nicht alleine

Beide Eheleute unterschreiben den Mietvertrag. Es kommt zur Trennung. Der Ehemann zieht aus. Die Ehefrau bleibt in der Wohnung zurück. Allerdings nicht alleine, sondern mit den Kindern oder, alternativ, auch noch mit dem neuen Lebenspartner.

Hier fällt das Mietverhältnis nicht in den Nachlass. Es besteht ein gesetzliches Eintrittsrecht der Kinder. Nehmen sie dieses Eintrittsrecht nicht in Anspruch, fällt es an den Lebensgefährten. Wollen weder die Kinder noch der Lebensgefährte eintreten, fällt das Mietverhältnis in den Nachlass. Der Eintritt erfolgt automatisch. Er fällt weg, wenn der Eintrittsberechtigte innerhalb eines Monats dem Vermieter erklärt, dass er nicht in das Mietverhältnis eintritt. Die Frist beginnt mit Kenntnis vom Tod des Mieters.

Fünfte Konstellation: Der einzige alleinstehende Mieter stirbt

Nur der alleinstehende Hagestolz unterschreibt den Mietvertrag und zieht alleine dort ein.

Stirbt er, fällt das Mietverhältnis in den Nachlass und wird von dessen Erben übernommen. Die Erben schulden also die Miete und haben auch die sonstigen Mieterpflichten zu erfüllen, ihnen stehen aber auch die Mieterrechte zu.

Grundregel

Lebt mehrere Mieter in der Wohnung, wird das Mietverhältnis nach dem Tod des einen Mieters allein mit dem überlebenden Mieter fortgesetzt. Die Haushaltsangehörigen haben jedoch ein Eintrittsrecht, wenn der überlebende Mieter zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht in der Wohnung lebt.

Stirbt der alleinige Mieter, der mit anderen Personen im gemeinsamen Haushalt gelebt hatte, steht den Haushaltsangehörigen ein Eintrittsrecht zu, und zwar in erster Line dem Ehegatten, in zweiter Linie den Kindern und in dritter Linie sonstige Haushaltsangehörige.

Tod des erbenlosen Alleinmieters

Ganz problematisch wird es, wenn kein Erbe des allein in der Wohnung lebenden Mieters vorhanden ist oder wenn sich die Erbfolge nicht klären lässt. Die Folge ist regelmäßig, dass die Miete nicht mehr bezahlt wird. Andererseits darf sich der Vermieter nicht in den Besitz der Wohnung setzen, weil das Mietverhältnis ja noch mit den (unbekannten) Erben besteht. Würde der Vermieter in diesem Fall das Schloss tauschen, die Wohnung räumen und neu vermieten, setzte er sich erheblichen möglichen Schadensersatzansprüchen aus.

Antrag auf Nachlasspflegschaft

Der richtige Weg ist es, wenn der Vermieter in diesem Fall den Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft an das Nachlassgericht (Amtsgericht) stellt, § 1961 BGB.

Allerdings muss der Vermieter in diesem Fall sehr darauf achten, dass der Wirkungskreis des Nachlasspflegers korrekt festgelegt wird. Das zeigt ein Fall, der vom Kammergericht Berlin am 02.08.2017 (19 W 102/17) entschieden worden ist.

Der Mieter verstirbt im September 2016. Seine beiden im Ausland lebenden Töchter schlagen die Erbschaft aus. Weitere Erben sind konkret nicht bekannt. Allerdings sollte der verstorbene Mieter wohl noch eine Schwester gehabt haben – deren Name und Wohnort jedoch nicht ermittelt werden kann.

Nachdem eine Rückgabe der Wohnung an den Vermieter bis zum März 2017 nicht erfolgt, beantragt der Vermieter im April 2017 beim zuständigen Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis „Kündigung, Räumung und Abwicklung des Mietverhältnisses“.

Das Nachlassgericht bestellt den Nachlasspfleger jedoch nur mit dem Wirkungskreis „Kündigung des Mietvertrages“.

Der Vermieter kündigt das Mietverhältnis gegenüber dem Nachlasspfleger. Eine Rückgabe der Mietsache erfolgt gleichwohl nicht. Vielmehr verweist der Nachlasspfleger auf seine insoweit beschränkte Zuständigkeit.

Wichtig: Der Wirkungskreis des Nachlasspflegers

Der Vermieter beantragt daraufhin Anfang Juli 2017 nochmals die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, die sich auch auf die Rückgabe und Abwicklung des Mietverhältnisses erstrecken soll. Das Nachlassgericht weist diesen Antrag mit Beschluss vom 05.07.2017 ab. Zur Begründung führt es aus, dass der Nachlass vermutlich überschuldet sei.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vermieters hat Erfolg.

Das Kammergericht sieht die gesetzlich normierten Voraussetzungen, unter denen nach § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft anzuordnen ist, als erfüllt an. Das voraussichtliche Fehlen von Nachlassvermögen bzw. dessen Dürftigkeit stehe der Anordnung nicht entgegen. Vielmehr habe die Anordnung einer Nachlasspflegschaft zwingend zu erfolgen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Bestellung eines Nachlasspflegers habe auch nicht unbedingt die Räumung der Wohnung auch Staatskosten zur Folge. Denn es besteht die Möglichkeit, einen Nachlasspfleger zu bestellen, der für den unbekannten Erben einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stellen (§ 1980 BGB) oder die Dürftigkeit (§§ 1990, 1991 BGB) erheben könne.

Meist wird der Vermieter mit dem zu bestellten Nachlasspfleger aber auch eine Vereinbarung treffen können, wonach der Nachlasspfleger zumindest den Besitz an der Wohnung dem Vermieter zurückgibt und der Vermieter sich verpflichtet, die Wohnung auf eigene Kosten zu räumen. Das gibt ihm dann immerhin die Möglichkeit, die Wohnung wieder an den Markt zu bringen und zu vermieten und beendet die bisherigen Mietverluste.

In jedem Fall gilt: Der Vermieter muss gegenüber dem Nachlassgericht hartnäckig sein und darf nicht zu lange zögern, den Antrag auf Nachlasspflegschaft zu stellen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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