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Nicht nur an Ostern: Recht auf Ausübung der Religion

  • 8 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Neben Weihnachten ist Ostern das wichtigste Fest für Christen. Doch viele Gläubige wissen nicht, dass die wenigsten Osterbräuche und -traditionen etwas mit der biblischen Ostergeschichte zu tun haben. Sie wurden von heidnischen Religionen übernommen und in das Osterfest eingeflochten. Kein Wunder also, wenn man sich fragt, wie ein Hase Eier legen kann oder warum hoch aufgetürmte Holzstapel am Ostersamstag oder -sonntag angezündet werden. Gerade Kinder freuen sich aber auf Ostern, weil sie im Garten nach Süßigkeiten suchen können. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Fest und welche Auswirkungen hat die Religion darüber hinaus im Alltag auf das Arbeitsleben, mal abgesehen davon, dass man an Feiertagen grundsätzlich nicht arbeiten muss? Das Redaktionsteam von anwalt.de hat sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und interessante Antworten gefunden.

[image]Religiöser Hintergrund

An Ostern wird die Auferstehung Jesu gefeiert. Dies ist jedoch nur der Höhepunkt der Osterzeit. So beginnt bereits am Aschermittwoch die Fastenzeit von 40 Tagen. Die Gläubigen sollen sich an die Tage erinnern, die Jesus Christus betend in der Wüste zugebracht hat. Am Palmsonntag wird sein Einzug in Jerusalem gefeiert. Am Gründonnerstag erinnert man sich an das letzte Abendmahl, bei dem Jesus Brot und Wein mit seinen 12 Aposteln teilte. Aufgrund des Verrats seines Jüngers Judas wurde er noch am selben Tag festgenommen. Am Karfreitag wurde Jesus gekreuzigt. Das „Kar“ kommt von dem althochdeutschen Wort „chara“, was so viel wie „Klage“ oder „Trauer“ bedeutet. Der wichtigste Tag ist der Ostersonntag. Die Menschen gedenken der Auferstehung Jesu und damit der Überwindung des Todes.

Osterhase und Co.

Niemand weiß wirklich, warum ausgerechnet der Hase an Ostern die Eier versteckt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich jedoch einige Theorien dazu herausgebildet. Früher wurden am Gründonnerstag Zinsen für die steuerlichen Abgaben der Bauern fällig, die ihre Grundherren oder die Kirche mit Hasen oder Eiern bezahlten. Aber auch die germanische Frühlingsgöttin Ostara könnte dem Fest zu seinem Namen verholfen haben, da ihr Sinnbild der Hase war. Dieser galt, ebenso wie das Küken, als Fruchtbarkeitssymbol, der das Ende des Winters bezeichnete.

Das Osterfeuer sollte nach heidnischem Brauch die letzten Spuren des Winters beseitigen. Außerdem nahm man an, dass die neue Saat so beispielsweise vor bösen Geistern geschützt wird. Des Weiteren findet sich auf vielen Ostertischen noch immer das Osterlamm. Hintergrund ist die Bezeichnung von Jesus als Lamm Gottes. Dieser Brauch wurde vom jüdischen Passahfest übernommen, an dem immer ein Lamm als Opfergabe geschlachtet wird.

Übrigens: Obwohl der Hase bereits seit dem 17. Jahrhundert bekannt ist, wird in der heutigen Zeit noch um ihn gestritten. Ein Süßwarenhersteller hat sich nämlich seinen in Goldfolie verpackten Hasen, an dessen Hals sich ein rotes Band mit Glöckchen befindet, in Deutschland patentieren lassen und anderen Hasenproduzenten die Herstellung ihres Schokohasen verboten. Der Streit um Meister Lampe ging mehr als einmal sogar bis vor den EuGH. Dieser wies einen EU-weiten Schutz der Marke aber zurück, da eine Verzierung mit Goldfolie und Halsband durchaus üblich sei und sich der Hase nicht von Produkten anderer Hersteller unterscheide (zuletzt: EuGH, Urteil v. 17.12.2010, Az.: T-336/08). Der BGH musste ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. Main sogar aufheben, weil das Belegexemplar eines Schokohasen, auf dem das Urteil des OLG beruhte, plötzlich verschwunden war (BGH, Urteil v. 15.07.2010, Az. I ZR 57/08).

Nicht vergessen!

