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Tätlichkeit auf Karnevalsfeier - fristlose Kündigung möglich?

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Der Höhepunkt der alljährlichen Karnevalszeit steht kurz bevor und mit ihm finden jede Menge Faschingsfeiern im ganzen Land statt. Dass aus einer fröhlichen Fastnachtsfeier bitterer Ernst werden kann, musste jetzt der Arbeitnehmer eines Versicherungsunternehmens erfahren. Er erhielt nämlich die fristlose Kündigung.

Was als Karnevalsfeier begann …

Der schwerbehinderte Mann war seit 1987 bei einem Versicherungsunternehmen als Einkaufssachbearbeiter beschäftigt. Am 12.02.2015, dem Tag der Weiberfastnacht, fand auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers eine Faschingsfeier statt. Für diese Feier hatte sich der Mann als Al Capone verkleidet. Im Verlauf der Feier wurde der Mann von zwei Frauen bedrängt, weil sie ihm, der Tradition am Weiberfastnachtstag folgend, seine Krawatte abschneiden wollten.

… endete in einer Tätlichkeit …

Der Mann wollte seine Krawatte aber überhaupt nicht abschneiden lassen und bat die Frauen daher mehrfach, von ihrem Vorhaben abzulassen. Als eine der Frauen ihren Plan jedoch weiterverfolgte und sich schließlich noch ein als Clown kostümierter Angestellter in das Geschehen einmischte, sah Al Capone rot und verletzte den Clown, indem er ihm ein Bierglas ins Gesicht stieß, das dann zerbrach und den Mann an der Stirn verletzte. Wegen dieses Vorfalls entschuldigte sich der Angestellte am 18.02.2015 bei seinem Opfer, das die Entschuldigung auch annahm. Dies hielt seinen Arbeitgeber aber nicht davon ab, nach Zustimmung des Integrationsamts und nach Anhörung des Betriebsrats am 13.03.2015 eine fristlose Kündigung auszusprechen.

… und dann vor Gericht …

Gegen diese Kündigung erhob der Mann schließlich Klage beim zuständigen Arbeitsgericht (AG) Düsseldorf.

Der Arbeitgeber schilderte das Geschehen auf der Karnevalsfeier folgendermaßen: Der Mann habe den als Clown verkleideten Mitarbeiter zunächst in den Unterleib getreten und ins Gesicht geschlagen. Anschließend habe er dem Clown, einem Brillenträger, den Inhalt eines Bierglases ins Gesicht geschüttet und ihm in der Folge das leere Glas so sehr ins Gesicht gestoßen, dass es zerbrach. Das Opfer erlitt Schnittwunden an der Stirn und ihm mussten vom herbeigerufenen Notarzt einige Glassplitter aus derselben entfernt werden.

Der gekündigte Arbeitnehmer schilderte das Geschehen anders: Er sei von den zwei Frauen, die seine Krawatte abschneiden wollten, zunächst massiv bedrängt und beleidigt worden. Im Verlauf mischte sich dann der Clown ein und beschimpfte ihn mit den Worten „blöder Wichser” und „dämliches Arschloch”, weil er die Frauen angeblich schlecht behandelt habe. Während dieses Disputs habe er den Clown zunächst von sich weggestoßen und nach ihm getreten, allerdings ohne ihn zu treffen. Er fürchtete, dass der Clown ihn angreife – an das weitere Geschehen könne er sich nicht erinnern.

… aber erfolglos

Die Anwältin des schwerbehinderten Angestellten wies darauf hin, dass ihr Mandant seit einer Operation an einer Angststörung leide. Diese Angststörung wurde akut, als ihn die beiden Frauen mit ihren Scheren bedrängten, und verstärkte sich noch, als ihn zusätzlich der Clown anging. Daraufhin verlor er die Nerven und es kam zur besagten Tätlichkeit. Aus diesem Grund sei er zur Tatzeit schuldunfähig gewesen.

Sie wies vor Gericht darauf hin, dass sich der Mann in 28 Jahren Betriebszugehörigkeit nichts habe zuschulden kommen lassen und dass die Kündigung für ihren Mandanten ein „wirtschaftliches Todesurteil” bedeute. Außerdem erläuterte sie, dass sich der Mann bei seinem Kollegen entschuldigt und dieser die Entschuldigung auch angenommen habe.

Dies nützte alles nichts, die Klage wurde vom AG abgewiesen.

Auch die Berufung des Mannes vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf war erfolglos. Die Richter hatten in der Verhandlung das vorhandene Videomaterial der Überwachungskamera stundenlang ausgewertet und analysierten das Verhalten des Mannes auf der Karnevalsfeier. Auch ein Zeuge wurde gehört.

Die Richter stellten schließlich fest, dass der Gewaltausbruch des Mannes die Kündigung rechtfertigte. Sie bestätigten damit das Urteil des AG und ließen auch keine Revision zu.

(LAG Düsseldorf, Urteil v. 22.12.2015, Az.: 13 Sa 957/15)

(WEI)

Foto(s): ©fotolia.de

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