Das Osterfest findet jedes Jahr an unterschiedlichen Tagen statt. Das kommt daher, dass auch der Frühling an keinem festgelegten Tag beginnt, Ostern aber immer am ersten Vollmond nach Frühlingsanfang gefeiert wird. Damit kann der Ostersonntag auf einen Zeitpunkt zwischen dem 21.03. und 25.04. fallen. Am Gründonnerstag sollte man nach alter Tradition nur grüne Lebensmittel wie Brokkoli oder Spinat essen und am Freitag sollte nur Fisch auf dem Tisch landen. Die Partyfreunde unter den Lesern sollten darauf achten, dass Aschermittwoch, Gründonnerstag, Karfreitag und der Karsamstag zu den stillen Tagen gehören. Nach Art. 3 II Feiertagsgesetz (FTG) werden öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen daher grundsätzlich untersagt. Am Karfreitag sind in Restaurants oder Bars und anderen Schankbetrieben Musik und Tanz verboten, da an diesem Tag an das Leiden Jesu am Kreuz erinnert werden soll und musikalische Darbietungen diesem Zweck zuwiderlaufen würden. Hält man sich nicht daran, kann man unter Umständen mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro rechnen (Art. 7 Nr. 3 FTG).

Verhältnis von Kirche und Staat

Während beispielsweise im Heiligen Römischen Reich das „Gottesgnadentum“ die Kirche mit dem Staat dergestalt verband, dass danach der weltliche Herrscher von Gott eingesetzt wurde, werden in der heutigen Bundesrepublik Deutschland Staat und Kirche getrennt. Das heißt jedoch nicht, dass eine gegenseitige Einflussnahme vollständig unterbleibt oder Konflikte vermieden werden können. Denn der Mensch ist zumeist nicht nur Bürger, sondern auch Gläubiger. Da der Staat jedoch zur Neutralität verpflichtet ist, unterstützt er nur mit seinen Gesetzen sowohl den Gläubigen als auch die Religionsgemeinschaften bei der Ausübung ihrer Rechte, ohne sich selbst religiös zu betätigen. Wichtig sind vor allem die Religionsfreiheit nach Art. 4 Grundgesetz (GG), das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und die Kirchenartikel nach Art. 140 GG i.V.m. den Art. 136 - 139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung. Letztere gewährleisten auch die Religionsfreiheit, stellen im Gegensatz zu Art. 4 GG jedoch keine Grundrechte dar.

Gerichte entscheiden über Verstöße gegen die Religionsfreiheit am Arbeitsplatz

Nicht nur in der Osterzeit spielt die Religion eine große Rolle. Auch an den übrigen Tagen des Jahres birgt dieses Thema im Alltag großes Konfliktpotenzial. Insbesondere am Arbeitsplatz trifft die Religionsfreiheit häufig mit der unternehmerischen Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers aufeinander. Die Gerichte müssen dann abwägen, ob die Ausübung der Religionsfreiheit am Arbeitsplatz den betrieblichen Ablauf stören würde oder ob sie der Arbeitgeber dulden muss.

Kleiderordnung

Besonders strittig ist die Frage, ob ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit seinen Glauben mit dem Tragen bestimmter Kleidung ausdrücken darf. Es muss immer unterschieden werden, ob die Person im öffentlichen Dienst oder in der freien Wirtschaft tätig ist.

So wurde einer Verkäuferin, die nach dem Erziehungsurlaub plötzlich mit Kopftuch zur Arbeit erschien, ordentlich gekündigt. Der Arbeitgeber begründete dies damit, dass sein Kaufhaus in einer Kleinstadt betrieben werde und die Angestellte sich nicht in das einheitliche Erscheinungsbild des Arbeitsplatzes eingefügt habe. Es seien daher negative Reaktionen der Kunden und damit verbundene finanzielle Einbußen zu erwarten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hielt die Kündigung jedoch für sozial ungerechtfertigt. Selbst wenn der Arbeitgeber Bekleidungsregeln festlege, so müsse er auch die religiöse Betätigung seiner Angestellten berücksichtigen. Die Arbeitsleistung der betreffenden Person werde nicht durch das Tragen religiös geprägter Kleidung plötzlich schlechter (BAG, Urteil v. 10.02.2002, Az.: 2 AZR 472/01).

In einem anderen Fall wurde eine Erzieherin wegen Tragens eines Kopftuchs von ihrer Arbeitgeberin, einer Stadt, abgemahnt. Sie habe gegen eine Vorschrift des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG) verstoßen, nach der religiöse Bekundungen verboten seien, welche die Neutralitätspflicht der Stadt verletzen. Nach Ansicht der Arbeitnehmerin sei ein Kopftuch nicht nur religiös, sondern auch kulturell zu bestimmen, sodass das KiTaG gar nicht einschlägig sei. Das BAG gab der Stadt Recht. Das Kopftuch stelle aufgrund der ihm zugemessenen Bedeutung ein religiös geprägtes Kleidungsstück dar, das für einen Kindergarten unüblich sei und die Neutralitätspflicht der Stadt gefährde. Sie müsse Sorge tragen, dass ein friedliches Nebeneinander der verschiedensten Glaubensrichtungen möglich sei, was jedoch nicht gewährleistet werde, wenn die Erzieherin ihre eigene Religion deutlich auslebe. Die Kinder seien so dem Einfluss einer Religion ausgesetzt, obwohl diese Erziehung ein Recht der Eltern darstelle (BAG, Urteil v. 12.08.2010, Az.: 2 AZR 593/09).

Religion am Arbeitsplatz

Nicht nur religiös geprägte Kleidungsstücke können zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Uneinigkeiten führen. Oft wird ein Angestellter schon allein wegen seiner Religionszugehörigkeit abgelehnt. Doch hier begibt sich der Arbeitgeber meistens auf dünnes Eis.

So suchte die Evangelische Kirche einen Sozialpädagogen per Stellenausschreibung, auf die sich eine Frau bewarb, die nicht dieser Kirche angehörte, obwohl dies für die Stelle vorausgesetzt wurde. Ihr wurde daher der Eintritt in die Kirche vorgeschlagen, was von der Bewerberin jedoch abgelehnt wurde. Infolgedessen erhielt sie eine Absage. Das Arbeitsgericht (ArbG) bejahte eine Benachteiligung wegen ihrer Religion. Zwar haben die Religionsgemeinschaften grundsätzlich das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten auch in Bezug auf Arbeitsverhältnisse zu regeln. Dennoch dürfe die Einstellung nicht allgemein von der Zugehörigkeit zu derselben Religion abhängig gemacht werden, da nicht jede Position der Verkündung der Religion diene. Nur wenn die Stelle im Rahmen der Religionsverkündung, Seelsorge oder Leitung anzusiedeln sei, könne eine Religionsgemeinschaft die Zugehörigkeit zu derselben Religion voraussetzen (ArbG Hamburg, Urteil v. 04.12.2007, Az. 20 Ca 105/07).

Anders zu beurteilen war der Fall einer Auszubildenden, die ihre Mitarbeit für Fastnachtsfeierlichkeiten wegen eines Gewissenskonflikts verweigerte. Ihr Glaube sei nicht mit dieser Art zu Feiern (z. B. Trinkgelage, Schwelgereien) vereinbar, da sogar die Bibel ein solches Verhalten ablehne. Die Stadt als Ausbildungsbetrieb mahnte sie deshalb ab und bekam auch vor Gericht Recht. Die Vorbereitungsmaßnahmen hätten keinen konkreten Bezug zu dem Festtag, sodass die Auszubildende mit der Festivität selbst nicht in Kontakt gekommen wäre. Des Weiteren müsse sie mit derartigen Feierlichkeiten nur ab und zu rechnen. Im Übrigen sei es ihre Pflicht gewesen, die Ausbildungsstätte bereits beim Vorstellungsgespräch über mögliche Gewissenskonflikte aufzuklären (ArbG Freiburg/Breisgau, Urteil v. 14.01.2010, Az.: 13 Ca 331/09).

Weigert sich ein Angestellter aus Glaubensgründen, die ihm übertragene Aufgabe zu erfüllen, darf ihm der Arbeitgeber deswegen nicht sofort kündigen. Stattdessen müsse er nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erst überprüfen, ob der Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens auch anderweitig beschäftigt werden könne. Der Mitarbeiter müsse seinem Chef jedoch genau erklären, warum es ihm nicht möglich sei, die Tätigkeit auszuüben, da allein der Hinweis auf seine Religion nicht ausreiche. Der Arbeitgeber sei nur dann in der Lage, die streitige Situation zu ändern, wenn er die Probleme seines Mitarbeiters kenne (BAG, Urteil v. 24.02.2011, Az.: 2 AZR 636/09).

Die Redaktion von anwalt.de wünscht allen Lesern Frohe Ostern und eine erfolgreiche Eiersuche während der Feiertage.

(VOI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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